Affäre um Innenminister Strobls Entlassung im Landtag beantragt

Sieht keine Rechtsgrundlage für Strobls Handeln: Datenschützer Stefan Brink Foto: dpa/Sebastian Gollnow

SPD und FDP fordern wegen der „Briefaffäre“ im Parlament die Entlassung von Thomas Strobl (CDU). Neuer Ärger droht dem Innenminister zugleich vom obersten Datenschützer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Der Landtag soll an diesem Mittwoch über die Entlassung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) wegen der „Briefaffäre“ abstimmen. Entsprechende Anträge haben die Fraktionen von SPD und FDP am Dienstag einstimmig beschlossen. Damit reagieren sie auf die Ankündigung Strobls, 15 000 Euro zu bezahlen, um die Ermittlungen wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens zu beenden. Der SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sprach von einem „Akt der politischen Hygiene“, da Strobl nicht von sich aus zurücktrete. Zugleich will die Opposition testen, inwieweit CDU und Grüne hinter dem Innenminister stehen. Offenbar gebe es auch in deren Reihen Kritik an Strobl, hieß es unter Verweis auf den Stuttgarter CDU-Abgeordneten Reinhard Löffler. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte zudem, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe die Dimension der Affäre bisher „nicht erkannt“.

 

Datenschützer nimmt Prüfung wieder auf

Es geht um ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs der Polizei, der eine junge Kollegin sexuell bedrängt haben soll. Wegen der Weitergabe an einen Journalisten droht Strobl nun weiterer Ärger. Sobald das Verfahren bei der Justiz rechtskräftig abgeschlossen ist, will der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink seine derzeit ruhende Untersuchung wieder aufnehmen. Dies kündigte Brink gegenüber unserer Zeitung an. Das Verfahren richte sich nicht gegen den Innenminister persönlich, sondern gegen das von ihm geführte Ministerium.

In einer Stellungnahme an die Landtags-SPD hatte der oberste Datenschützer bereits im Mai deutlich gemacht, dass er die Weitergabe des Briefes für rechtswidrig hält. Er sehe keine gesetzliche Grundlage, „welche die Übermittlung des Anwaltsschreibens an den Pressevertreter rechtfertigen kann“. Seine Dienststelle habe daher ein aufsichtsrechtliches Verfahren eröffnet, das nach Vorliegen der Ergebnisse der Staatsanwaltschaft weitergeführt werde. Dabei sind theoretisch auch strafrechtliche Konsequenzen möglich.

Brief ohne Rechtsgrundlage weitergegeben?

In dem Schreiben legte der Anwalt formell Widerspruch gegen die Suspendierung des Polizeiinspekteurs ein und bekundete dessen Gesprächsbereitschaft. Strobl hatte dies als Angebot zum Mauscheln gewertet; daher habe er den Brief öffentlich gemacht. Für Brink handelt es sich hingegen um das übliche Vorgehen eines Anwalts.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Strobl wegen des Verdachts, den Journalisten zum unerlaubten Zitieren aus Verfahrensakten angestiftet zu haben. Zum Angebot an Strobl, die Ermittlungen gegen 15 000 Euro zu beenden, wollte sich ein Behördensprecher auf Anfrage nicht äußern. Zunächst sei die Zustimmung des zuständigen Gerichts einzuholen. „Dieses ist mit der Sache noch nicht befasst worden“, fügte er hinzu.

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