Christopher Baake ist seit Oktober Cheftrainer beim Fußball-Verbandsligisten SKV Rutesheim – und arbeitet sich engagiert in den neuen Job hinein. Das bringt so einiges mit sich.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Sport ist ein schnelllebiges Geschäft. So mancher Funktionär sah sich zum Zitat des deutschen Nachkriegskanzlers Konrad Adenauer verleitet und meinte: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern ...“ Und so mancher Trainer musste bitter erfahren, dass die Werte, die gestern noch etwas zählten, heute schon im Mülleimer landen. Christopher Baake wollte trotzdem Fußball-Trainer werden, irgendwann einmal, deshalb nahm er zur Saison 2020/2021 eine Doppelrolle bei der SKV Rutesheim ein und wurde spielender Co-Trainer. Doch im Herbst 2022 holte den 33-Jährigen die Tatsache ein, dass es sich im Sport um ein schnelllebiges Geschäft handelt – nach der Demission von Marcel Pfeffer wurde aus dem Co-Spielertrainer der Chefcoach. „Das war so nicht im Fahrplan“, bekennt Christopher Baake, „aber mir war schon bewusst, dass meine Zeit als aktiver Spieler sich dem Ende neigte.“

 

Fast wie im Film. Nur dass es nicht wie in Hollywood „Plötzlich Prinzessin“, sondern in Rutesheim „Plötzlich Cheftrainer“ heißt. Jetzt steht er eben etwas früher in der ganz großen Verantwortung, der einstige Mittelfeldakteur, der in 121 Pflichtspielen in der Verbandsliga und im WFV-Pokal im Trikot der SKV gesteckt hatte. Es gibt allerdings dankbarere Aufgaben im Amateur-Fußball als Trainer der SKV Rutesheim zu sein. Der Club steht in der Verbandsliga-Tabelle nach 19 von 34 Partien so da wie der ungeliebte Mitschüler, der die Pause alleine und weit abseits von all seinen Klassenkameraden verbringen muss. Das Schlusslicht hat lediglich zehn Punkte gesammelt, bis zu Platz elf, der den Klassenverbleib garantiert, sind es mittlerweile 14 Zähler – den Ligaverbleib zu postulieren wäre als wenn der abstiegsbedrohte VfB Stuttgart in der Bundesliga nun als Ziel ausgeben würde, noch die Europa-League-Plätze zu erreichen. Das weiß Christopher Baake natürlich, eine Tabelle lesen und korrekt interpretieren kann er seit seinen Tagen im Jugendfußball. „Wir hatten gehofft“, erzählt er, „dass wir eine kleine Serie starten können und so wieder Tuchfühlung zu den Teams vor uns herzustellen – das hat leider nicht funktioniert.“

Die Winterpause tut der Mannschaft gut

Frust? Verzweiflung? Panik? All diese Reaktionen sind Christopher Baake als SKV-Cheftrainer bislang fremd geblieben, er könnte sich auf der Trainerbank zwar wohler fühlen, doch ist er überzeugt davon, nicht fehl am Platze zu sein. „Die Mannschaft ist intakt“, behauptet der Übungsleiter, „alle haben bis zur Winterpause mitgezogen – und nun hoffe ich, dass alle Spieler ihre Köpfe bis zum Trainings- und Rundenstart wieder frei bekommen.“ Am 23. Januar bittet Baake erstmals wieder zum Training, am 4. März geht es mit der Partie beim VfL Sindelfingen in der Liga weiter.

Die Prüfung für die Trainer-B-Lizenz steht an

Bis dahin steht für den Novizen einiges auf der To-do-Liste. Gleich nach Neujahr muss der Rutesheimer den Schiedsrichter-Schein erfolgreich absolvieren, diese Prüfung ist Teil des Trainerscheins, an dem er bastelt. Im März, so ist geplant, möchte Baake die Trainer-B-Lizenz in der Tasche haben, damit darf er Teams bis in der Oberliga trainieren. Eine fußballfreie Zeit gibt es für ihn nicht. Hat es eigentlich nie gegeben, seit er mit vier Jahren zu kicken begonnen hat – und als Cheftrainer eines Abstiegskandidaten wäre eine Auszeit fast schon unverantwortlich. Mit Co-Trainer Steffen Hertenstein steht Baake täglich in Kontakt, beide besprechen ihre Strategie nach der Winterpause, diskutieren über den Zuschnitt der Mannschaft und fahnden nach Ersatz für Torhüter Kerim Redzepovic, der den Club in Richtung VfB Neckarrems (Landesliga) verlassen hat, sowie für Stürmer Ennio Ohmes, der zum Bezirksligisten SV Leonberg/Eltingen zurückgekehrt ist. Der Trainer-Einsteiger holt sich zudem Infos, Tricks und Kniffe bei erfahrenen Kollegen, bei Vorgänger Marcel Pfeffer sowie beim Rutesheimer Ex-Coach Rolf Kramer. Es ist deutlich mehr zu tun im Vergleich zu Baakes Karriere als Spieler. „Das war mir natürlich bewusst“, bekennt der Mann, der zudem als Vertriebsaußendienstler im Einsatz ist: „Ich komme gut klar mit allem.“

Die Planung für die nächste Saison muss der Akkordarbeiter ebenfalls leiten, was bei der aktuellen Situation so kompliziert ist, wie der Ehefrau und der Geliebten gleichzeitig ein Präsent zu machen. „Wir müssen klären, ob die Spieler im Falle des Abstiegs bleiben“, sagt Baake, „auch ist nicht besprochen, ob ich nach dem Sommer SKV-Trainer sein werde.“ Es ist alles im Fluss. Sport ist bekanntlich ein schnelllebiges Geschäft.