Nicht nur Spielwarenhersteller, auch Händler sind unter Druck. Drogeriemärkte springen in die Bresche, weil immer mehr Spielwarengeschäfte dicht machen. Was die Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof bedeutet, verrät Branchenexperte Ulrich Brobeil.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Immer mehr Spielwarengeschäfte und Kaufhäuser machen dicht, und mit der Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof dürften womöglich noch weitere Flächen für den Spielwarenhandel verloren gehen – und damit auch für Kunden, die lieber vor Ort nach Brettspielen, Plüschtieren, Baukästen, Spielesets & Co. suchen.

 

Die Branche spricht von sogenannten Touchpoints, wenn Verbraucher direkt mit dem Produkt in Berührung kommen. „Mit den Spielwarenabteilungen bot Galeria einen wichtigen Touchpoint für Spielwaren in zentraler Innenstadtlage“, sagt Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes der Spielwarenindustrie im Gespräch mit unserer Zeitung. Dass weitere solcher Punkte wegfielen schmerze, passe aber ins Gesamtbild der Entwicklung von Innenstädten. „Die dritte Insolvenz ist ist also gewissermaßen nur der Tropfen auf den heißen Stein.“

Müller – der Spielwarenfachhändler von heute?

Es werde immer schwieriger Spielwarengeschäfte in zentralen 1A-Lagen wirtschaftlich zu betreiben. Das liegt laut Brobeil nicht nur an den Margen, sondern auch an explodierenden Mieten, Löhnen und Energiekosten. Handelskonzerne oder Drogerieriesen wie etwa Müller springen in die Bresche und auch der Onlinehandel gewinnt immer mehr Anteile am gesamten Spielwarenmarkt. Diese Umsätze würden nicht in die stationären Geschäfte zurückkehren, denn man habe es mit einem Strukturwandel zu tun. „Und vielleicht müssen wir akzeptieren, dass Müller der Spielwarenfachhändler von heute ist“, sagt Brobeil. Bei dem Ulmer Drogerieriesen, der keine Auskünfte zum Spielwarenumsatz gibt, sind die mittlerweile der drittgrößte Umsatzbringer nach Drogerieartikeln und Parfümerie.

Zuversichtlich stimmt Brobeil, dass Filialist Rofu neue Flächen sucht, und dass 18 der 19 Standorte nach der Insolvenz von Mytoys von den Brüdern Christian und Daniel Krömer übernommen und unter Toysino weitergeführt werden. Die beiden haben Erfahrung im Spielwarenhandel und sind auch Geschäftsführer von Spielwaren Krömer mit 19 Fachgeschäften in Bayern. Kleine Geschäfte haben das Nachsehen.

Eigentlich ist die Spielwarenbranche ziemlich krisenresistent, denn gespielt wird immer. Doch die weltweiten Krisen, die nachlassende Konjunktur und verunsicherte Verbraucher hinterlassen Spuren – nicht nur im Handel auch bei den Herstellern. Firmen wie Hasbro und Playmobil bauen Jobs ab, Haba ist mitten in der Insolvenz.

Die Probleme dieser Hersteller ließen sich nicht auf die gesamte Spielwarenbranche übertragen, sagt Brobeil. Nach dem Boom der Pandemie-Jahre befinde sich die Branche seit 2022 in einer Normalisierungsphase. Einer Umfrage des Handelsverbands Spielwaren (BVS) zufolge, haben die Deutschen 2023 weniger für Spielzeug ausgegeben, was ein Umsatzminus von 4,7 auf 4,5 Milliarden Euro für die Branche bedeutet.

2024 wird für die Branche herausfordernd

2023 war nach Angaben von Experte Brobeil wieder stark geprägt von Firmenkonjunkturen, bei denen das Segment Spiele & Puzzle wieder zu den Gewinnern gehörte. Allein der Spiele-Markt wuchs um drei Prozent, was in schwierigem Umfeld beachtlich sei. Einige Unternehmen könnten auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Für die Branche dürfte 2024 dennoch herausfordernd werden, sagt er.

Sorgen bereitet ihm auch die Entwicklung im Roten Meer, die bereits zu Störungen in einigen Lieferketten gesorgt habe. Die Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz auf Containerschiffe wirkt sich auf den Welthandel aus, weil dort wichtige Routen zwischen Afrika und Asien sowie über den Suezkanal im Norden des Roten Meeres von und nach Europa verlaufen.

Branchentreff in Nürnberg – Erwachsene im Fokus

Spielwarenmesse
Auf der weltgrößten Spielwarenmesse (30.1 bis 3. 2. 2024) in Nürnberg präsentieren fast 2400 Aussteller aus 68 Ländern ihre Neuheiten. Schwerpunkte liegen unter anderem auf nachhaltigem Spielzeug und Lizenzen.

Trend
Dieses Jahr stehen auch Erwachsene im Fokus – eine wichtige und kaufkräftige Gruppe. Experten sprechen von Kidults – einer Wortschöpfung aus kid (Kind) und adults (Erwachsene). Hersteller stellen sich mit entsprechenden Produkten darauf ein. Allein in den USA, auf dem weltweit größten Spielzeugmarkt, machen die Kidults laut Messevorstand Christian Ulrich 25 Prozent des Gesamtumsatzes jährlich aus. Produkte
Retro-Actionfiguren, Comics in Sammelbänden, Modellfahrzeuge oder etwa aufwendige Bausätze zielen auf die Spiellust von Erwachsenen ab, bei der Sammelleidenschaft und Nostalgie eine große Rolle spielen. Beliebt sind aber auch Brett- und Strategiespiele, Puzzles und Sammelkarten.