Der ehemalige Soundmixer Hubertus „Huptus“ Amann unterstützt Künstler in Zeiten von Corona nicht nur mit Geld. Er und sein Kollege Werner Vier Bayer haben ihr Tonstudio in Waiblingen für ein besonderes Bandprojekt zur Verfügung gestellt.
Waiblingen - Wo soll man bei dieser Geschichte nur anfangen? Vielleicht bei Huptus, auch wenn dem das gar nicht recht ist. Huptus heißt Hubertus Amann, aber alle nennen ihn Huptus. Huptus war Mixer und für den Sound beim „Rockpalast“ und der ARD-Show „Ohne Filter“ zuständig. Bei 3000 Konzerten saß er mit seinem Kumpel Werner Vier Bayer an den Reglern. Und zwar meist an jenen, die für den Klang auf der Bühne zuständig sind, nicht für die Beschallung des Publikums. Das ist nicht unwichtig, denn diese Mixer haben einen besonderen Draht zur Band.
Die Geschichten aus seinem Leben würden Bände füllen
Huptus ist heute 60, die Geschichten aus seinem Leben würden Bände füllen. Viele bekannte Namen kämen darin vor, Nina Hagen, Gitte Haenning, Chaka Khan, Eric Burdon, die Band Purple Schulz. In der Kurzform liest sich das so: Irgendwann in den 90er Jahren hat Huptus in Stuttgart eine IT-Firma gegründet, damit gutes Geld verdient – und deshalb kann er heute Dinge tun, die ihm eine Herzensangelegenheit sind: Er unterstützt Künstler. Aus dem Mund von Huptus klingt das so: „Ich bin kein besonders guter Mensch, aber ich habe Optionen.“
Die Nachbarn schauten skeptisch, als die Tonmeister anrückten
Eine dieser Optionen war, dass er mit seinem Kumpel Vier die Firma dropD gegründet und Mitten in einem Wohngebiet in Waiblingen-Neustadt für etliche hunderttausend Euro ein Tonstudio eingerichtet hat. Früher war in dem Gebäude eine Schreinerei, danach ein metallverarbeitender Betrieb. Die Nachbarn schauten skeptisch, als die beiden Tonmeister anrückten. Daraufhin ließen Huptus und Vier das Gebäude so abdichten, dass kein Ton nach außen dringen kann. Kunstsinnige Nachbarn können das bedauern, denn es sind nicht die schlechtesten Musiker, die ein- und ausgehen. Die Rikas aus Stuttgart haben hier schon eine CD eingespielt.
Mit einem Facebook-Kommentar fing alles an
Als das Coronavirus im Frühjahr den Konzertbetrieb in die Knie zwang, entdeckte Huptus auf Facebook einen Kommentar des Stuttgarter Gitarristen und Produzenten Armin Sabol, kein Unbekannter in der Branche. Sabol hat Peter Schillings Superhit „Major Tom“ mitproduziert und mit den Fantastischen Vier gearbeitet. In dem Kommentar bedankte sich der Musiker bei dem früheren StN-Kolumnisten Joe Bauer für die Unterstützung durch dessen Künstlersoforthilfe Stuttgart. „Da ist mir die Kinnlade runtergefallen“, sagt Huptus. „Und ich habe beschlossen, mir meinen Kontostand anzuschauen.“ Der war wohl so schlecht nicht. Seither gehört Huptus zu den großen Unterstützern der Privatinitiative, die in wenigen Monaten mehr als 300 000 Euro gesammelt und an Kulturschaffende ausgezahlt hat. Auch die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung haben der Initiative mit ihrer Corona-Soforthilfe unter die Arme gegriffen.
Huptus und Vier stellen ihr Tonstudio zur Verfügung
Huptus gibt nicht nur Geld, er und sein Kompagnon Vier geben auch hin und wieder etwas, das für manche Musiker fast unbezahlbar ist: Sie stellen kostenlos ihr Studio zur Verfügung. Etwa für ein Bandprojekt, das anfangs noch gar keinen Namen hatte, aber nun K2B heißt. Die Initialen weisen auf die musikalischen Köpfe hin, den Geiger Klaus Marquardt und die Sängerin Biggi Binder. Beide kennen sich von der erfolgreichen Schwäbischen Folk-Rock-Band Wendrsonn. Aber was sie hier einspielen, hört sich anders an, nicht nur weil Biggi Binder Englisch singt. Mit im Studio sind Instrumentalisten, die hierzulande zu den Großen ihres Fachs zählen: Paul Harriman am Bass, Wolf Simon an den Drums und der bereits erwähnte Armin Sabol an der Gitarre. Für fünf Songs geben Huptus und Vier ihr Studio frei. Am Mischpult sitzt der jüngste in der Runde, der Produzent, Mixer, Sänger und Multiinstrumentalist Mario Simic, 27.
Der Schlagzeugprofessor ist nur mit seinen Stöcken angereist
Dass der Essener Schlagzeuger und Musikprofessor Wolf Simon ohne Drums, sondern nur mit Stöcken angereist ist, spricht Bände. „Das Schlagzeug, das hier steht“, sagt er, „ist das beste, was du derzeit bekommen kannst.“ Wie überhaupt viel gelobt und gelacht wird an jenem heißen Nachmittag im Tonstudio. Über den jungen Mixer Mario Simic sagt Simon: „Mario schiebt nicht nur Knöpfe hin und her. Er hat eine Vision, wie das klingen muss. Viele Ingenieure machen alles richtig, aber tragen nichts zum Ergebnis bei. Mario ist in einer ganz anderen Liga unterwegs, der macht Sounddesign.“ Der Mixer lässt uns kurz in zwei fast fertige Songs reinhören. Was für eine Stimme! Was für ein Druck der Band! Was für ein Drive!
Statt Welttournee ein Job beim Bäcker
Auch Joe Bauer ist an jenem Nachmittag nach Waiblingen gekommen. Er erzählt von der Not vieler Künstler und Techniker, eben all jenen, die durch den Lockdown plötzlich ihre Miete nicht mehr zahlen konnten. Selbst solche Künstler seien betroffen, die eigentlich gut im Geschäft sind. Er weiß von einer klassischen Violinistin aus Bayern, die eigentlich auf Welttournee hätte gehen sollen. „Das ist ein einträgliches Geschäft“, sagt Bauer. Jetzt sei die Frau froh, dass sie als Verkäuferin in einer Bäckerei ihre Brötchen verdienen könne.
Nachdem sich Huptus und Joe Bauer im Frühjahr kennengelernt hatten, kamen sie irgendwann drauf, dass sie in den 90er Jahren mit der Band Stytz Syndicate von der Ostalb gemeinsam auf Tour waren. Doch das ist eine andere Geschichte.