Die im Juli vergangenen ­Jahres getaufte Tunnelbohrmaschine, die den 9468 Meter langen Fildertunnel für Stuttgart 21 bauen soll, hat noch keine hundert Meter zurückgelegt. Die Bahn verweist auf noch laufende Justierungsarbeiten an der Maschine.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die gigantische Maschine, mit der der Fildertunnel für Stuttgart 21 gebohrt werden soll, kommt nicht so recht in die Gänge. Projektgegner nehmen das als Omen für den aus ihrer Sicht schleppenden Umbau des Stuttgarter Bahnknotens, die Bahn hingegen erklärt den Stillstand mit noch zu erledigenden „Einstellungen und Feinjustierungen“ am Gerät. Diese würden üblicherweise auf den ersten 100 Metern des Betriebs vorgenommen. Soweit ist der 2000-Tonnen-Koloss aber noch gar nicht gekommen.

 

Im Juli vergangenen Jahres unter Beisein von allerhand Prominenz in einer Baugrube beim Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost offiziell in Betrieb genommen, zogen sich weitere vorbereitende Arbeiten an ihr bis in den Herbst hin. Erst am 28. November vermeldete die Bahn, dass sich die Maschine nun ans Werk gemacht habe. Seitdem hat sie 81,4 Meter geschafft – so die letzte Wasserstandsmeldung des Kommunikationsbüros am vergangenen Montag. Im noch jungen Jahr 2015 hat sich die Maschine demnach gar nicht bewegt. Denn den bisherigen Vortrieb hatte sie bis zur Weihnachtspause bewerkstelligt. Seit 7. Januar sind die Stuttgart-21-Baustellen wieder in Betrieb. Seitdem seien die Experten damit beschäftigt, die 5700-PS-starke Anlage „auf die örtlichen Gegebenheiten einzustellen. Das ist bei jeder TVM so und kein S-21-spezifischer Sachverhalt“, versichert die Bahn, wobei das Kürzel TVM für Tunnelvortriebsmaschine steht. Der Hersteller des Bohrers, die badische Firma Herrenknecht, erklärt, es gäbe keine Faustformel für den Vorlauf, ehe ein Dauerbetrieb möglich ist. Man arbeite da „projektspezifisch“. Beim Anfahren der Maschine gelte es, die Baustellenlogistik zu beachten und natürlich auch die geologischen Begebenheiten, in denen man sich bewege.

Transport der Betonteile ruht

Da es vorne derzeit nicht weitergeht, muss hinten auch die Materialversorgung neu organisiert werden. Im Falle des Fildertunnels geht es dabei um die sogenannten Tübbinge, Betonfertigteile, aus denen die Tunnelinnenwand hergestellt wird. Sieben Einzelteile bilden einen Ring im Tunnelinneren. 43 dieser Ringe hat die Maschine auf ihrem kurzen Weg unter dem Filderboden bisher aufgebaut. Die Segmente werden in einem Werk in Neumarkt in der Oberpfalz gefertigt und dann per Zug nach Altbach (Kreis Esslingen) und von dort mit Lastwagen auf die Filder transportiert. Wegen des Stillstands im Tunnel ist mittlerweile das Lager am Filderportal gefüllt. Ein in Altbach abgestellter Zug harrte Mitte der Woche der Entladung. Weitere auf Halde produzierte Betonteile müssen beim Hersteller im Nordosten Bayerns zwischengelagert werden.

Die Unterbrechung der Transporte könnte der Bahn zupass kommen. Schließlich verhandelt das Unternehmen weiterhin mit der Stadt und dem Regierungspräsidium über eine separate Baustellenzufahrt von der A 8. Die würde das Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost von Lastwagenverkehr entlasten. Rund 50 000 Tübbinge müssen auf die Filder gebracht werden. „Die Bahn ist im konstruktiven Dialog mit allen Beteiligte, um eine den Projektzielen förderliche Lösung im Blick auf Zeit, Kosten und Belastungen für die Anrainer zu finden“, teilt ein Sprecher des Kommunikationsbüros mit.

16 Meter Vortrieb am Tag sind geplant

Zumindest was den Zeitplan angeht, gibt sich die Bahn noch gelassen. Und das, obwohl die noch ruhende TVM den Bau des mit 9468 Metern drittlängsten Tunnels in Deutschland vor sich hat. Einmal auf Hochtouren soll sie laut Bahn-Zeitplan durchschnittlich 16 Meter am Tag zurücklegen. Wann genau der Dauerbetrieb aufgenommen werden soll, vermochte der Sprecher nicht zu sagen. Damit muss sich die auf das Akronym Suse – Stuttgart-Ulm schneller erreicht – getaufte Maschine weiter den Spott aus dem Internet gefallen lassen: Dort wird sie schon als „Transuse“gehandelt.