Nach den Sitzungen am Dienstag ist die Präsidentenfrage beim VfB Stuttgart weiter offen. Dieter Hundt hat sich nicht zu seiner Zukunft bei dem Verein geäußert. Aber sein Stellvertreter, der Daimler-Manager Joachim Schmidt, wird immer wichtiger.

Stuttgart - Es ist ein langer Arbeitstag in der Mercedesstraße 109 in 70372 Stuttgart gewesen, wo sich die VfB-Geschäftsstelle befindet. Zuerst tagte am Dienstag um 13 Uhr die Findungskommission des Clubs, um 15 Uhr folgte der Aufsichtsrat mit dem Vorstand, den Abschluss bildete eine Besprechung des Ehrenrats. Überall ging es um die Frage, wer auf der Mitgliederversammlung am 22. Juli als neuer Präsident und damit als Nachfolger des ausgeschiedenen Gerd Mäuser vorgeschlagen werden soll. Eine Antwort gab es jedoch auch nach dem viereinhalb Stunden langen Sitzungsmarathon nicht.

 

Als Folge gerät Dieter Hundt (74) immer stärker unter Druck, denn seine Aufgabe als Aufsichtsratschef ist es, den Mitgliedern einen Kandidaten zu präsentieren. Es scheint jedoch nach wie vor keiner in Sicht, der für Hundt in den Ring steigen würde. Alle möglichen Bewerber, mit denen zum Teil bereits konstruktive Vorgespräche geführt wurden, scheuen das Risiko, weil jeder weiß, dass Hundt bei vielen Fans ein rotes Tuch ist. Entsprechend groß ist die Gefahr, dass ein Mann aus seinem Dunstkreis am 22. Juli durchfällt.

Hundt wurder der Rücktritt nahegelegt

Diese Zeichen hat auch Hundt erkannt, zumal ihm bereits von verschiedenen Seiten beim VfB ein Rücktritt nahegelegt worden ist. Viele sehen darin die einzige Lösung, denn mit Hundt droht auf der Mitgliederversammlung ein Chaos – worüber am Dienstag auch debattiert worden ist. So sind für den 22. Juli in der Mercedesstraße 109 bereits zwei Anträge auf sofortige Abwahl des Aufsichtsratschefs eingegangen. Dafür wäre laut Satzung eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen nötig.

Trotz der angespannten Lage hat Hundt sich am Dienstag nicht zu seiner Zukunft geäußert. Dabei wird die Zeit für ihn knapp. Bis zum 22. Juli sind es nur noch gut fünf Wochen. Hundt muss auf ein Wunder hoffen, damit er noch einen halbwegs passablen Präsidentschaftskandidaten ins Rennen schicken kann. Dabei gibt es Namen, die gehandelt werden – neben dem früheren Hamburger Vorstandschef Bernd Hoffmann etwa auch Andreas Renner. Der ehemalige baden-württembergische Sozialminister wurde in den Gesprächen der Vereinsführung am Rande des DFB-Pokalfinales zwischen dem VfB und dem FC Bayern (2:3) immer wieder genannt.

Ein interner Plan

Es existiert aber auch ein interner Plan, der von vielen beim VfB bei einem Rückzug von Hundt favorisiert würde. Nach StZ-Informationen hat der stellvertretende Aufsichtsratschef Joachim Schmidt signalisiert, zumindest für den Notfall als Präsident zur Verfügung zu stehen – dann, wenn sich kein anderer überzeugender Kandidat herauskristallisieren sollte. Dafür würde er in Kauf nehmen, dass er seinen Job als Daimler-Manager aufgeben muss. Schmidt selbst war für eine Stellungnahme am Dienstag nicht zu erreichen. Er stand schon vor zwei Jahren ganz oben auf der Kandidatenliste. Nur weil ihm der Daimler-Boss Dieter Zetsche damals die Freigabe verweigerte, kam Mäuser zum Zug. Jetzt wäre Schmidt wieder bereit, in die erste Reihe aufzurücken – ob als Präsident oder gegebenenfalls als Aufsichtsratschef.

So oder so würde das dem VfB neue Perspektiven bieten, die im Zusammenhang mit der mittelfristig angedachten Strukturreform zum Tragen kommen könnten. Um frische Geldquellen anzuzapfen, soll die Profiabteilung nach dem Vorbild anderer erfolgreicher Clubs wie Borussia Dortmund oder dem FC Bayern aus dem Gesamtverein ausgegliedert werden. Das wäre die Basis für strategische Partnerschaften mit Unternehmen – mit Mercedes-Benz als einem der allerersten Ansprechpartner. Mit Schmidt wären die Wege kurz, aber einfach würde die Umsetzung dennoch nicht. Deshalb dürfte es in der Mercedesstraße 109 noch weitere lange Arbeitstage geben.