Dem Berliner Politikbetrieb war er sogar noch über das Ende der mit der Bundestagswahl 2021 endenden Wahlperiode hinaus verbunden. Kaufmann war ab Juni 2020 der Beauftragte der Bundesregierung für Grünen Wasserstoff. Diese Position ist dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zugeordnet. Die neue Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ersuchte Kaufmann, seine Funktion noch über das Ende der Legislatur hinaus auszuüben, um für einen geordneten Übergang zu sorgen. So blieb Kaufmann noch bis August 2022 auch noch der „Wasserstoff-Mann“ der neuen Bundesregierung, worin man auch eine Anerkennung seiner ausgewiesenen Expertise auf diesem Fachgebiet erkennen kann.
„Wer sich um ein Mandat bewirbt, tritt es auch an“
Dieses Expertenwissen ist gefragt. Der Markt für grünen Wasserstoff baut sich gerade erst auf und das Zusammenspiel von unternehmerischer Initiative und staatlichen Fördernetzen ist kompliziert und für Firmen auf Anhieb nicht immer leicht zu durchschauen. Insofern ist es nur logisch, dass Kaufmann zum gefragten Berater wurde. „Meine Grundentscheidung war, dass ich nicht angestellt arbeiten wollte, sondern frei als Berater unternehmerisch tätig bin“, sagte Kaufmann unserer Zeitung.
Diese Unabhängig schaffte auch die Möglichkeit, sehr schnell auf neue Umbrüche reagieren zu können. Und dass die kommen könnten, war Kaufmann klar. „Ich kannte ja meinen Platz auf der Landesliste. Deshalb war mir bei meinem Ausscheiden aus der Fraktion auch klar, dass ich nochmals vor der Situation stehen könnte, über eine Rückkehr ins Parlament entscheiden zu müssen.“
Nur ist es eine Sache, eine theoretische Möglichkeiten im Kopf zu haben, und eine andere, dann konkret vor der Frage zu stehen, erneut die persönlichen Lebensumstände radikal zu verändern. „Ich habe mir die Rückkehr-Entscheidung nicht leicht gemacht“, beschreibt Kaufmann seinen inneren Konflikt. „ Ich bin zufrieden und erfolgreich mit dem, was ich mir nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag aufgebaut habe.“ Aber andererseits sei für ihn eben auch klar gewesen: „Wer sich um ein Bundestagsmandat bewirbt, tritt es auch an.“
Europa-Politik als neuer Schwerpunkt
Das bedeutete zwangsläufig eine Phase neuer Unübersichtlichkeit. Weil so vieles zu regeln war: ein neues Büro in Berlin und eines in Stuttgart, neues Personal – da konnte Kaufmann auch auf Mitarbeiter Wolfgang Schäubles zurückgreifen –, und dann die Frage, welche Aufgabe der Wieder-Parlamentarier in der Fraktion übernehmen soll.
Das war durchaus nicht so einfach zu klären. Denn einerseits war für Kaufmann klar, „vor allem alle Überschneidungen mit dem Wasserstoff-Thema sehr genau zu vermeiden“. Andererseits aber waren die Funktionen in einer ziemlich reibungslos arbeitenden Fraktion ja längst alle vergeben. Kaufmanns Schwerpunkt wird nun auf dem Feld der Europa-Politik liegen – auch als festes Mitglied im Europaausschuss. Kaufmann ist mit der Lösung sehr zufrieden. „Europa war ja für mich in meiner politischen Arbeit stets ein prägendes Thema.“ Und außerdem sei er „auch in Brüssel gut vernetzt“.
Die Pause als Parlamentarier war für den Stuttgarter gar nicht so lang. Und dennoch hat sich im Bundestag vieles verändert. Die Atmosphäre ist anders. Kaufmann hat das schnell gemerkt. Alles sei „deutlich angespannter“, meint er. „Das Miteinander im Bundestag ist schlechter geworden. Die AfD ist nun größer und pflegt einen aggressiven parlamentarischen Stil“, die „Stimmung in der Koalition wirkt ausgesprochen schlecht“ und die zwischen Regierung und Opposition „könnte einen konstruktiveren Geist vertragen“.
Die Frage einer erneuten Kandidatur ist noch ungeklärt
Damit wird er nun zurechtkommen müssen. Bis zur Ende der Wahlperiode im kommenden Jahr. Und dann? Dann steht schon wieder die nächste Grundsatz-Entscheidung an. Will er sich dann erneut in Stuttgart um ein Mandat bewerben? Die Frage habe er „noch nicht entschieden“, sagt Kaufmann. Aber die Entscheidung müsse „im Laufe des Sommers getroffen werden“. Kaufmann gibt zu: „Das ist keine einfache Entscheidung für mich“.