Den politischen Aschermittwoch der CDU in der Alten Kelter stört nur der Nord-Ost-Ring-Protest. Mit Traktoren und Spruchbändern war die örtliche Landwirtschaft vor der Alten Kelter angerückt.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Verbale Seitenhiebe in Richtung der politischen Gegner, Wahlwerbung in eigener Sache und die Suche nach dem Schulterschluss mit der Parteibasis: Mit gewohnt deftiger Rhetorik, Biertisch-Atmosphäre und gemeinsam gesungener Nationalhymne ist in der Alten Kelter zu Fellbach der politische Aschermittwoch der Landes-CDU über die Bühne gegangen.

 

Begleitet wurde das Treffen von gut 1200 Christdemokraten in der bis auf den letzten Platz gefüllten „Kathedrale des Weins“ erneut von Protesten gegen den Nord-Ost-Ring: Mit Traktoren und Spruchbändern war die örtliche Landwirtschaft vor der Alten Kelter angerückt, um den CDU-Granden zu zeigen, dass die autobahnähnliche Trasse übers Schmidener Feld vor Ort nach wie vor auf massiven Widerstand stößt.

Den aktuellen Landesvater bezeichnete der EU-Haushaltskommissar in Brüssel als Auslaufmodell

„Schickt uns nicht den Pfeiffer her, wir reden nur mit wichtigen Leuten“, stand auf einem Banner zu lesen. Der als Nord-Ost-Ring-Verfechter bekannte Kreisvorsitzende dürfte es verschmerzt haben und freute sich bei der Begrüßung der Gäste in der Alten Kelter lieber übers erneut ausverkaufte Haus, als auf die Kritik an den Straßenplanungen einzugehen. „Ich sehe Leute im Saal, die seit 17 Jahren keinen politischen Aschermittwoch verpasst haben. So schlecht kann’s nicht sein, wenn Sie uns so die Treue halten“, rief er den Parteifreunden in der Alten Kelter zu.

Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger nutzte das Podium, um die CDU-Basis auf die Landtagswahl 2021 einzuschwören: „Schwarz-Grün wäre die richtige Antwort auf Grün-Schwarz“ forderte er den Einsatz für einen Führungswechsel – und empfahl seiner Partei gleich einen Koalitionspartner. Den aktuellen Landesvater bezeichnete der EU-Haushaltskommissar in Brüssel als Auslaufmodell: „Ich bin mit Winfried Kretschmann befreundet. Aber er steht nicht für Zukunft 2025“, sagte er über die politische Karriere des Regierungschefs. Mit dem Seitenhieb erntete Oettinger viel Beifall – und sammelte weitere Sympathiepunkte, als er am Rednerpult am Mittwoch statt Wasser ein Glas Fellbacher Riesling zum Befeuchten der Kehle orderte.

Eine Bütt, die nicht anecke, sei keine Bütt

CDU-Landeschef Thomas Strobl schoss sich derweil auf die SPD ein und fragte, wie die Forderung nach einem Recht auf ein Homeoffice denn beim Dachdecker oder der Krankenschwester umzusetzen sei. Ansonsten nahm Strobl die Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen ihres umstrittenen Fastnachtswitzes über intersexuelle Menschen in Schutz. Es erstaune ihn schon, was für ein Bohei über den Jux gemacht werde. Kramp-Karrenbauer hatte vergangene Woche mit ihrer Rede in Stockach empörte Reaktionen ausgelöst. Zu der Einführung von Toiletten für das „dritte Geschlecht“ sagte sie: „Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen.“Allen, die von Kramp-Karrenbauer eine Entschuldigung forderten, sage er: „Keine Ahnung habt ihr von der Fastnacht in Baden-Württemberg, ihr Kulturbanausen in Berlin.“ Eine Bütt, die nicht anecke, sei keine Bütt. Er sei selbst im Stockacher Narrengericht gewesen – und habe gelacht.