Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Martin Körner, hinterfragt die Erfolgsmeldungen aus dem Stuttgarter Rathaus in Sachen Wohnungsbau. Er macht seine eigene Rechnung auf – und fordert Änderungen am bestehenden Konzept.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Frage, wie dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt begegnet werden kann, rückt in Zeiten des Kommunalwahlkampfes noch stärker in den Fokus als ohnehin schon. Die SPD hat die Lage am Wohnungsmarkt verbunden mit einem Vorwurf an die Adresse von OB Fritz Kuhn (Grüne) nicht nur auf einem ihrer Wahlplakate thematisiert. Die Rathaus-Genossen melden nun auch Zweifel an den Zahlen an, die die Stadt im Zusammenhang mit dem sogenannten Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) nennt. Mit diesem Instrument will die Stadt eigentlich sicherstellen, dass bei größeren Neubauvorhaben stets auch ein festgeschriebener Anteil an geförderten und damit erschwinglichen Mietwohnungen entsteht. SIM sichere „dauerhaft Kontingente für den Wohnungsbau und schafft familiengerechten und zugleich preiswerten Wohnraum“, so zumindest die Sichtweise der Stadtverwaltung, die sie auf ihrer Webseite nach wie vor vertritt.

 

Was gehört in die Statistik der geförderten Wohnungen?

Ein Bericht der Stuttgarter Zeitung hat Martin Körner, Fraktions-Chef der SPD im Gemeinderat zum Nachrechnen animiert. Unsere Zeitung hatte darin Zahlen publiziert, die ein Rathaussprecher auf Anfrage zum Thema SIM genannt hatte. Demnach seien seit Inkrafttreten des Modells bis zum Herbst des vergangenen Jahres 2223 geförderte Wohnungen entstanden. Für Körner ist klar, dass die Stadt in diese Zahl Projekte reinrechnet, die nach seiner Ansicht dort nichts zu suchen haben. Der SPD-Mann stützt sich in dieser Einschätzung auf eine detaillierte Aufstellung, die er auf Nachfrage von der Stadt erhalten hat. Darin hat er zahlreiche Vorhaben gefunden, die die Stadt SIM zurechnet, aber nach Körners Lesart Projekte auf städtischen Flächen sind. SIM hingegen verpflichtet Bauherren auf nicht-städtischen Flächen zum Schaffen geförderter Wohnflächen. Die 110 Wohnungen auf dem Olga-Areal will Körner ebenso wenig SIM zuschreiben lassen wie die 400 Einheiten in den ersten beiden Bauabschnitten im Neckarpark oder jene 75, die auf städtischem Gelände im Rahmen der Bebauung des Schoch-Areals in Feuerbach entstehen sollen.

Ausgehend von den Zahlen, die die Stadt gegenüber der Stuttgarter Zeitung genannt hat, macht Körner seine eigene Rechnung auf. „Im Ergebnis ist es so, dass es nach meinen Berechnungen nicht 53 SIM-Verfahren sind, sondern allenfalls 42.“ Statt der von der Stadt genannten 2223 geförderten Wohnungen seien „allenfalls 817“ entstanden. „Aus meiner Sicht zeigt das, dass wir relevante Größenordnungen bei preiswerten Mietwohnungen im Neubau nur mit ambitionierteren sozialen Mietvorgaben bei großen Grundstücken und am besten bei städtischen Grundstücken erreichen“, sagt Körner.

Neue Rahmenbedingungen gefordert

Die Rathaus-SPD will daher in die derzeit laufende Überarbeitung der SIM-Rahmenbedingungen nochmals eingreifen. So sollen etwa die Bindefristen der geförderten Wohnungen von 25 auf 30 Jahre erhöht werden. Zudem sollen die Quoten erhöht werden. Heute muss ein Fünftel der für Wohnen neu geschaffenen Geschossfläche der Wohnbauförderung zur Verfügung stehen. Bei großen Vorhaben, wie etwa dem EnBW-Projekt am Stöckach soll nur ein Fünftel der Wohnungen für 5000 Euro pro Quadratmeter verkauft werden dürfen. Damit die Stadt wieder verstärkt selbst in den Besitz von Grundstücken kommt, solle sie auf eine Rücklage in Höhe von 150 Millionen Euro zurückgreifen.