Wappnen für die kalte Jahreszeit: Als weiterer Schutz soll nun ein neuer, an aktuelle Virusvarianten angepasster Corona-Impfstoff in die Praxen kommen. Was kann das neue Vakzin? Und wie ist die generelle Corona-Lage vor dem Herbst?

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Mit der Ausgabe des an die aktuellen Virusvarianten angepassten Impfstoffs von Biontech soll am heutigen Montag (18. September) die Corona-Impfsaison starten. Erwartet werden für die Impfsaison in den kommenden Wochen insgesamt 14 Millionen Dosen des Biontech-Präparats, das an die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepasst ist. Hinzu kommen das angepasste Präparat des US-Herstellers Moderna, das erst am Freitag (15. September) für Europa zugelassen wurde, sowie ein angepasster Impfstoff des Herstellers Novavax.

 

Wie wird sich die Nachfrage nach dem neuen Impfstoff entwickeln?

Offen ist allerdings, wie sich die Nachfrage nach der Corona-Impfung entwickeln wird. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte zuletzt Auffrischimpfungen nur besonders gefährdeten Gruppen empfohlen, unter anderem Menschen ab 60 Jahren und Personen mit bestimmten Vorerkrankungen.

Die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg rechnet nicht mit einer großen Nachfrage nach den angepassten Präparaten. „Die neueste Virus-Variante scheint nach allem, was uns bekannt ist, keine anderen Verläufe erwarten zu lassen als bisher“, teilt der Verband mit.

Dennoch lässt sich das Ausmaß der Corona-Welle in Herbst und Winter kaum vorhersagen. Doch generell rechnen Fachleute wegen des Personalmangels und der saisonalen Infektionswellen mit anderen Erregern wie etwa Grippe oder Erkältungen mit einer starken Belastung des Gesundheitswesens.

Um was für einen neuen Impfstoff geht es?

Bis zum 2. Oktober 2023 werden alle Impfpräparate zur Verfügung stehen. Foto: Imago/Lobeca

Um ein nochmals weiterentwickeltes Präparat von Biontech/Pfizer. Der Impfstoff wurde angepasst an die Omikron-Sublinie XBB.1.5. Erreicht werden soll damit besserer Schutz vor aktuell kursierenden Varianten, vor allem vor schweren Corona-Verläufen und Krankenhausaufenthalten.

Am Montag (18. September) kommt zuerst das Präparat für Menschen ab 12 Jahren in die Praxen. Ab 25. September kann laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung der angepasste Impfstoff für Kleinkinder erstmals geliefert werden, ab 2. Oktober das Präparat für Kinder zwischen fünf und elf Jahren.

Wie viel neuen Impfstoff gibt es?

Für die Impfsaison 2023/24 sollen 14 Millionen Dosen des angepassten Biontech-Präparats zur Verfügung stehen. Ausgeliefert werden sollen sie laut Bundesgesundheitsministerium bis November. Kommen sollen 13,6 Millionen Dosen für Menschen ab zwölf Jahren, 300 000 Dosen für Kinder von fünf bis elf Jahren sowie 200 000 Dosen für Kleinkinder.

Wer sollte sich noch impfen lassen?

Die Stiko empfiehlt Auffrischungsimpfungen für Menschen ab 60 Jahren, mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten, Pflege- und Gesundheitspersonal sowie Angehörige von Risikopatienten. Foto: Imago/MIS

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat zuletzt Auffrischimpfungen nur bestimmten Gruppen empfohlen. Dazu gehören etwa Menschen ab 60 Jahren, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten, Pflege- und Gesundheitspersonal sowie Angehörige von Risikopatienten.

War man kürzlich infiziert, so bedeutet das in der Regel bereits eine Auffrischung der Immunität, eine extra Impfung ist dann nicht nötig. Laut Stiko sollen in der Regel mindestens zwölf Monate seit der letzten Impfung oder Infektion vergangen sein.

Wie laufen Impfungen jetzt ab?

Impfdosen mit Corona-Impfstoff. Foto: Imago/USA Today Network

Die Organisation der Corona-Impfungen war zu Ostern vom Krisenmodus in die reguläre Versorgung in den Praxen übergegangen. Rahmen für den Anspruch auf kostenlose Impfungen ist nun eine Richtlinie, die sich an den Stiko-Empfehlungen orientiert.

Laut einer Bundesverordnung sind Impfungen auf Kassenkosten aber auch darüber hinaus möglich, wenn eine Ärztin oder ein Arzt es für medizinisch erforderlich hält. Die Organisation wird dadurch komplizierter, dass der neue Impfstoff nicht als Einzeldosis kommt, sondern in Fläschchen mit sechs Dosen. Praxen müssen so oft erst genügend Impf-Interessenten dafür sammeln.

In Bundesländern, in denen die Vergütung für die Corona-Impfung noch nicht geregelt ist, bekommen Patientinnen und Patienten vorerst eine Privatrechnung. Diese können sie dann zur Erstattung bei der gesetzlichen Kasse einreichen. Das ist etwa in Hessen der Fall. Der Betrag, den Patientinnen und Patienten vorstrecken müssen, könnte nach Schätzung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen bei knapp 35 Euro liegen.

Kommt noch anderer angepasster Impfstoff?

Für die Impfsaison erwartet werden – vorbehaltlich einer Zulassung durch die EU-Kommission - auch 10,6 Millionen Dosen der an XBB.1.5. angepassten Impfstoffe des Herstellers Novavax. Sie sollen voraussichtlich im vierten Quartal 2023 zur Verfügung stehen.

Wie steht es gerade um das aktuelle Infektionsgeschehen?

Schriftzug mit der Corona-Mutation Pirola BA.2.86. Foto: Imago/Steinach

Die Zahl der offiziell im Labor bestätigten Corona-Infektionen nimmt seit einigen Wochen wieder deutlich zu. Zwischen Anfang August und der Woche bis 10. September haben sich die wöchentlichen Werte mehr als verdreifacht. Eine hohe Dunkelziffer von nicht per PCR-Test bestätigten Fällen ist anzunehmen, weil viel seltener auf Corona getestet wird als zu Hochzeiten der Pandemie.

Welche Corona-Variante ist gerade vorherrschend?

Corona-Variante Arcturus XBB.1.16 Foto: Imago/Christian Ohde
Corona-Subtyp Eris EG.5. Foto: Imago/Christian Ohde

In Deutschland zirkulieren derzeit verschiedene Varianten. Die Linien EG.5 Eris und XBB.1.16 (Arcturus) wurden in der Woche bis 3. September je mit einem Anteil von knapp 23 Prozent nachgewiesen, wie das RKI berichtet.

Auch die stark mutierte Variante BA.2.86 (Pirola) ist hierzulande angekommen. Mittlerweile werden allerdings nur noch wenige positive Proben auf Varianten untersucht.

Droht im Herbst und Winter eine heftigere Welle?

Das lässt sich schwer sagen. Es hängt auch davon ab, ob noch einmal eine Variante auftaucht, die das Immunsystem austricksen kann. Fachleute gehen bisher von einer breiten Grundimmunität durch Impfungen und Infektionen in Deutschland aus. Dennoch kann man sich anstecken. Erwartet wird aber, dass grundsätzlich gesunde Menschen in der Regel nicht mehr so schwer erkranken, dass sie ins Krankenhaus oder gar auf die Intensivstation müssen.

Info: Was ist das Besondere an „Pirola“?

Was ist die Covid-19-Mutation Pirola BA.2.86?
Die Corona-Variante BA.2.86, genannt Pirola tauchte im Juli erstmals in Dänemark auf. Bislang gibt es weltweit noch wenige bestätigte Fälle, unter anderem in der Schweiz, Südafrika, Israel, den USA und Großbritannien. Verglichen mit der derzeit dominierenden Mutante XBB.1.5 Eris EG.5 weist BA.2.86 Pirola über 30 Mutationen am Spike-Protein auf, mit dem das Virus in die menschlichen Zellen eindringt, berichtet der Spezialist für Corona-Varianten Richard Neher aus Basel. Bisher liegen laut Neger erst wenige Sequenzen vor, jedoch aus verschiedenen Ländern. Das deute auf eine bereits weite Verbreitung hin. Die hohe Anzahl ist also ungewöhnlich und bereitet den Experten zunehmend Sorgen.

Warum könnte „Pirola gefährlich werden?
Virologen befürchten, dass BA.2.86 Pirola den aufgebauten Immunschutz durch Impfung und/oder Infektion unterlaufen könnte. Zudem ist der neue Virus-Stamm weit verbreitet.

Welche Symptome treten bei Pirola auf?
Da noch zu wenige Daten über „Pirola“ vorliegen, gehen Experten davon aus, dass nach Infektion die klassischen Symptome vorherrschen, die bei allen Varianten des BA.2-Stammes auftreten können: Schnupfen mit laufender Nase, Kopfschmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit, hartnäckiger Husten mit trockenem Hals.