Das Rathaus soll trotz der Besetzung durch Stuttgart-21-Gegner am Sonntag weiter für alle Bürger offen bleiben. Allerdings denkt die Verwaltung darüber nach, die Veranstalter stärker in die Pflicht zu nehmen.

Stuttgart - Die Besetzung des Stuttgarter Rathauses durch eine Gruppe aus den Reihen der Parkschützer-Initiative sollte nach Ansicht von Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) nicht dazu führen, vom Prinzip des offenen Rathauses abzukommen. „Ich werde das mit Zähnen und Klauen verteidigen“, sagte Wölfle, der am Sonntagmorgen vergeblich versucht hatte, die 13 Besetzer zur Aufgabe zu bewegen. Ähnlich äußerte sich Schairers persönlicher Referent Hermann Karpf: „Wir wollen weiterhin ein offenes Rathaus bleiben, das kommt bei den Leuten gut an.“

 

Allerdings wird seitens der Verwaltung darüber nachgedacht, die Veranstalter, die im Rathaus Räume anmieten, künftig stärker in die Pflicht zu nehmen. „Wir prüfen, ob wir in die Verträge einen Passus aufnehmen, wonach die Veranstalter verantwortlich dafür sind, dass ihre Gäste das Rathaus nach Abschluss der Veranstaltung auch wieder verlassen“, so Wölfle. Eine verstärkte Polizeipräsenz bei Rathausveranstaltungen werde nicht angepeilt.

Anlass für die Überlegungen ist, dass am Samstagabend nach einer Veranstaltung der Stuttgart-21-Gegner im Großen Sitzungssaal, den die Fraktion SÖS/Linke angemietet hatte, zunächst rund 20 Personen das Rathaus für besetzt erklärt hatten (die StZ berichtete). Sie entrollten vom Rathausbalkon herab Transparente, auf denen ein Ende der Stadtzerstörung durch das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 gefordert wurde. Darüber hinaus verlangten die zuletzt noch 13 Besetzer die Einberufung eines sogenannten Bürgerparlaments. Nach sieben Stunden ließen sich die Aktivisten widerstandslos von der Polizei nach draußen begleiten. Sie müssen mit einer Strafe wegen Hausfriedensbruchs rechnen.

Im Netz wird über Wölfle und den Sinn der Aktion diskutiert

Unterdessen gibt es innerhalb der Parkschützerszene Diskussionen darüber, ob die Aktion richtig gewesen sei oder der Protestbewegung gegen Stuttgart 21 geschadet habe. Während der grüne Verwaltungsbürgermeister Wölfle, qua Amt zuständig für die Durchsetzung des Hausrechts der Stadt im Rathaus, von manchen S-21-Gegnern auf einschlägigen Internetseiten als Verräter bezeichnet wird, gibt es auch Stimmen im Internet, die dazu aufrufen, mit dem „penetranten Grünen-Bashing“ Schluss zu machen. Auch die Legitimation eines Bürgerparlaments wird kritisch hinterfragt.

Am Montagabend haben die Projektgegner bei der 148. Montagsdemo dagegen demonstriert, dass der Kostendeckel von 4,52 Milliarden Euro für Stuttgart 21 gelupft wird. Zudem forderten sie den Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) auf, den sogenannten Gestattungsvertrag nicht zu unterschreiben, der der Bahn weitere Baumfällungen im Rosensteinpark erlaubt. Hauptredner der Veranstaltung auf dem Marktplatz waren die Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne) sowie der kritische Bahnexperte Karl-Dieter Bodack eingeladen. Laut der Parkschützer haben 2500 Personen an der Kundgebung gegen S 21 teilgenommen, die Polizei spricht von 1900 Demonstranten.