Sebastian Weingarten leitet seit zehn Jahren das Stuttgarter Renitenztheater. Mit ihm ist die Kabarettbühne kräftig gewachsen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Einige waren überzeugt: das kann nicht gut gehen. Die Fußstapfen, die Gerhard Woyda hinterlassen hat, sind viel zu groß, als dass sie jemand füllen könnte. Schließlich hat Woyda das Renitenztheater Stuttgart 1961 gegründet und zu einer der wichtigsten Adressen für Kabarett gemacht. Er hat die ganz großen Namen der Branche in das kleine Theater in der Königstraße geholt. Wie soll jemand dieses Erbe weiterführen?

 

Sebastian Weingarten ist es gelungen. In diesem Jahr feiert er Jubiläum. Vor zehn Jahren hat er die Leitung des Renitenztheaters übernommen. Und wenn er sagt, „der Neuanfang ist uns, glaube ich, ganz gut geglückt“ – dann hat er recht. Zugegeben, die heutige Bühne hat nicht mehr viel mit der alten Studiobühne zu tun – trotzdem ist Weingarten seinem Erbe treu geblieben: Das Renitenztheater ist eine Bühne für politisch-literarisches Kabarett. Aber eben nicht nur. Denn mit politischem Kabarett allein könnte das ein solches Haus heute nicht mehr überleben.

Comedians werden wie Popstars gefeiert

In den vergangenen zehn Jahren hat sich sehr viel getan – im Renitenz, aber auch in der gesamten künstlerischen Landschaft. Früher gastierten die meisten Kabarettisten eine komplette Woche im Renitenz, heute ist es schon eine Ausnahme, wenn einer zwei oder drei Vorstellungen gibt. „Der Druck ist größer geworden“, sagt Sebastian Weingarten, „vieles ist auch nicht mehr berechenbar“. Dafür hat die Comedy einen wahren Siegenszug erlebt. Comedians wie Bülent Ceylan werden „heute wie Popstars gefeiert“, sagt Weingarten, der das allerdings für eine „eher unschöne Entwicklung“ hält. Sie, die die Kasse der Theater füllen könnten, treten stattdessen in großen Hallen vor ein paar Tausend Zuschauern auf. Immerhin gibt es einige, die aus alter Treue trotzdem noch kleinere Vorstellungen in den Häusern machen, die sie einst herausgebracht haben.

Sebastian Weingarten muss sehr genau auf die Zahlen schauen. Er wollte es aber nicht anders. Als das Renitenz aus seinen wenig attraktiven Kellerräumen in der Eberhardstraße ausziehen musste, kämpfte er für eine neue Lösung, die Expansion bedeutete. Vor vier Jahren zog die Bühne ins Hospitalviertel und ist nun ein hochprofessionelles Haus mit hervorragender Technik und 260 Plätzen. Früher gab es einen Mitarbeiter für die Kasse und die Geschäfte wurden von Woydas Wohnzimmer aus abgewickelt. Heute gibt es Büroräume und ein kleines Team mit kaufmännischem Direktor, Techniker und Öffentlichkeitsarbeit.