Ein Asylbewerber aus Algerien muss wegen eines Diebstahls in Gerlingen für vier Monate ins Gefängnis. Er stand schon zum vierten Mal vor Gericht – und ein fünftes Verfahren steht an.

Gerlingen - Er ist seit mehr als zwei Jahren in Deutschland, und er hat am Dienstag schon zum vierten Mal vor Gericht gestanden. Abbas B. (Name geändert) hatte in Gerlingen Anfang Dezember lange Finger gemacht. Seine Beute war gut 50 Euro wert. Wegen dieses Diebstahls muss der 29-Jährige erneut ins Gefängnis, nun für vier Monate.

 

Der Angeklagte hatte sich Ende des vergangenen Jahres in Ditzingen aufgehalten, um Bekannte zu besuchen. Er ging in einen großen Supermarkt am Stadtrand von Gerlingen, steckte zwei Paar Kopfhörer für sein Handy und vier Schachteln Zigaretten ein. An der Kasse bezahlte er aber nur zwei Kleinigkeiten, unter anderem einen Becher Joghurt. Der Ladendetektiv stellte ihn, holte die Polizei und verlangte 50 Euro Konventionalstrafe. Die bezahlte der Beschuldigte auch anstandslos: Er hatte 600 Euro in der Tasche. Warum er dann die gestohlenen Waren nicht ordnungsgemäß bezahlt hat, das fragte sich nicht nur die Richterin am Amtsgericht in Ludwigsburg.

600 Euro in der Tasche

Das Geld habe er für eine Fahrt nach Frankreich gebraucht, meinte der angeklagte Asylbewerber, der zu Beginn über seinen Anwalt die Vorwürfe zugegeben hatte. Dort habe er sich einer Operation unterziehen wollen. In Frankreich habe er Freunde und Verwandtschaft und das Geld bekommen. Im Übrigen, so der gelernte Seemann, sei er süchtig, von Alkohol, Cannabis und einem Drogenersatzmittel abhängig – auch schon in Algerien. Inzwischen habe er als Untersuchungshäftling im Vollzugskrankenhaus Hohenasperg eine Entgiftung durchgemacht und bekomme Medikamente.

Im Dezember aber, in dem Supermarkt in Gerlingen, so sagte sein Verteidiger, da sei er betrunken gewesen („jeden Tag eine halbe Flasche Whisky“) und habe unter Drogen gestanden. Die Beute, die Kopfhörer und die Zigaretten, Gesamtpreis 51,98 Euro, habe er für sich behalten wollen: Damit bestritt der Angeklagte den Vorwurf des gewerbsmäßigen Diebstahls. Dieser wird von der Staatsanwaltschaft angeklagt, wenn sie davon ausgeht, dass Menschen stehlen, um die Beute zu verkaufen.

Fünftes Strafverfahren läuft bereits

Das Asylverfahren, so sagte der Verteidiger über seinen Mandanten, sei völlig unklar. Er wisse aber, dass die Verurteilung Konsequenzen habe – zumal bereits ein fünftes Strafverfahren gegen ihn am Amtsgericht Stuttgart angelaufen sei.

2015 war der heute 29-jährige gelernte Seemann über das Mittelmeer von Algerien nach Italien gelangt. Zwei Wochen später war er in München, dann kam er in die Aufnahmestelle nach Ellwangen. Am Amtsgericht Aalen wurde Abbas B. im Dezember 2015 verurteilt, zwei Monate später am Amtsgericht in Ellwangen – wegen Diebstählen und Körperverletzung, zuerst zu einer Geldstrafe, dann zu 14 Monaten Gefängnis. Im letzten Frühjahr die nächste Verurteilung: sechseinhalb Monate Freiheitsstrafe wegen versuchten Diebstahls, Sachbeschädigung und Widerstands gegen Polizisten.

„Er hat sich die Vorstrafen nicht als Warnung dienen lassen“, sagte die Staatsanwältin. Die Richterin in ihrer Urteilsbegründung: „Er stand unter Drogeneinfluss, hat aber gewusst, was er tut. Er hatte kein Unrechtsbewusstsein, keine Einsicht, keine soziale Bindung.“

Der Angeklagte kam nach der Verurteilung wieder in Haft. „Er weiß, was passiert“, sagte der Verteidiger, „und er möchte das Land lieber verlassen, als dauerhaft im Gefängnis zu sein.“