Die Ulmer Stadtverwaltung will die Sperrzeit beim nächsten Schwörmontag auf 23 Uhr vorverlegen. Die Innenstadtwirte fürchten um ihr Geschäft und laufen dagegen Sturm. Manche sprechen von einem „Kulturbruch“.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Manche Wirte sprechen von einem Kulturbruch, andere üben sich als Bänkelsänger des nahen Untergangs des höchsten Feiertages der Donaustadt Ulm. Sie opponieren damit gegen die Absicht der Stadtverwaltung, das Veranstaltungsende des Schwörmontags von 0.30 Uhr auf 23 Uhr vorzuverlegen.

 

Mit der Verkürzung von anderthalb Stunden kommt die Verwaltung den Dauerbeschwerden innerstädtischer Bewohner entgegen. „Hier toben sich viele Auswärtige aus“, sagt Gerold Schwegler, der Vorsitzende des Vereins Leben in der Stadt. Das sei ein Sicherheitsproblem. „Da sind viel zu viele Leute auf viel zu engem Raum zusammengepfercht.“

Kein Durchkommen in den Straßen

Tatsächlich ist am Schwörmontag abends kaum noch ein Durchkommen durch die Innenstadtgassen, Zehntausende Menschen bevölkern die City. Noch vor zehn Jahren, sagt Schwegler, sei das anders gewesen, da habe sich die Bevölkerung nach dem „Nabada“, dem traditionellen Wasserumzug, im Uferpark getroffen. „In der Stadt war gar nichts“ – bis Gastronomen begonnen hätten, „mit einem Höllenlärm Kunden zu locken“, so laut, „dass den Nachbarn die Dachplatten wackeln“.

Beim dieses Jahr anstehenden Stadtfest will das Rathaus das Veranstaltungsende auf 23 Uhr festlegen. Dann muss die Musik ausgemacht und der Alkoholverkauf im Freien beendet werden.

Wirte präsentieren ein Gegenkonzept

Ihr Vorhaben hat die Verwaltung dem Gemeinderat in der Sitzung vom 6. Februar unterbreitet, die Fraktionen haben die Verkürzung lediglich zur Kenntnis genommen. Ein formaler Beschluss habe sich erübrigt, weil Fraktionsvertreter an der Ausarbeitung des neuen Sicherheitskonzepts beteiligt gewesen seien, begründet eine Rathaussprecherin. Der Verein Ulmer City Marketing, in dem Großgastronomen ebenfalls eine Rolle spielen, will das so nicht hinnehmen. Henning Krone, der Chef des Vereins, fürchtet um den Ruf Ulms als „weltoffene Stadt“ und hat am Donnerstag Abend dem Gemeinderat einen Gegenentwurf zur Verbesserung der Sicherheitslage vorgelegt. Danach sollen zum Beispiel die Türsteher, die von vielen Gastwirten am Schwörmontag beschäftigt werden, Gäste beim Hinausgehen auf die nächstliegenden öffentlichen Toiletten hinweisen; in Flyern und in Videospots soll für die Sauberhaltung der Innenstadt geworben werden. Aufklärung anstatt Repression – das ist Ziel des Marketingvereins. Von dem Konzept, sagt Krone, könne die Stadt ganzjährig profitieren, schließlich würden jährlich allein rund 50 000 Euro für die Beseitigung von Graffitischmierereien aufgewendet werden. Zuletzt, argumentiert Krone, seien es nur „ein oder zwei Prozent“ aller Besucher, „die aus der Reihe tanzen“. Der Kompromissvorschlag des Vereins: Sperrstunde um 24 Uhr.

Die Stadtverwaltung verweist indessen auf sich häufende Konflikte in der Schwörmontagsnacht. Zwar, so hieß es am 6. Februar in der Gemeinderatssitzung, sei beim Schwörmontag 2012 die Stimmung „insgesamt recht friedlich und nur bedingt aggressiv“ gewesen. Doch seien mehr Straftaten als bisher und mehr jugendliche Komasäufer gezählt worden. „Gespräche mit Veranstaltern, die Musikbeschallung zu optimieren (leiser, kleinere Boxen, mehr Livemusik), führten nicht zum Erfolg“, erfuhren die Gemeinderäte nochmals aus der Verwaltungsvorlage.

Entspannung bei der Dehoga

Wie groß der Kreis der Wirte wirklich ist, die den Kulturverfall in Ulm beklagen, lässt sich indessen schwer sagen. Auch in der Kreisstelle Alb-Donau des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) sitzen Ulmer Innenstadtwirte. Die stellvertretende Dehoga-Vorsitzende Karin Krings sagt: „Wir glauben, dass die Verkürzung nicht wesentlich etwas ausmachen wird. Wer das Geschäft bis 23 Uhr nicht gemacht hat, der macht es auch später nicht mehr.“ Dass aber die neue Sperrzeit gegen das Komasaufen wirkt, glaubt man bei der Dehoga nicht, wie Krings sagt. Es sei doch jedem bekannt, „dass sich die jungen Leute die Getränke einfach selber mitbringen“.