Der teuerste Straßentunnel im Land soll Stadtteile am Neckar vom Durchgangsverkehr entlasten. Zur Eröffnung gibt es kristische Töne zu den Kosten und Protest der Tunnelgegner.

Stuttgarts teuerstes Straßenbauprojekt kann seit Samstag, 13 Uhr, unter die Räder genommen werden. OB Frank Nopper (CDU) und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) eröffneten unter den Blicken vieler Bürger und Polit-Prominenz den Rosensteintunnel. Die beiden Röhren der Bundesstraße 10 mit je zwei Fahrspuren zwischen Löwentorkreuzung und Neckar unterqueren einen Teil der Wilhelma und den Rosensteinpark. Die B 10 wechselt damit von der Pragstraße in den Untergrund.

 

175 000 Kubikmeter Gestein mussten die Mineure für den Tunnel seit dem Baubeginn im Frühjahr 2014 aus dem Weg räumen, aus Gruben wurden weitere 130 000 Kubikmeter weggeschafft. Das Bauwerk ist sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand, hat 18 Entnahmestellen für Löschwasser und fünf Querschläge als Fluchtwege zwischen den Röhren. Bis zu 186 Kubikmeter Luft können die Ventilatoren pro Sekunde aus den Tunnel absaugen.

Nopper: Wirtschaftsstandort gewinnt

Frank Nopper bezeichnete die Eröffnung des Bauwerks als „großen Tag in der Stadtgeschichte“. Wohngebiete vor allem im Osten und Bad Cannstatt würden durch die neue Verkehrsführung entlastet, das Neckarufer bei der Wilhelma besser zugänglich, Gewerbeflächen entlang der Strecke besser angeschlossen – „Stuttgart als Wirtschaftsstandort gewinnt“, so der OB. Das teuerste städtische Straßenbauprojekt verschlingt (mit zwei neuen Tunnelstücken am Mineralbad Leuze, die 2024 in Betrieb gehen sollen) rund 456 Millionen Euro, das ist der Stand aus dem April 2021. Geplant waren beim Baubeschluss 193 Millionen. Das sei ein „politischer Preis“ gewesen, hatte Stuttgarts Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) später eingeräumt. Die Kostenentwicklung „sollte Anlass geben, künftig realistischer zu planen“, kommentierte Nopper. Behauptungen der Tunnelgegner, der Bau werde Lastwagenverkehr von den Autobahnen ab- und in die Stadt ziehen, widersprach er. Die Autobahnumfahrung Stuttgarts sei attraktiver als die B-10-Strecke.

Hermann will Nachhaltigkeit

Noppers Ansinnen, das Land solle sich finanziell stärker am Tunnel beteiligten, wies Verkehrsminister Winfried Hermann zurück. Der Landesanteil von 112 Millionen Euro sei „fest vereinbart“ und habe bei Vertragsabschluss deutlich mehr als die Hälfe der Bausumme abgedeckt. „Es gibt keinen Nachschlag“ für das teuerste Straßenbauprojekt im Land, so der Minister. Bei neuen Projekten der nachhaltigen Mobilität werde das Land aber gern an der Seite der Stadt stehen. „In Zukunft werden wir uns um die Nachhaltigkeit kümmern müssen“, so Hermann, das gelte auch für den Bahnknoten Stuttgart 21, der weiter verbessert werden müsse.

65 000 Fahrzeuge sollen täglich durch die Röhren rollen, die eine große Chance auf Umgestaltung und die Verbesserung der Lebensqualität im Umfeld böten, so Hermann. Diese Einschätzung der Politiker teilen nicht alle. Mit einem Transparent, auf dem der Tunnel als „Feinstaubbombe“ klassifiziert wurde und täglich 28 000 Autos zusätzlich prognostiziert werden, protestierten Gegner friedlich zur Eröffnung, eine Blockade gab es nicht. Gegen den Tunnelbau hatten 1600 Einwendungen vorgelegen, der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht in der Einweihung einen „weiteren Schritt in die falsche Richtung“. Mit solchem „Straßenbauwahn“ könnten Klimaziele nicht eingehalten werden.