2017 hatten Astronomen mit Hilfe eines weltweiten Netzwerks von Teleskopen – dem Event Horizon Telescope – tagelang ins All gespäht, um ein Schwarzes Loch aufzunehmen. Seitdem haben sie die gewaltige Datenmenge zusammengesetzt. Jetzt stellen sie ihre „bahnbrechende Entdeckung“ vor.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Paris - In Science-Fiction-Filmen wie „Interstellar“ (2014), „Event Horizon – Am Rande des Universums“ (1997) oder „Das Schwarze Loch“ (1979) kann man die mysteriösen kosmischen Phänomene bestaunen. In der Wirklichkeit aber warten Astronomen auf der ganzen Welt sehnlichst darauf – auf das erste Bild von einem echten Schwarzen Loch.

 

Es wäre eine Premiere, denn Fotos von Schwarzen Löchern gibt es bisher nicht. Diese absolut schwarzen Stellen, die noch schwärzer als das All selbst sind, verschlingen alles. Die aus ihrer Gravitation resultierende Anziehungskraft ist so stark, dass selbst elektromagnetische Wellen ihnen nicht entkommen. Kein Licht, kein Bild. Oder vielleicht doch?

Ergebnisse des Event Horizon Teleskops

Gleich sechs „große Pressekonferenzen“ weltweit sind für diesen Mittwoch (10. April) angekündigt, um erstmals Datenmaterial des Projekts Event Horizon Telescope (EHT – Ereignishorizont-Teleskops) zu präsentieren. Das EHT soll erstmals das Unsichtbare sichtbar machen.

Beim Event Horizon Teleskop handelt es sich um einen Verbund aus acht riesigen Radioteleskopen, die über den Globus verteilt sind – Hawaii, Arizona, Spanien, Mexiko, Chile und am Südpol. Auch das deutsche Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn ist an dem Mega-Projekt beteiligt.

Ereignishorizont – das Umfeld des Massemonsters

Das, was Schwarze Löcher umhüllt, nennen Wissenschaftler den Ereignishorizont. Und dieser wiederum lässt sich beobachten. Der Kniff ist: Das Massemonster nicht selbst ins Visier zu nehmen, sondern sein Umfeld.

„Der Ereignishorizont ist keine physische Barriere, man kann sich nicht in ihm aufhalten“, erklärt der Astrophysiker Paul McNamara von der Europäischen Raumfahrtagentur Esa. „Ist man im Inneren, kann man nicht entkommen, weil es unendlicher Energie bedarf. Und wenn man auf der anderen Seite ist, kann man das – im Prinzip.“

Einstein und die Schwarzen Löcher

Beim EHT-Projekt geht es um nichts weniger als die Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie Albert Einsteins. Im Jahr 1915 stellte der Physiker erstmals die Theorie auf, dass es im Universum Orte der absoluten und unvorstellbaren Extreme geben könnte, die alles anziehen und kein Licht nach außen lassen.

1939 konnte der amerikanische Physiker Julius Robert Oppenheimer belegen, dass die Existenz von Schwarzen Löchern physikalisch nicht nur wahrscheinlich, sondern unvermeidlich ist.

Allesfresser im Weltall

Schwarze Löcher sind die schwärzesten Körper, die wir kennen. In ihnen soll sich ein Großteil der dunklen Materie verbergen. Diese seltsame Materieform leuchtet nicht, sie absorbiert auch kein Licht. Mit normaler Materie tritt sie praktisch nur über ihre Schwerkraft in Wechselwirkung, über die dieser überwiegende Teil der Galaxis bemerkbar wird.

Indirekte Methoden belegten zweifelsfrei die Existenz der kosmischen „Allesfresser“. „Vor mehr als 50 Jahren sahen Wissenschaftler, dass da etwas sehr Helles im Zentrum unserer Galaxie war“, erläutert McNamara. Dieses Etwas hatte genug Gravitationskraft, um Sterne „sehr schnell“ um sich herum kreisen zu lassen.

Heller Ring um schwarzen Kreis

Ein halbes Jahrhundert ist es her, dass der Begriff Schwarzes Loch allgemein eingeführt wurde. Der amerikanische Physiker John Archibald Wheeler suchte 1967 bei einer Konferenz ein Ersatzwort für den englischen Zungenbrecher „Gravitationally completely collapsed object“. Kurzerhand nahm er den Vorschlag eines Zuhörers auf, der solche Phänomene „Black whole“ nannte.

Wie sie sich das eigentlich Unsichtbare vorstellen müssen, wissen Forscher inzwischen sehr genau: als einen grellen hellen Ring rund um einen schwarzen Kreis. Der Ring stellt Gas und Staub dar, die von dem schwarzen Loch extrem beschleunigt und schließlich verschlungen werden.

Orte kosmischer Extreme

Schwarze Löcher sind Orte kosmischer Extreme. Die Materie ist in ihnen so stark zusammengepresst, dass nichts ihrer enorm hohen Anziehungskraft entkommt. Die Fluchtgeschwindigkeit im Inneren eines schwarzen Lochs liegt über der Lichtgeschwindigkeit. Daher dringt nicht einmal das Licht selbst nach außen. Schwarze Löcher sind also quasi unsichtbar.

Wie lassen sich Schwarze Löcher dann beobachten? Zwar sind sie selbst unsichtbar, verraten sich jedoch über die Materie, die sie verschlucken. Wegen der extrem starken Schwerebeschleunigung heizt sich Materie, die in ein Schwarzes Loch fällt, auf Millionen Grad Celsius auf und gibt Energie als Röntgenstrahlung ab. Dieses charakteristische Leuchten können dann Röntgenteleskope registrieren.