Verkehrsbilanz in Stuttgart Wieder mehr Unfalltote – was steckt in den Zahlen?

Horrorunfall auf der A 81 bei Böblingen: Ein Lkw-Fahrer erfasste im Mai 2023 drei Arbeiter der Straßenmeisterei. Foto: 7aktuell/Nils Reeh

Ein Lkw rast auf der A 81 in einen Bauarbeitertrupp, ein Radfahrer wird von einem Transporter mitgeschleift: In und um Stuttgart, aber auch landesweit hat es 2023 mehr Verkehrstote gegeben. Und doch gibt es einen Lichtblick.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Monatelang saß er in Untersuchungshaft, dann eine Anklage, nun wird auf ein Urteil gewartet: Ein 28-jähriger Sattelschlepperfahrer muss sich für einen der schrecklichsten Unfälle des letzten Jahres verantworten, als er im Mai auf der A 81 bei Böblingen-Hulb in einen abgesperrten Bereich der Autobahnmeisterei krachte. Ein Arbeiter starb an Ort und Stelle, zwei wurden schwer verletzt. Der Horrorunfall gehört zu den dunklen Momenten auf den Straßen im Land, bei denen insgesamt 369 Menschen ums Leben kamen. Damit stieg die Todeszahl 2023 zum dritten Mal in Folge – und ist ein Teil  der Verkehrsunfallstatistik, die Landesinnenminister Thomas Strobl am Dienstag vorstellen wird.

 

Schon jetzt ist der Trend beim Blick in die Unfalldatenbank unserer Zeitung und ins Zahlenwerk des Statistischen Landesamts für 2023 eindeutig. Das erste Coronajahr 2020 mit Lockdowns und Verkehrsbeschränkungen brachte ein Allzeittief von 330 Todesopfern – doch nun steigt die Zahl der Opfer wieder. Besonders betroffen sind die Landkreise in der Region Stuttgart, wo sich die Zahl der Unfalltoten binnen eines Jahres von 28 auf 50 erhöht hat.

Radfahrer bleiben in Stuttgart ein Thema

Dabei kam diesmal in Stuttgart kein einziger Autoinsasse ums Leben. Zu den sieben Todesopfern (2022: zwei) gehören drei Radler im Alter von 21 bis 66 Jahren, zwei Fußgänger, ein E-Skateboard-Fahrer und ein Motorradfahrer. Radfahrer mit und ohne Elektromotor bleiben also ein Thema – und vor allem fehlende Schutzhelme. Womöglich hätte einer das Leben eines 26-jährigen E-Bike-Fahrers in Zuffenhausen retten können.

Im Kreis Böblingen sind Radfahrer dagegen gar nicht unter den zehn Todesopfern (2022: sieben) zu finden – dafür vier Fußgänger, drei Motorradfahrer, drei Autofahrer. Statistiken haben aber auch ihre Tücken: Dass es im Kreis Ludwigsburg neun und nicht elf Unfalltote gab, liegt an der „Verwaltungsvorschrift für die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei“. Der tödliche Sturz eines 87-Jährigen in Steinheim mit seinem Rollator beim Überqueren der Straße wird als „Alleinunfall eines Fußgängers“ nicht erfasst, ebenso nicht der Unfalltod eines 62-Jährigen, der in Marbach von einem Auto erfasst wurde. Er starb nach der amtlichen 30-Tage-Frist an den Unfallfolgen.

Mancher Unfalltod steht nicht in der Statistik

Ähnliches gilt für einen Autounfall in Esslingen im November, als ein herrenlos gewordener Lkw-Anhänger mit einem Mercedes zusammenstieß. Die 81-jährige Beifahrerin starb anderthalb Monate später. Ihr Tod wie auch zwei tödliche Motorradunfälle auf dem Verkehrsübungsplatz in Kirchheim/Teck sind daher nicht in der Statistik des Kreises Esslingen mit fünf Verkehrsopfern (2022: zehn) enthalten. Im Rems-Murr-Kreis starben acht (2022: sieben) Verkehrsteilnehmer, drei mit Fahrrad, zwei zu Fuß, zwei im Auto, einer mit Motorrad. Am heftigsten traf es indes den Kreis Göppingen, wo sich die Todeszahl nach der Liste der Landesstatistiker von zwei auf elf erhöhte.

Verkehrsexperten bei Polizei und Innenministerium relativieren die 369 tödlichen Unfälle allerdings – etwa mit einem Zehn-Jahres-Vergleich. Im Jahr 2013 gab es mit 465 fast hundert Getötete mehr im Land. Dabei gab es damals 292 000 Unfälle, also weniger als 2023 mit 306 000. Noch krasser ist der Vergleich mit dem Jahr 1970: Bei nur 211 000 Unfällen waren etwa 2800 Tote und knapp 23 000 Schwerverletzte zu beklagen.

So wenig Schwerverletzte wie noch nie

Die Unfallstatistik 2023 des Landes bietet aber auch einen Lichtblick: Es gab so wenige Schwerverletzte wie noch nie. Die Landesstatistiker verzeichnen etwas über 6100 schwer verletzte Personen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren mussten mehr als 9000 Unfallopfer stationär in eine Klinik.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Stuttgart Unfall Verkehrstote Polizei