Angela Merkels Marsch in eine dritte Amtszeit als Kanzlerin könnte an einer Ampel enden. Diese Option bedroht ihre Macht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Jost de Jager, der verhinderte Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, trägt eine Miene zur Schau, die nicht so recht zu den Worten passen will, mit denen die CDU-Chefin Angela Merkel das Ergebnis der Wahl im hohen Norden umschreibt. Sie betont, dass ihre Partei sich als „stärkste Kraft“ behauptet, einen „starken Endspurt“ absolviert und eine „hohe Mobilisierung“ erreicht habe. De Jager blickt derweil, als würde ihm sein Zahnarzt gerade erklären, wo er zu bohren gedenke.

 

Durch die Schönwetterbrille betrachtet, bieten die Resultate der ersten beiden Wahlen des Jahres für die Kanzlerin keinen Grund zur Beunruhigung: Die CDU hat sowohl im Saarland als auch jetzt in Kiel die meisten Stimmen als Partei. Für Rot-Grün hat es weder da noch dort gereicht. Nächste Woche kann alles aber ganz anders sein. In Nordrhein-Westfalen blickt CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen einem Debakel entgegen. Unter Umständen verhilft dort der bisherige Bündnispartner FDP dem rot-grünen Damen-Duo zu einer Mehrheit.

Die FDP als Steigbügelhalter für Rot-Grün?

„Ich trau dem Lindner das zu, dass er mit Frau Kraft schneller im Bett liegt, als wir uns umschauen können“, sagt ein führender CDU-Mann aus NRW. Der dortige CDU-Generalsekretär Oliver Witter formuliert das etwas zivilisierter, doch gleichwohl unfreundlich: „Die FDP wird nicht eine Sekunde zögern, den Steigbügelhalter zu geben“, sagt er mit Blick auf ein mögliches Ampelbündnis von SPD, Grünen und Liberalen. Vorerst kommentiert Merkel die Zugewinne der FDP noch gönnerhaft. „Ist ja gut, dass die auch mal was zu feiern haben“, soll sie im Parteivorstand gefrotzelt haben. Angesichts der miserablen Prognosen, sagt sie vor den Kameras, sei die Stabilisierung „ein gutes Signal“. Nun sei zu hoffen, so ein CDU-Vorständler, „dass die jetzt nicht mehr so nervös sind“.

Die Nervosität könnte allerdings in den eigenen Reihen zunehmen. Denn mit der Ampel erwächst den Liberalen eine neue Machtoption – auch mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres. Die neuen Helden der FDP, Wolfgang Kubicki und in einer Woche wohl auch Christian Lindner, sind da flexibler als der Noch-Vorsitzende Philipp Rösler. Und für die SPD könnte eine Ampel jenseits der ungeliebten Großen Koalition den einzigen Weg eröffnen, um an die Regierung zurück zu kehren. „Wenn ich Liberaler wäre, würde ich mir auch überlegen, wie ich mich breiter aufstelle“, sagt ein Mitglied des CDU-Vorstands. Eine Ampel könnte die christdemokratische Kanzlerin auf dem Weg in eine dritte Amtszeit ausbremsen.

Die CDU-Chefin selbst mag solche taktischen Überlegungen nicht öffentlich ausbreiten. Sie sehe „keinen Anlass, über die FDP und mir nicht bekannte Koalitionsabsichten zu sprechen“, sagt sie. Zudem, so Merkel, „weigere ich mich, augenblickliche Parteikonstellationen für ewig zu halten“. Die CDU sei gut beraten, in erster Linie immer dafür zu kämpfen, dass sie selbst möglichst stark werde. Das ist ihr taktisches Ziel für 2013: keine Regierung ohne Union. Und die eigenen Führungsgremien stehen im Glauben fest hinter der Kanzlerin: „Je kritischer die Lage in Europa wird“, heißt es aus dem Vorstand, „desto eher werden die Leute Angela Merkel behalten wollen.“