Die schweren Regenfälle und Überschwemmungen haben in Griechnland auch zum einem Verkehrschaos geführt. Die wichtigste Autobahnverbindung des Landes zwischen Athen und Thessaloniki musste gesperrt werden. Ein Überblick über die aktuelle Lage, die immensen Flutschäden und die Wetteraussichten.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die Hochwassersituation in den von Starkregen betroffenen Gegenden Mittelgriechenlands verschärft sich weiter. In der Region Thessalien regnet es weiterhin. Das Wasser habe das Land in zwei geteilt, berichten griechische Medien. So ist seit Dienstagabend die wichtigste Autobahn des Landes zwischen Athen und Thessaloniki auf einer Strecke von 200 Kilometern gesperrt. Auch die Bahn hat die Zugfahrten zwischen den beiden Städten eingestellt. 

 

Wie ist die aktuelle Lage?

  • Die große Tiefebene in der Region Thessalien, die „Kornkammer“ Griechenlands, steht unter Wasser. Die Infrastruktur ist schwer getroffen: In zahlreichen Dörfern und großen Teilen der Städte Volos, Larisa und Karditsa gibt es keinen Strom und kein Wasser, wie Reporter am Donnerstagmorgen berichteten.
  • "Thessaliens Flachland ist ein riesiger See", sagt Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios dem Sender ERTnews. Vielerorts stehe das Wasser höher als zwei Meter. Mittlerweile sei auch das Militär mit Schlauchbooten im Einsatz. In der gesamten Region Thessalien leben rund 700 000 Menschen - so gut wie alle seien von der Flut betroffen. "Wir hatten binnen 36 Stunden gut 5000 Notrufe, so etwas gab es noch nie", so Artopoios.
  • Die Hafenstadt Volos ist von der Umwelt fast völlig abgeschnitten. Zufahrtsstraßen sind zerstört oder überflutet, auch der Fährverkehr wurde eingestellt. Auch geht das Trinkwasser in Supermärkten zur Neige, Strom und damit Wasserversorgung gibt es seit Tagen nicht.

Inwiefern ist die Bevölkerung betroffen?

  • In den überfluteten Gebieten herrscht Chaos. Immer wieder müssen Menschen gerettet werden, die vom Wasser eingeschlossen sind.
  • Die Feuerwehr rät jenen, die in ihren Häusern festsitzen, sich in den oberen Stockwerken aufzuhalten. „Wir haben Verstärkung aus allen anderen Regionen Griechenlands geholt.“
  • Auch der Verkehr lag lahm, vor allem in der Region Thessalien in Mittelgriechenland. Dort untersagte der Zivilschutz den Bürgern vielerorts, das Auto zu nehmen, und warnte davor, überhaupt auf die Straße zu gehen. Zum einen waren viele Straßen und Bäche überflutet, zum anderen blockieren Privatautos dann die wichtigsten Verkehrsverbindungen für die Rettungsdienste. Außerdem gefährdeten die Menschen sich selbst, weil immer wieder Autos von den Wassermassen mitgerissen wurden.

Wie groß sind die Schäden bei der Infrastruktur?

  • Bis zum Donnerstagabend sollen die Regenfälle aufhören. Dann dürften die gewaltigen Schäden erstmals komplett sichtbar werden, die die schweren Unwetter verursacht haben.
  • Die Bürgermeister der betroffenen Gegenden berichten von eingebrochenen Straßen und Brücken, von gekappten Stromverbindungen, aber auch zerstörten Häusern und Unternehmen. Die Schäden dürften in die Milliarden gehen. Nach offiziellen Angaben sind bei den Unwettern bislang drei Menschen ums Leben gekommen.
  • In Thessalien herrscht unter anderem in der Hafenstadt Volos wortwörtlich Land unter. „Wir können die Strom- und Wasserversorgung nicht wieder herstellen“, sagt Bürgermeister Achilleas Mpeos . „Die Transformatoren stehen unter Wasser, es ist gefährlich, überhaupt zu versuchen, dort heranzukommen.“ Ohne Strom gebe es jedoch kein Wasser, auch die Kläranlagen funktionierten nicht, so der Bürgermeister.
Diese Getreidesilos bei Larissa sidn von den Wassermassen umspült. Foto: AP/Vaggelis Kousioras/dpa
Ein Auto ist in Milina nach einem Rekordregen halb im Meer versunken. Foto: AP/Thodoris Nikolaou/dpa
Ein Bulldozer versucht in Milina nach einem Rekordregen ein beschädigtes Auto aus dem Schlamm zu ziehen. Foto: AP/Thodoris Nikolaou/dpa
Larissa: Hochwasser und Schlamm bedecken das Land nach dem Rekordregen in der Region Thessalien. Foto: AP/Vaggelis Kousioras/dpa
Horto: Ein Haus steht schräg im Hochwasser, nach starken Regenfällen Foto: AP/Thodoris Nikolaou/dpa

Betreffen die Probleme auch Touristen?

  • Ja. So lag die Fähre „Superstar“ mit 400 Passagieren, darunter vielen Touristen, bereits seit Dienstagabend (5. September) wenige Seemeilen vor der Hafenstadt Volos im Meer, ohne dort anlegen zu können. Am Mittwochnachmittag fuhr sie dann in den weiter südlich gelegenen Hafen Agios Konstantinos.
  • Zuvor hatte die Hafenpolizei von Volos das Anlegen untersagt, weil die Verkehrssituation in der Stadt so schwierig sei. „Es ist unmöglich, die Straßen zu räumen“, erklärte Bürgermeister Mpeos. „Gerade hört es für ein paar Minuten auf zu regnen und wir gehen mit schwerem Gerät rein, dann fängt es sofort wieder an.“
  • Der Flughafen der Insel Skiathos blieb am Mittwoch stark beeinträchtigt. Dort mussten laut Sprecher Savvas Karagiannis mehrere Hundert Menschen übernachten. Er wisse nicht, wann der Flughafen wieder vollständig den Betrieb aufnehmen werde. „Es sind unglaubliche Wassermengen runtergekommen, die Zufahrtsstraßen sind gesperrt.“

Bilder aus den Flutgebieten

In zahlreichen Dörfern und großen Teilen der Städte Volos, Larisa und Karditsa gibt es keinen Strom und kein Wasser. Foto: AP/Vaggelis Kousioras/dpa
Die große Tiefebene in der Region Thessalien, die «Kornkammer» Griechenlands, steht unter Wasser. Die Infrastruktur ist schwer getroffen. Foto: AP/Vaggelis Kousioras/dpa
Kala Nera: Feuerwehrleute verwenden Seile, um einen Nierenpatienten auf einer Trage über eine durch einen Regensturm beschädigte Straße zu heben. Foto: AP/Thodoris Nikolaou/dpa
Nea Lefki: Hochwasser und Schlamm bedecken den Boden nach einem Rekordregen. Foto: AP/Vaggelis Kousioras/dpa
Ein Mann versucht nach einem Rekordregen in Milina Schlamm von einer Straße zu entfernen. Foto: AP/Thodoris Nikolaou

Was sagen die Meteorologen?

Die Regenwassermengen, die bislang über der Region Thessalien niedergingen, seien die größten, die jemals im Land gefallen seien, seit diese Daten erhoben würden, teilt die Wetterbehörde EMY mit. Rekordhalter war nun die Ortschaft Zagora, wo allein am Dienstag von Mitternacht bis 20.45 Uhr 754 Liter Regen je Quadratmeter.

„Was in (der Region) Magnisia passiert, ist ein äußerst extremes Phänomen, sowohl was die Menge und Intensität der Niederschläge als auch ihre Dauer angeht“, berichtet Chefmeteorologe Kostas Lagouvardos. Der Wetterforscher vermutet, dass die aktuell relativ hohen Temperaturen des Meeres dazu beigetragen haben könnten. „Es handelt sich um ein statisches System, das ständig mit feuchter Meeresluft versorgt wird, wodurch es dauernd an derselben Stelle regnet.“