Immer mehr Urlauber, aber immer weniger Regen: Auf den griechischen Ägäisinseln wächst die Sorge um die Trinkwasserversorgung. Meerwasserentsalzungsanlagen sollen helfen. Aber das ist eine teure Lösung.

Eine Dusche vor dem Frühstück zum Wachwerden, eine nach dem Schwimmen im Meer, um das Salz abzuwaschen, eine weitere nach dem Tennismatch, damit man frisch ist für den Abend: Für die meisten Touristen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass es sprudelt, wenn man im Hotel den Wasserhahn aufdreht. Aber auf vielen Ägäisinseln ist viel Aufwand nötig, um die Wasserversorgung sicherzustellen.

 

Immer neue Hotels werden eröffnet, Villen mit Swimmingpools gebaut, die Zahl der Urlauber steigt von Jahr zu Jahr. Vielerorts droht ein Wassernotstand. Auch auf der Kykladeninsel Naxos gehen die Vorräte zur Neige. „Vor einem Jahr hatten wir 1,5 Millionen Kubikmeter in den Reservoirs, jetzt sind es nur noch 180 000“, berichtet Vizebürgermeister Fotis Mavromatis im Lokalsender „Kykladen 101,3“. Zugleich sei der Wasserverbrauch in den ersten drei Monaten um 28 Prozent gestiegen.

Der kommende Sommer gilt als besonders kritisch

Vergangene Woche ging auf der Insel eine neue Meerwasserentsalzungsanlage in Betrieb. Sie liefert 1000 Kubikmeter Trinkwasser am Tag. Der kommende Sommer gilt als besonders kritisch. Denn während der Wasserverbrauch immer weiter steigt, hat es im vergangenen Winter viel weniger geregnet – ein Trend, der nun schon seit drei Jahren anhält. „Das letzte gute Regenjahr war 2019“, sagte Kostas Lagouvardos, Meteorologe und Forschungsdirektor am Nationalen Observatorium Athen, in der Zeitung „Kathimerini“. Seither liegen die Niederschläge unter dem Durchschnitt. „2023 war für die Kykladen ein besonders schlechtes Jahr.“ Dort dauert die Regensaison nur etwa fünf Monate. „Da reichen schon ein oder zwei regenarme Jahre, und wir haben ein Problem“, sagte Lagouvardos.

Auf der Insel Andros fielen 2023 nur 363 Millimeter Niederschlag. Der langjährige Durchschnitt beträgt 506 Millimeter. Auf Ios wurden 195 Millimeter gemessen, normal wären 285. Die Folge: Das Wasser in den wenigen Stauseen, die es auf den Inseln gibt, geht zur Neige. Auf Mykonos wurden in den 1990er Jahren zwei Reservoirs mit einer Kapazität von vier Millionen Kubikmetern angelegt, um im Winter das Regenwasser zu sammeln. Jetzt sind sie fast leer.

Wassermangel ist kein neues Thema auf den Kykladen. Schon in der Antike waren die Inseln wegen der geringen Niederschläge karg. Wo es Wälder gab, wurden sie im Altertum für den Schiffbau weitgehend abgeholzt. Trotzdem reichten die Niederschläge und das Grundwasser vielerorts für eine bescheidene Landwirtschaft und etwas Viehhaltung. Damit hatten die Menschen ein Auskommen.

Das kostbare Wasser fließt nicht mehr auf die Felder, sondern in die Pools der Hotels

Die Einheimischen sind seit Generationen an den sparsamen Umgang mit Wasser gewöhnt. Mit dem Massentourismus hat sich das geändert. Man möchte die Urlauber nicht mit Sparappellen vergraulen. Das kostbare Wasser fließt jetzt nicht mehr in die Zisterne, die Viehtränke oder auf die Felder, sondern in die Pools. Jeder Tropfen wird für die Touristen gebraucht. Immer tiefer trieben die Inselbewohner in den vergangenen Jahrzehnten ihre Brunnen in die Tiefe.

In vielen Fällen handelt es sich um nicht genehmigte Bohrungen. Sie führen dazu, dass der Grundwasserspiegel immer weiter absinkt. Heute fördern viele Brunnen nur noch ungenießbares Salzwasser. Der Anbau von Obst und Gemüse sowie die Viehhaltung sind deshalb auf vielen Ägäisinseln zum Erliegen gekommen.

Schon 2007 und 2008 gab es wegen anhaltender Dürre und extremer Hitze Versorgungsprobleme. Die Regierung rief damals für Mykonos und Santorin den Notstand aus. In Tankschiffen musste Trinkwasser vom Festland zu den Inseln gebracht werden. Athen stellte zusätzliche Gelder für den Bau von Wassertanks und Entsalzungsanlagen bereit. Aber inzwischen stößt die Infrastruktur vielerorts an ihre Grenzen.

Entsalzungsanlagen sollen Abhilfe schaffen – doch sie sind energieintensiv und damit teuer

Auf der Insel Santorin stieg der Wasserverbrauch nach Angabe des kommunalen Wasserversorgers DEYA seit 2020 von 929 000 Kubikmetern auf 2,3 Millionen Kubikmeter im vergangenen Jahr. Auf Mykonos wuchs der Verbrauch von 2021 bis 2023 um 38 Prozent. Dass die Pools der Luxushotels trotzdem noch gefüllt sind und die Duschen funktionieren, ist vor allem der Meerwasserentsalzung zu verdanken. Nach Angaben des griechischen Umweltministeriums gibt es auf den Kykladeninseln 31 Entsalzungsanlagen. Vier weitere Anlagen sind für Inseln der südlichen Ägäis in der Planung. Die Meerwasserentsalzung ist allerdings sehr energieintensiv und damit teuer. Auf den Inseln sind Wasserpreise nicht selten doppelt oder dreimal so hoch wie auf dem Festland.

Für die Gewinnung eines Kubikmeters Trinkwasser werden, je nach Verfahren, vier bis zehn Kilowattstunden Energie benötigt. Neuere Techniken sollen mit 1,5 Kilowattstunden auskommen. Die zunehmende Nutzung von Ökostrom kann wenigstens helfen, den ökologischen Fußabdruck der Entsalzung zu verkleinern. Auf Naxos soll jetzt eine zweite Entsalzungsanlage für weitere 1000 Kubikmeter am Tag ausgeschrieben werden. Der Masterplan der Inselverwaltung sieht vor, im Endausbau täglich 5000 Kubikmeter Trinkwasser mit Meerwasserentsalzung zu gewinnen. „Das ist die einzige Möglichkeit, die Folgen der Klimakrise zu bewältigen“, sagt Vizebürgermeister Mavromatis.

Rekordtemperaturen im März und April

Hitze
Der März 2024 war in Griechenland der wärmste seit Menschengedenken. Örtlich wurden Temperaturen von 30 Grad gemessen, zwölf Grad mehr als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Auch der April hat mit Rekorden begonnen; im mittelgriechischen Livadia wurden 31 Grad gemessen. Nach einer Analyse des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECWMF) werden die Durchschnittstemperaturen im östlichen Mittelmeer im kommenden Sommer 0,5 bis 1,5 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1993 bis 2016 liegen. Es sei nicht auszuschließen, dass der Sommer noch heißer werde als der vergangene, sagte Kostas Kartalis, Professor für Meteorologie an der Universität Athen, der Zeitung „Kathimerini“.

Wetterextreme
2023 war das heißeste und trockenste Jahr seit 1991. Die Wassertemperaturen stiegen auf den höchsten Stand seit über 20 Jahren. In Athen fiel das Thermometer für 300 Stunden am Stück nicht unter 30 Grad, im Juli wurden in der Spitze 45,4 Grad gemessen, in Gythio auf der Halbinsel Peloponnes 46,4 Grad. Im September folgten mit dem Sturmtief „Daniel“ die schwersten Niederschläge seit Menschengedenken. Innerhalb von 72 Stunden fielen örtlich über 1000 Millimeter Regen.