Vor 125 Jahren wurde in Backnang die SPD gegründet. Am Freitagabend wird der runde Geburtstag im dortigen Familienzentrum groß gefeiert. Ein Blick in die Historie der Partei – und ein kleiner Ausblick in die Zukunft.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Herta Däubler-Gmelin, Dieter Spöri, Robert Antretter: Die Backnanger SPD, die an diesem Freitagabend ihre Gründung vor 125 Jahren feiert, hat einige bundesweit prominente Politiker hervorgebracht. Däubler-Gmelin, die spätere Bundesjustizministerin, Spitzname Schwertgosch, hat Backnang in den 1970er-Jahren im Parlament vertreten. Spöri war in der 1990er-Jahren Landeswirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident. Antretter ist erst nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter überregional so richtig bekannt geworden – als Bundesvorsitzender der Lebenshilfe und als Vorsitzender einer unabhängigen Kommission der katholischen Kirche zur Aufarbeitung des Kindesmissbrauchs.

 

Zur Feier des runden Geburtstags haben die Backnanger Sozialdemokraten jetzt eine kleine Festschrift herausgegeben. Nicht ohne Stolz blättert Gernot Gruber in dem Werk. Der Mathematiker, Kreisrat und Landtagsabgeordnete lenkt seit rund 15 Jahren die Geschicke des SPD-Ortsverbands. Gruber erzählt von Höhen und Tiefen der Partei – sein Resümee, wen wundert’s? – ist positiv: „Wir haben nicht immer alles richtig gemacht, können aber stolz sein auf unseren Einsatz für ein demokratisches, freies und gerechtes Land.“

Wilhelm Erlenbusch – eine herausragende Persönlichkeit

Eine herausragende Rolle in der Backnanger Sozialdemokratie hat Wilhelm Erlenbusch – anno dazumal 20-jähriges Gründungsmitglied – gespielt. Erlenbusch war 35 Jahre lang Vorsitzender der SPD in Backnang, bis 1933, als sich die Sozialdemokraten im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz stellten. Bis 1945 war die Partie in Nazideutschland verboten.

Die Backnanger SPD vergibt einen nach Erlenbusch benannten Preis, erster Preisträger war Walter Ortloff. Auch dem kürzlich verstorbenen Ortloff ist in der Festschrift ein Kapitel gewidmet. „Anwalt der kleinen Leute“, so wurde er seit seinem Einstieg in die Lokalpolitik von vielen genannt. Zu Ortloffs größten Leistungen gehört die Wegbereitung der Städtepartnerschaft mit dem französischen Annonay. Ortloff sprach immer vom wichtigen Zeichen der Aussöhnung mit dem Erzfeind.

1994 wurde der bis dato einzige SPD-Stadtchef gewählt

Zu den Glanztaten zählen die Sozialdemokraten die Wahl im Jahr 1994, als der SPD-Kandidat Jürgen Schmidt Backnanger Oberbürgermeister wurde. Nach acht Jahren indes wurde Schmidt nicht im Amt bestätigt. Er bleibt bis heute der einzige rote Stadtchef – einer, an den sich übrigens nicht alle Sozialdemokraten nur mit Freude erinnern. Er war nicht unumstritten, in der Stadt, aber auch in der Partei.

Gernot Gruber wurde im Jahr 2011 erstmals in den Landtag gewählt. Er wird sich anstrengen müssen, damit es ihm nicht geht wie Jürgen Schmidt, das weiß Gruber, der unermüdlich auf Tour ist im Wahlkreis und mit Blick auf das zurzeit wohl wichtigste Thema, den Flüchtlingszustrom, sagt: Die besonnenen Stimmen seien wichtig. Er selbst sitze „zwischen den Stühlen“, es gelte hilfsbereit zu sein, aber auch darauf zu achten, dass „wir alles organisiert bekommen“. Die vier im Landtag vertretenen Parteien sollten den Schulterschluss suchen – bei der Hilfe für die Flüchtlinge vor Ort, aber auch beim Ausweisen sogenannter sicherer Herkunftsländer.

„Unter 20 Prozent heißt Opposition“

Im März kommenden Jahres wird der Landtag neu gewählt. Gruber tritt an. Er weiß, dass es knapp werden könnte für ihn. 2011 hatte sein Ergebnis gerade so gereicht um Abgeordneter zu werden. Was passiert, wenn die SPD landesweit so schlecht abschneidet, wie die Umfragen es zurzeit vorhersagen? Für den Backnanger Vorsitzenden ist klar: „Sollte die SPD weniger als 20 Prozent der Stimmen bekommen, „dann heißt der Auftrag der Wähler Opposition“.

Feier im Familienzentrum

Gesprächsrunde
Die Feier des 125. Geburtstags der Backnanger SPD beginnt am Freitag, 16. Oktober, um 18.30 Uhr im Familienzentrum Fam-Futur in der Theodor-Körner-Straße 1 mit einem Sektempfang. An einer moderierten Gesprächsrunde nehmen der Backnanger Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange, sowie die ehemaligen Parlamentarier Herta Däubler-Gmelin und Robert Antretter teil.

Broschüre
Während des Jubiläumsabends wird die druckfrische Broschüre vorgestellt. Das Heftchen enthält viele Texte sowie historische und aktuelle Fotos.