In der Weihnachtszeit kommen immer viele Ehemalige ins Juze Backnang, das älteste selbstverwaltete Jugendzentrum Deutschlands. Einer von ihnen ist Daniel Mouratidis, heute stellvertretender Regierungssprecher in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt. Er hatte die Idee, das diesmal möglichst viele Bier aus ihrer neuen Heimat mitbringen sollten ins Juze.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Ein Besucher des Juze in der Mühlstraße in Backnang wird mit einem Taxi vorgefahren. Eigentlich ziemlich ungewöhnlich für eines der ältesten selbstverwalteten Jugendzentren in Deutschland. So etwas passiert eigentlich nie – außer in der Weihnachtszeit.

 

Alle Jahre wieder treffen sich um den 24. Dezember herum viele Ehemalige, die einst Stammgäste waren im Juze. Einer von ihnen ist Daniel Mouratidis, er war fast zehn Jahre lang Vorstandsmitglied des Trägervereins. Lange her. Seit ein paar Monaten ist der ehemalige Landesvorsitzende der Grünen stellvertretender Regierungssprecher in der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt, er arbeitet in Magdeburg.

Mouratidis hatte für das Treffen im Juze die Idee, dass diesmal möglichst viele Bier mitbringen, zum Beispiel aus ihrer neuen Heimat. Er selbst sagt, er habe ein paar Flaschen „lecker Magdebier“ im Gepäck.

Bier aus Düsseldorf und aus Dortmund

Andere schleppen Gerstensaft zum Beispiel aus Düsseldorf an, aus Dortmund und aus vielen anderen Ecken der Republik. Zu vorgerückter Stunde steht dann auch Bier aus Japan und aus Malta auf dem Tresen. Das Bier solle dem Juze gestiftet werden, die Einnahmen dem Verein zukommen, erklärt Mouratidis am Abend.

Aber der Typ hinter dem Tresen gibt pro Flasche einen Gutscheinbon aus, jeder bekommt also im Tausch für sein Bier ein Juze-Bier aus Gaildorf. Das, sagt der Initiator der Aktion, sollte im nächsten Jahr anders laufen. Die Bier-Mitbring-Aktion solle aber unbedingt wiederholt werden.

Außer reichlich Bier haben die Besucher auch viele Anekdoten von früher im Gepäck. Das Juze ist halt schon 45 Jahre alt. Viele der Ehemaligen sind jünger als das Jugendzentrum, einige Herrschaften indes ganz offenkundig älter. Einer erzählt, er sei genauso alt wie das Juze, er hat eine Flasche Dinkelacker dabei und sagt grinsend: Er wohne halt immer noch im Ländle.

Im Juze mitunter mehr gelernt als in der Schule

Stefan Schilke packt zig Flaschen fränkisches Bier aus. Nein, er lebe nicht in Franken, sagt der einstige Vorsitzende, aber die Biere von dort seien seine liebsten Getränke. Die weiteste Anreise hatte Yvonne Höckh, sie lebt seit fünf Jahren in Kanada. Von Daniels Bier-Aktion habe sie leider einen Tag zu spät gehört, andernfalls hätte sie ein paar Fläschchen mitgebracht.

Wer mit den Gästen im Jugendzentrum ein bisschen plaudert, der bekommt von fast jedem sinngemäß zu hören: Das Juze sei immer noch die zweite Heimat. Im Juze hätten sie mitunter mehr fürs Leben gelernt als in der Schule, zum Beispiel Verantwortung zu übernehmen.

Als es auf Mitternacht zugeht, feiern die Damen und Herren immer noch, so wie einst. Die Musik ist laut, und einer macht sogar Stagediving. Vermutlich wird irgendwann in der Nacht noch mal ein Taxi vorfahren – Weihnachtszeit im Juze halt.