Spaß sieht anders aus: Annette Schavan (CDU) geht am Fasnachtsdienstag erstmals nach Titelärger und Amtsverzicht auf Wahltour in Ulm.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Die Termine sind anberaumt worden, lange bevor die Universität Düsseldorf sich zum Titelentzug entschlossen hatte: erst die Einweihung einer neuen Turnhalle für den Betriebskindergarten der Ulmer Generikafirma Teva, einst Ratiopharm. Dann, zur Mittagszeit, Zunftmeisterempfang der Narrenzunft Spritzenmuck im 20 Kilometer entfernten Ehingen. Jeder hätte verstanden, wenn die frisch zurückgetretene Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) die Narretei für diesmal hätte fahren lassen.

 

Aber sie erscheint, geht hinein in den Journalistenpulk, der fröstelnd vor der Teva-Sporthalle wartet und antwortet auf Fragen. Oder, besser, weicht ihnen aus. Wie es ihr gehe, will jemand wissen. „Es geht mir gut genug, um heute hier in Ulm zu sein und heute Abend wieder nach Berlin zurückzukehren.“ Wie viel Lust sie verspüre, die oberschwäbische Fasnacht zu besuchen, insistiert ein Fragesteller. „Ich bin Rheinländerin“, sagt Schavan, da lasse man die fünfte Jahreszeit nicht aus. Zuletzt betont sie, sich nun auf den Wahlkampf „hier in der Region“ zu konzentrieren. Damit beendet sie die Fragerunde.

Noch wird Schavan mit „Frau Ministerin“ begrüßt

Dann also macht sie Wahlkampf, grüßt die Erbauer der Turnhalle und redet einige Minuten lang über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die besondere Kraft der mittelständischen Unternehmen am Ort. Später posiert sie mit Kindern für die Fotografen. Noch einmal, zum letzten Mal, wird sie von dem Ulmer Backmittelunternehmer und Sportsponsor Walter Feucht als „Frau Ministerin“ begrüßt. Er hatte sich vorher bei der CDU-Landtagsabgeordneten Monika Stolz rückversichert, dass Annette Schavan erst am Donnerstag ihre Entlassungsurkunde erhält und so lange noch offiziell amtiert.

Nur eine Stunde später erscheint Schavan, noch in Business-Kleidung, im „Restaurant zur Linde“, wo der Zunftmeisterempfang bereits im vollen Gang ist. Mit Getöse arbeitet sich die Ehinger Matekapelle die Stiegen hinauf in den Gastraum, in der vordersten Reihe der Ulmer Landrat Heinz Seiffert, der hier seit mehr als 30 Jahren eine feine Tuba bläst. Man würde Seiffert gern fragen, ob er glaubt, dass seine Nachfolgerin im Amt des Bundestagsabgeordneten sich durch die Musik etwas aufheitern lässt. Aber dann kommt Schavan schon selber herein, sie wird sofort von dem Ehinger Oberbürgermeister Alexander Baumann (CDU) und dem CDU-Landtagsabgeordneten Karl Traub in die Mitte genommen. Jemand hat Schavan beim Eintreten noch einen Federhut in die Hand gedrückt, doch sie setzt ihn nicht auf.

Der lokale Wahlkampf geht weiter

Wie im September die Chancen für eine Kandidatin stehen, die unverhofft schnell ihr Ministeramt verloren hat und die gegen die Universität klagt, die ihr den akademischen Titel entzogen hat, darüber will heute niemand aus dem CDU-Kreisverband Ulm/Alb-Donau reden. Erst vor zweieinhalb Wochen haben die Parteimitglieder die 57-Jährige mit 96 Prozent der Stimmen zu ihrer Favoritin gekürt. Das war hoch gepokert, wie man jetzt weiß.

Der lokale Wahlkampf an diesem angeblich ganz normalen Tag geht weiter, aber diesmal nicht durch Schavan, sondern für sie. Der Ehinger Zunftmeister hält eine flammende Eloge auf den Ehrengast und warnt vor einen „Bananenrepublik“ . Auch später wird der Humor des Gastes aus Berlin nicht mutwillig auf die Probe gestellt. Das Basteln eines spöttischen Festwagens für den Straßenumzug jedenfalls ist ehrfürchtig unterblieben.