Der Buchgroßhändler Koch, Neff & Volkmar (KNV) hat Insolvenz beim Amtsgericht Stuttgart angemeldet. 1800 Mitarbeiter bangen nun um ihren Job.
Stuttgart/Erfurt - Schlechte Nachricht für die Buchbranche: Das 1829 gegründete Familienunternehmen Koch, Neff & Volckmar (KNV-Gruppe) mit Unternehmenssitz in Stuttgart-Vaihingen hat am Amtsgericht Stuttgart Insolvenz angemeldet. Das teilte Deutschlands größter Buchgroßhändler am Donnerstag mit. Die bis „zuletzt erfolgversprechenden und kurz vor Abschluss stehenden Verhandlungen mit einem Investor für die ganze Unternehmensgruppe sind leider (am 13.2.2019 abends) überraschend gescheitert“ , heißt es in einer Mitteilung als Begründung. Es sei davon auszugehen, dass ein Insolvenzverwalter die Geschäfte bald übernehmen wird. „Das Management und die Mitarbeiter der KNV-Gruppe werden alles daran setzen, eine für Geschäftspartner und Belegschaft bestmögliche Lösung für die Zukunft zu finden.“ Über eine mögliche Zukunftsperspektive für die rund 1800 Mitarbeiter äußert sich KNV nicht konkret. Auch ob es bereits einen Insolvenzverwalter gebe, beantwortet das Unternehmen auf Anfrage nicht.
Der Großhändler fungiert als Bindeglied zwischen Verlagen und Buchhandlungen und hat nach eigenen Angaben rund 590 000 lieferbare Titel von mehr als 5000 Verlagen ständig auf Lager. Die Webseite nennt 5600 Buchhandelsfilialen als Kunden, davon rund 4200 in Deutschland. Auch bei der Distribution von E-Books, Spielen, DVDs, CDs, Kalendern und weiteren Artikeln mischt das Unternehmen mit.
In der Buchbranche löst die Nachricht Bestürzung aus
In der Buchbranche löste die Insolvenz am Donnerstag Bestürzung aus. Beispielsweise bei Christian Riethmüller, Geschäftsführer der Tübinger Buchhandelskette Osiander. „Das hat mich persönlich sehr getroffen.“ Die Zusammenarbeit mit dem geschäftsführenden Gesellschafter von KNV, Oliver Voerster, sei „eng und vertrauensvoll“.
„Für die Buchbranche ist es nicht gut, wenn ein so langjähriger Partner Insolvenz beantragt“, so Riethmüller. Wie andere Buchhändler auch habe KNV am Donnerstag Osiander über die Insolvenz informiert. Dabei habe es das „klare Signal“ gegeben, dass der Geschäftsbetrieb von KNV und damit die Belieferung weiter laufe. Er habe die Hoffnung, „dass ein Investor einsteige“: „KNV hat Potenzial. Der Buchhandel entwickelt sich positiv.“
Die Esslinger Buchhandlung Sammlerecke traf der Insolvenzantrag völlig überraschend. Die Geschäftsbeziehung mit KNV habe auf allen Ebenen wunderbar funktioniert, Lieferungen seien immer pünktlich gewesen, nichts habe darauf hingedeutet, dass irgendetwas mit dem Großhändler nicht in Ordnung gewesen sei, heißt es.
Die KNV-Gruppe ist der größte der deutschen Buchgroßhändler, zu denen auch Libri und Umbreit gehören. Auch ein Logistik-Riese wie Amazon zählt zu den Kunden. Ein Ausfall von KNV hätte deshalb einen „spürbaren Effekt auf die Lieferkette“, wie Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels betont. „Es ist allerdings noch zu früh, hier eine Prognose abzugeben.“ Erst müsse man den Verlauf des Insolvenzverfahren abwarten. „Wir gehen davon aus, dass die jetzt handelnden Personen sich der hohen Verantwortung für die Branche bewusst sind“, so Skipis.
Die Konditionen für die Buchhändler könnten sich verschlechtern
In der Branche heißt es, ein Scheitern von KNV könne auch die Konditionen für die Buchhändler verschlechtern. Denn dann würden Libri und Umbreit große Teile des Geschäfts unter sich ausmachen. Die KNV-Gruppe hatte erst vor einigen Jahren 150 Millionen Euro in ein neues Logistikzentrum in Erfurt investiert und den Stuttgarter Logistik-Standort geschlossen. Durch Verzögerungen beim Umzug waren viele Stellen eine Zeit lang doppelt besetzt. Außerdem hatte es am Standort Erfurt, der rund 1000 Mitarbeiter zählt, Anlaufschwierigkeiten gegeben. Branchenexperten sprechen sogar davon, dass die Gruppe mit der Komplexität des neuen Lagers zeitweise überfordert war.
Der letzte veröffentliche Konzernabschluss der Unternehmensgruppe führt das Jahr 2016 auf. Der Jahresumsatz betrug knapp 550 Millionen Euro – bei einem Verlust von 18 Millionen Euro.