Filip Kostic hat zuletzt starke Leistungen gezeigt. Das hilft dem VfB Stuttgart – und es hilft auch ihm selbst. Denn der Stürmer aus Serbien will gerne zu einem größeren Club wechseln. Die Frage ist: wann und wohin?

Stuttgart - Am späten Nachmittag jenes denkwürdigen 23. Mai 2015 saß der Fußballtrainer André Breitenreiter mit versteinerter Miene im völlig überfüllten Presseraum des SC Paderborn. Seine Mannschaft war gerade aus der Bundesliga abgestiegen, während sich der VfB Stuttgart durch den 2:1-Sieg in Ostwestfalen auf wundersame Weise gerettet hatte. Über die Ungerechtigkeit der Fußballwelt sprach Breitenreiter nun, über die bescheidenen finanziellen Möglichkeiten der kleinen Clubs – und überraschenderweise auch ungefragt über einen Spieler des Gegners: Filip Kostic, sagte er, sei „der mit Abstand beste Spieler, der in der gesamten Saison hier aufgetreten ist“. Besser als Robben also, besser als Reus und all die anderen großen Bundesligastars.

 

Anders als dem SC Paderborn ist André Breitenreiter der Abstieg erspart geblieben. Er ist sogar zu einem Großclub aufgestiegen. Bei Schalke 04 sitzt der 42-Jährige seit Saisonbeginn auf der Bank – und muss am Sonntag erneut ein Mittel gegen jenen Linksaußen finden, den er so großartig findet. Womöglich hat der Trainer seinem brasilianischen Verteidiger Junior Caicara, der auf Schalke die rechte Abwehrseite verantwortet, zur Einstimmung ja die Ausschnitte aus Paderborn gezeigt, vom letzten Spieltag der Vorsaison. Denn Filip Kostic (23) ist wieder in so bestechender Form wie einst im Mai.

Gegen Hertha gehörte Kostic zu den besten Spielern

Der Aufschwung des VfB, der als selbstbewusster Seriensieger nach Schalke reist, hat viele Gründe: den neuen Trainer Jürgen Kramny natürlich, die neue Taktik, den neuen Teamgeist. Gewiss hat er aber auch damit zu tun, dass Filip Kostic nach den Monaten des großen Frusts seinen Spaß am Fußball und dem VfB zurückgefunden hat. Beim 2:0-Sieg vor einer Woche gegen Hertha BSC, als er den zweiten Treffer erzielte, gehörte der Serbe zu den überragenden Spielern, ausgestattet mit allen Freiheiten.

Spätestens seit Beginn der Rückrunde ist Kostic wieder der Alte, nachdem er in der Vorrunde sehr gelitten hat. Unter dem Abschied seines Freundes und ersten Ansprechpartners Vedad Ibisevic; unter dem Spielsystem des Trainers Alexander Zorniger, der ihn vom Flügel mehr ins Zentrum beordern wollte; und nicht zuletzt auch unter dem Veto des Managers Robin Dutt, den VfB im August verlassen zu dürfen.

Im Sommer wäre der Serbe gerne zu Schalke gewechselt

20 Millionen Euro hatte Schalke geboten – auch auf Betreiben von André Breitenreiter, wie man annehmen darf. Liebend gerne wäre Kostic trotz seines bis 2019 laufenden Vertrags wieder gegangen. Mit einem Jahresgehalt von 750 000 Euro gehörte er beim VfB zu den Kleinverdienern und fühlte sich stark unterbezahlt.

Als Belohnung für die starken Leistungen sind seine Bezüge beim VfB zuletzt verdoppelt worden. Es mag ein Grund für den Formanstieg sein – ein anderer liegt darin, dass Kostic genau weiß, dass Spieler seiner Kategorie noch viel reicher werden können. Und als Vollprofi, der zwar ein Mannschaftssportler ist, aber auch konsequent seine Eigeninteressen verfolgt, weiß er auch: jedes Tor verschafft ihm einen besseren Platz im Schaufenster des internationalen Transfermarkts; jedes gute Spiel bringt ihm seinem Ziel näher, bei einem ganz großen Club zu landen und einen ganz dicken Vertrag zu bekommen. „Er ist ein Topspieler auf einem Topweg. Er hat Dynamik, Tempo und ein richtiges Brett beim Torabschluss“, sagt Jürgen Kramny und klingt ähnlich begeistert wie sein Schalker Kollege Breitenreiter.

Der VfB ist eine Zwischenstation auf dem Weg nach oben

Filip Kostic gehört wieder zu den am heißesten gehandelten Bundesligaprofis – nicht nur bei den Königsblauen. Im Winter hat der VfB noch einmal die Angebote abgelehnt, es gab zwei aus der Bundesliga und eines aus Italien. Im nächsten Sommer aber, das wissen sie in Stuttgart, dürfte es schwierig werden, dem Kraftpaket einen erneuten Wechselwunsch abzuschlagen. Sie nehmen ihm nicht übel, dass er den VfB als Zwischenstation betrachtet.

Das sei Teil der Abmachung, sagte neulich Robin Dutt im StZ-Interview: Über den VfB sollen sich ambitionierte junge Spieler für höhere Aufgaben empfehlen können. Daher dürften sie dann auch nicht dauerhaft zum Bleiben gezwungen werden, wenn sich diese Möglichkeit auftue. Anders als bei Daniel Didavi, dessen Vertrag ausläuft, winkt in Kostic’ Fall immerhin ein Transfererlös, der nicht unter 20 Millionen Euro liegen dürfte.

Die Regularien erlauben keinen Wechsel nach England

Deutlich mehr könnte ein Transfer nach England bringen, das große Ziel des Serben, der neuerdings von seinem Onkel beraten wird. Noch allerdings verbieten die Premier-League-Regularien einen Wechsel auf die Insel, da Nicht-EU-Ausländer nur dann eine Arbeitserlaubnis bekommen, wenn sie in den letzten zwei Jahren mindestens 70 Prozent der A-Länderspiele bestritten haben. Kostic hat jedoch erst im Juni debütiert und bringt es auf fünf Einsätze. Ein Wechsel nach England wird im Sommer ohne Ausnahmegenehmigung also nicht möglich sein.

Bleiben Italien oder ein Transfer innerhalb der Bundesliga. Dortmund und Wolfsburg sollen Interesse haben, genau wie Schalke. Dem VfB bleibt immerhin die Resthoffnung, dass eine Fortsetzung der Siegesserie die eigenen Argumente verbessert. Ein weiterer Erfolg am Sonntag – und die Stuttgarter hätten nur noch drei Punkte weniger als Schalke.