Im Verkehrsausschuss vertritt Staatssekretär Michael Theurer (FDP) die Sicht der Bahn. Die SPD will oberirdische Gleise temporär erhalten.

Der Verkehrsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch auf Antrag der Fraktion Die Linke über den Weiterbetrieb der Gäubahn in Stuttgart nach 2025 debattiert. Die Deutsche Bahn AG will den Abschnitt der Gäubahn vom Hauptbahnhof nach Vaihingen (die sogenannte Panoramabahn) kurz vor der Inbetriebnahme des Projekts Stuttgart 21 stilllegen. Alle Reisenden sollen dann in Stuttgart-Vaihingen in S- oder Stadtbahnen umsteigen, bis etwa 2035 der neue Anschluss über den Flughafen fertig ist.

 

Das von Volker Wissing (FDP) geführte Bundesverkehrsministerium informierte den Ausschuss schriftlich über seine Sicht der Dinge. Gutachten, inzwischen drei an der Zahl, im Auftrag von Umweltschutzverbänden, der Landeshauptstadt und von Städten entlang der Gäubahnstrecke „liegen dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr nicht vor“, heißt es. In den Gutachten wird eine Betriebspflicht der Deutschen Bahn AG für die Panoramabahn gesehen, je nach Auftraggeber bis in den Kopfbahnhof.

Ist ein Stilllegungsantrag nötig?

Wenn die Bahn AG die Strecke nicht mehr fahren wolle, müsse sie einen Stilllegungsantrag stellen. Das sah auf Anfrage unserer Zeitung auch die Aufsichtsbehörde der Bahn AG, das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) so. Das Eba prüfe, sagt nun das Ministerium, eine belastbare Bewertung der Forderungen des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und des Landesnaturschutzbundes (LNV) sei nicht möglich. Die Organisationen wollen, dass die Panoramastrecke weiter betrieben beziehungsweise nicht ohne Stilllegungsverfahren abgeklemmt wird. Außerdem solle es im neuen S-21-Tiefbahnhof wegen seines Gefälles keine Doppelbelegung, also zwei Züge auf einem Gleis, geben.

Dezidiert äußert sich das Ministerium, für das der Parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer (FDP) zur Feder griff, zum Thema Betriebspflicht, und zwar ganz im Sinne der DB. Diese Pflicht werde von der Deutschen Bahn erfüllt, „indem die Gäubahn über den Flughafen an den Hauptbahnhof angebunden wird“. Weiter heißt es: „Dies bescheinigt auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2018.“ Genau dieses steht infrage. Der Gutachter der Stadt, dem das Urteil aus letzter Instanz bekannt war, sieht das anders. Die DB AG als Betreiberin der Panoramastrecke müsse dort weiter Züge fahren lassen. Ein Ersatzverkehr (S- und Stadtbahn ab Vaihingen) ersetze nicht ihre Betriebspflicht für die Panoramastrecke, heißt es im Gutachten für die Stadt. Die Kommune hatte das Papier 19 Monate unter Verschluss gehalten, wohl weil sie mit dem Ergebnis nicht einig war.

SPD will Erhalt von Gleisen prüfen lassen

Die Linke sieht Aufklärungsbedarf und will, dass der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages eine Einschätzung abgibt. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung die Prüfung in Auftrag gibt“, sagt Linke-Stadtrat Luigi Pantisano, der im Bundesvorstand der Partei sitzt.

„Wir unterstützten die Forderung der SPD im Gemeinderat, den temporären Erhalt von zwei oberirdischen Gleisen zu prüfen“, sagt der SPD-Abgeordnete Christian Schreider. So könne die Zeitspanne des Zwangsumstiegs in Vaihingen verkürzt werden.

Pantisano sieht das Ziel der Stadt, den Autoverkehr fernzuhalten, durch die Pläne der Bahn konterkariert. Pendler würden durch das Abhängen der Gäubahn „ins Auto getrieben“. Theurer verweist in seinem Schreiben an den Verkehrsausschuss auf eine Untersuchung der Bahn – sie stammt tatsächlich im Auftrag der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) vom Verkehrswissenschaftlichen Institut (VWI) – , wonach nur 18 Prozent der Gäubahn-Reisenden vom Hauptbahnhof aus andere Ziele in der Republik ansteuerten. Sie würden durch den Zwangsumstieg acht Minuten und womöglich Anschlüsse verlieren.