Eine Milliarde Euro Strafe muss Daimler wegen Preisabsprachen mit der Konkurrenz zahlen. Die Konzerne machen es sich zu leicht, wenn sie ihr Kartell als Altlast abtun, kommentiert StZ-Autor Michael Heller.

Stuttgart - Es ist ein beschämender Befund. Die europäische Lastwagenbranche hat ihre Kunden kollektiv geschröpft; nicht in einzelnen Fällen, sondern kontinuierlich über 14 Jahre hinweg. Das Bild eines marktwirtschaftlichen Systems, in dem die Anbieter sich heftig Konkurrenz machen und um die Gunst der Käufer kämpfen, bekommt da sehr tiefe Kratzer. Offensichtlich sind die Strukturen in dieser Branche mit ihren wenigen Anbietern so, dass das Risiko, bei einer Absprache erwischt zu werden, hinnehmbar erscheint. Als gute Nachricht bleibt da nur, dass das Kartell aufgeflogen ist und die Sünder zahlen müssen. Aber auch das hat einen schalen Beigeschmack: Der Sünder MAN kommt ungeschoren davon, weil er die EU-Kommission ins Bild gesetzt hat. Die VW-Tochter wird sogar belohnt, weil sie anders als die Konkurrenten ihr Geld zusammenhalten kann.

 

Die Beteiligten weisen gerne darauf hin, dass die Vorgänge aus lange zurückliegender Zeit stammen und mittlerweile selbstredend streng nach Recht und Gesetz gehandelt werde. Es ist nicht zu bestreiten, dass hier insbesondere im Kampf gegen Bestechung Fortschritte zu verzeichnen sind. Aber es fehlt offenbar die Sensibilität dafür, dass Konkurrenten Abstand zueinander zu halten haben – gerade wenn die Interessen gleichgerichtet sind. Nicht umsonst weist die EU-Kommission darauf hin, dass die Absprachen über die höchsten Führungsebenen gelaufen sind. Hier haben also nicht einzelne Abteilungen oder Mitarbeiter Probleme mit dem Wettbewerbsrecht, wie immer wieder Glauben zu machen versucht wird, sondern das ganze Unternehmen bis hinauf zum Vorstand.

Der Daimler-Aufsichtsrat hat sich in der Vergangenheit bereits mit dem Fall beschäftigt. Dass sich der Vorstand aus Sicht der Kontrolleure nichts hat zu Schulden kommen lassen, ist wenig überraschend. So läuft es ja eigentlich immer. Sollte dies aber das letzte Wort in dem Skandal gewesen sein, dann wird der nächste Fall gewiss nicht lange auf sich warten lassen.