Im Juli war die Polizei bereits mehrmals vor Ort, weil eine Studentenparty in Stuttgart-Hohenheim zu laut war. Die Kritik von Anwohnern gilt nicht den jungen Leuten.

Birkach - Studenten feiern gerne Feste. Das ist eine Erkenntnis, die so alt ist wie die Universitäten. Trifft die Partylaune der jungen Erwachsenen auf das bürgerliche Schlaf- und Ruhebedürfnis, ist der Konflikt seit eh und je programmiert. In Stuttgart-Birkach ist genau das jetzt wieder der Fall.

 

Schon als die Pläne für das neue Studentenwohnheim an der Egilolfstraße 41 bis 45 vor fünf Jahren vorlagen, hatten die Anwohner im umliegenden Birkacher Wohnviertel die schlimmsten Befürchtungen: 253 Zimmer hat das 2019 eröffnete Wohnheim, das aus drei großen Baukörpern besteht. Nach Auskunft des zuständigen Studierendenwerks Tübingen-Hohenheim sind dort derzeit alle Plätze vermietet. 253 Zimmer, das heißt auch 253 Studenten und Studentinnen. Dass dort faktisch immer irgendjemand einen guten Anlass hat, die Korken knallen zu lassen, dürfte kaum verwundern.

Nachbarn fordern Schallschutz

Für Eberhard und Susanne Stabel, die am Muttergartenweg in direkter Nachbarschaft leben, ist der Zustand eine dauerhafte Belastung. Der 58-jährige Eberhard Stabel, von Beruf Entwicklungsingenieur, hat durchaus Verständnis für die Studenten, zumal er selbst mal einer gewesen sei, wie er sagt. Das Problem sei vor allem baulicher Natur: „Das ganze Gelände des Wohnheims ist sehr hellhörig“, erzählt der Birkacher. „Die glatten Betonwände der großen Gebäude reflektieren den Schall, so dass wir sogar normale Unterhaltungen mithören können.“

Das Haus der Stabels liegt rund 100 Meter Luftlinie vom Wohnheimgelände entfernt. Bei warmer Witterung fänden sich viele Studenten auch nachts auf den an den Gebäuden außen angebrachten stählernen Fluchttreppen zum Gespräch zusammen. „Es fehlt hier eindeutig ein Schallschutz“, sagt der Anwohner. Wenn dann noch größere Partys hinzukommen, wie sie in den vergangenen Wochen während der Pandemie immer wieder stattgefunden hätten, könne er nur noch mit einem Gehörschutz schlafen.

Polizei hat Party um 2 Uhr aufgelöst

Einen Schallschutzwall hatten die Anwohner des Viertels und Vertreter der FDP im Bezirksbeirat bereits im Jahr 2016, als die Wohnheimpläne bekannt wurden, eingefordert. Damals vergeblich. „Wenn man direkt mit den Studenten spricht, zeigen sie Verständnis“, erzählt der 58-Jährige. Allein, an der Situation ändere sich dadurch nichts. „Wir sind hilflos. Die Wohnqualität hat sich hier sehr verändert.“

Die Polizei, die schon mal gerufen wird, wenn es in der Nacht hoch her geht, bestätigt auf Anfrage, dass sie im Juli bereits zweimal anrücken musste. „Am 4. Juli wurden die Beamten sogar mehrfach nachts angefordert“, berichtet Polizeisprecher Stephan Widmann. „Um 2 Uhr wurde die Party dann aufgelöst.“ Und auch dem zuständigen Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim sind die Beschwerden der Anwohner nicht unbekannt. „Ja, wir wissen, dass dort hin und wieder Partys gefeiert werden. Am nächsten Morgen ist dies für unsere Hausmeister meist unschwer an den Überresten zu erkennen“, sagt der Leiter der Kommunikation des Studierendenwerks, Philipp Mang.

Security Service steht laut Studierenwerk nicht zur Debatte

Die Bewohner würden dann durch die Wohnheimverwaltung darauf hingewiesen, dass sie sich an die Ruhezeiten und Hygieneregeln halten müssten und dass Partys in dieser Form untersagt seien, ergänzt der Sprecher. „Da sich die Feierlust der Bewohner aus unserer Sicht aber bislang im Rahmen hielt, wurden keine weiteren Maßnahmen wie zum Beispiel die Beauftragung eines Security Services in Betracht gezogen“, sagt Mang.

Ein solcher Schritt wäre vermutlich ohnehin nicht im Sinn von Anwohnern wie der Familie Stabel. Denn letztlich richtet sich deren Kritik am gegenwärtigen Zustand weniger gegen die Studierenden und ihre sozialen Bedürfnisse als gegen die Verantwortlichen in der Universitäts- und Stadtverwaltung, die bis heute nicht für ein adäquates Lärmschutzkonzept gesorgt haben.