Der Beginn der Bewegung, die als Achtundsechzig bekannt wurde, jährt sich zum 50. Mal. Was die Zeit um 1968 gesellschaftlich und kulturell bewirkte, darum wird bis heute gestritten. Auch der SWR bemüht sich um Aufklärung.

Stuttgart - „Der Planet fing 1968 Feuer“, hat Daniel Cohn-Bendit einmal über die 68er-Bewegung gesagt. Was hat sie bewirkt – und was ist davon noch übrig? 50 Jahre danach blicken der SWR und das Haus des Dokumentarfilms gemeinsam mit unserer Zeitung zurück.

 

Der Mord an Martin Luther King, Proteste gegen den Vietnamkrieg, das Attentat auf Rudi Dutschke: Die 60er Jahre waren geprägt von Rebellion und Terror, aber auch von Emanzipation und Aufbruch. Sie waren eine der prägenden Epochen der neueren deutschen Geschichte.

Eines der wichtigsten Ereignisse war das Attentat auf Dutschke

SWR 2 widmet der Zeit ab 7. April einen Programmschwerpunkt. Bis zum 14. April werden von einer Vielzahl an Sendungen verschiedene Aspekte der jüngeren Geschichte beleuchtet. Eines der wichtigsten Ereignisse jener wild bewegten Tage war das Attentat auf Rudi Dutschke. Es war aber nicht Auslöser der Studentenproteste, die begannen schon vorher. Doch mit dem Anschlag wurde aus ihnen die Bewegung, die man heute als 68er-Aufbruch kennt.

Damals beschloss Martin Dannecker, Sexualwissenschaftler zu werden. Damals galt, vereinfacht gesagt, als Stand der Wissenschaft: Homosexualität ist eine Krankheit. Dannecker wurde zu einer der zentralen Personen in der Schwulenszene, die im Zuge der 68er-Bewegung für die Rechte und Anerkennung Homosexueller kämpfte. Zu hören ist ein Gespräch mit ihm am Samstag, den 7. April, um 17.05 Uhr.

Von Blumen und Pflastersteinen

Die Musik der Stunde kam von Jimi Hendrix, den Doors, den Rolling Stones, aber auch von Liedermachern wie Hannes Wader und Franz Josef Degenhardt – aber auch von Wolf Biermann. Dass die Musik Westdeutschlands nicht abzukoppeln ist von jener der DDR, macht SWR 2 hörbar. Unter dem Motto „Blumen und Pflastersteine“ wird die musikalische Revolte in einer fünfteiligen Serie beleuchtet. Teil eins gibt es am 09. April um 9.05 Uhr.

Der musikalischen Revolution geht auch eine von zwei großen multimedialen Reportagen im Netz auf swr2.de nach. Dort wird unter anderem die Frage geklärt, wieso Schlagermusik trotz des fortschreitenden gesellschaftlichen Wandels und der Jugendrevolte weiterhin so beliebt blieb. Denn in den Jahres-Charts 1968 standen Heintje, Roy Black und Udo Jürgens an der Spitze – und nicht etwa die Rolling Stones mit ihrem Song „Street Fighting Man“, der den Straßenkämpfern gewidmet war.

Was sich in der Musik der Stones und Hendrix, aber auch in Theater und Literatur niederschlug, war Folge und Ausdruck der Studentenproteste und der politischen Verhältnisse in Deutschland und in der Welt. Besonders der Vietnamkrieg führte zu Massenprotesten. Die Auflehnung gegen den Krieg prägte das Lebensgefühl.

Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren

Aber nicht nur die politischen Verhältnisse im Ausland waren Auslöser für Debatten und Proteste. Der Tod von Benno Ohnesorg und das Inkrafttreten der Notstandsgesetze rüttelten auf. Die Unzufriedenheit der Jungen bracht sich in den Universitäten Bahn. Unter dem Motto „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ wollten die rebellisch werdenden Studierenden alte Strukturen an den Bildungseinrichtungen aufbrechen. Es tobte bald ein innerpolitischer Gesellschaftskampf, der am Ende im Terror der RAF gipfelte. Diesem Kampf widmet sich die zweite multimediale Reportage auf swr2.de mit vielen Archivbildern.

Zum Abschluss der langen, spannenden Rückschau hat das SWR-Fernsehen zwei Dokumentationen ins Programm genommen. Ein besonderes Zeitzeugnis: „Der Polizeistaatsbesuch“ von Roman Brodmann, der 1968 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Es wirft einen teils ironischen Blick auf die Ereignisse rund um den Besuch von Schah Mohammad Reza Pahlavi und ist am 15. April um 23.35 Uhr im SWR zu sehen.

Kooperation zum Schwerpunkt 68

Zum 50. Jahrestag von 1968 präsentieren SWR, Haus des Dokumentarfilms und Stuttgarter Zeitung gemeinsam ein multimediales Angebot der besonderen Art – in Text, Film und Audio. Jeder hat im eigenen Archiv recherchiert, entdeckt und zu Tage gefördert, was in den Jahren 1967 und 1968 berichtet, gefilmt und erlebt wurde.

Ausgewählte Beiträge haben wir ausgetauscht, zusammengeführt – und zu einem neuen Paket geschnürt. Der SWR hat Ausschnitte aus alten „Abendschau“-Beiträgen zusammengetragen, bietet aber auch viele eigens erstellte Funkbeiträge zu den kulturellen, politischen und privaten Auswirkungen der Revolte.

Das große Dossier der Stuttgarter Zeitung als multimediale Reportage finden Sie hier