Innenminister Thomas Strobl (CDU) rückt neu in den Verwaltungsrat ein, die Chefrolle überlässt er überraschend Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Der Sinneswandel wirft Fragen auf.

Stuttgart - In der Sitzungsvorlage für die Abgeordneten des Landtags wurde Innenminister Thomas Strobl noch bis Mittwochmittag als neuer Vorsitzender des Verwaltungsrats der landeseigenen L-Bank geführt. Die Parlamentarier beschließen an diesem Donnerstag, welche Regierungsmitglieder mit welchen Aufsichtsposten in landesbeteiligten Unternehmen bedacht werden. Dafür bedarf es einer Ausnahmegenehmigung, denn nach der Landesverfassung dürfen hauptamtliche Mitglieder der Landesregierung nicht „der Leitung oder dem Aufsichtsorgan eines auf wirtschaftliche Betätigung gerichteten Unternehmens angehören“.

 

Doch am Mittwoch, einen Tag vor dem Parlamentsentscheid, zuckte der CDU-Politiker zurück. Das Innenministerium teilte auf Anfrage mit, Strobl werde zwar in den Verwaltungsrat der Förderbank des Landes einziehen, den Vorsitz des Aufsichtsgremiums aber Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) überlassen. Sie gehört dem Gremium schon bisher an. Begründung: Dem Finanzressort obliege die Beteiligungsverwaltung, zudem habe Sitzmann „gerne den Vorsitz übernehmen wollen“.

Plötzlichkeit des Sinneswandels

Den plötzlichen Sinneswandel begründen diese Angaben jedoch nicht. Interessant ist vielmehr, dass in der vergangenen Woche im Ständigen Ausschuss die fachliche Eignung des Innenministers thematisiert worden war. SPD-Fraktionsvize Sascha Binder verlangte Auskunft, ob Strobl die aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen für die Übernahme des Chefpostens im Verwaltungsrat erfülle. Immerhin unterstehe die L-Bank der Aufsicht der Europäischen Zentralbank. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verlangt von den Verwaltungsräten Zuverlässigkeit, Sachkunde, außerdem ein ausreichendes Zeitbudget. Vor allem Letzteres steht im Fall Strobl infrage, wirkt er doch nicht nur als Innenminister und Vizeministerpräsident im Land, sondern auch als stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender. Das verlangt Strobls starke Präsenz in Berlin, die in einer starken Beanspruchung des Fuhrparks der Landesvertretung in Berlin zum Ausdruck kommt. Und erfordert die prekäre Sicherheitslage nicht ohnehin den ganzen Mann?

Viele Jahre im Verwaltungsrat der Sparkasse Heilbronn

Das Innenministerium sieht Strobl für den Job als Aufseher der L-Bank (Bilanzsumme 2015: 73 Milliarden Euro) gut gerüstet. Der Minister verfüge dank seiner breiten Erfahrung über die erforderliche Sachkunde, die darin liege, die vom Kreditinstitut getätigten Geschäfte zu verstehen, deren Risiken zu beurteilen und mit den für das Institut wesentlichen Regelungen vertraut zu sein. Als Jurist und Rechtsanwalt habe Strobl ständig mit rechtlichen Fragestellungen zu tun, überdies sei er von 2000 bis 2016 langjähriges Mitglied im Verwaltungsrat der Kreissparkasse Heilbronn gewesen. Deren Bilanzsumme lag im vergangenen Jahr bei acht Milliarden Euro. Als Innenminister obliege ihm die Aufsicht über das Sparkassenwesen.

SPD-Fraktionsvize Binder wertet Strobls Verzicht auf den Vorsitz im Verwaltungsrat als Vorsichtsmaßnahme gegenüber der Bankenaufsicht, weil diese womöglich Strobls fachliche Eignung infrage stellen könnte. Binders Vorwurf: Die Landesregierung besetze die Gremien nicht nach Kompetenz, sondern nach Parteienproporz.

Beim Energieunternehmen EnBW hatte die CDU ihren ursprünglichen Personalvorschlag für den Aufsichtsrat – Ex-Finanzminister Willi Stächele – ganz zurückgezogen. Stattdessen rückt Ex-Staatssekretär Dietrich Birk in das Gremium ein.