Robert Antretter, Ehrenvorsitzender der Bundesvereinigung Lebenshilfe, wird am Mittwoch 75 Jahre alt. Größer feiern will er erst am 15. Februar – bei einem Empfang der Stadt im Backnanger Rathaus.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Weit mehr als 30 Prozent – von solchen Wahlergebnissen können die Sozialdemokraten im Land zurzeit nur träumen. In den 1970er-Jahren, als Robert Antretter der SPD-Landesgeschäftsführer war, konnten sich die Sozialdemokraten noch guten Gewissens eine Volkspartei nennen.

 

Der in Bayern geborene Backnanger war später Bundestagsabgeordneter, Delegierter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und zwölf Jahre lang, bis 2012, der Bundesvorsitzende des Vereins Lebenshilfe, der sich für die Belange von geistig behinderten Menschen und ihrer Familien einsetzt. Der gelernte Schriftsetzer war Vorsitzender einer unabhängigen Kommission der katholischen Kirche zur Aufarbeitung des Kindesmissbrauchs, Vorsitzender des Tierschutzvereins Backnang und manches mehr. Am Mittwoch feiert der Ehrenvorsitzende der Lebenshilfe seinen 75. Geburtstag, im kleinen Kreis, wie er sagt. Der örtliche Gesangsverein habe sich angesagt.

Der Mann, Jahrgang 1939, sagt, er fühle sich nach wie vor fit. Er sei immer noch viel unterwegs, als Mitglied des Diözesanrats und als Delegierter des Behindertenbeirats der deutschen katholischen Bischofskonferenz. Gelegentlich spanne ihn auch der Europarat noch ein.

Nicht alle in der SPD waren immer hellauf begeistert von dem als wertkonservativ geltenden Parteimitglied. Robert Antretter verfügt über ausgezeichnete Kontakte zu manchen Christdemokraten. In Zusammenarbeit mit dem CDU-Mann Peter Wetter habe er beispielsweise die Gründung der Kunststiftung Baden-Württemberg in die Wege geleitet. Auch in der harten politischen Auseinandersetzung müsse der Respekt vor den Andersdenkenden im Vordergrund stehen. Antretters politisches Credo: „Feinde gibt es unter Demokraten nicht, nur Gegner.“

Sein konsequentes Eintreten für den Schutz des Lebens – ob ungeboren, alt, behindert oder krank – war in den vergangenen Jahren das wohl wichtigste Anliegen von Robert Antretter. Wegen dieser eindeutigen Haltung wurde er im Jahr 2000 in einer Konkurrenzkandidatur an die Spitze der größten Elternorganisation für Menschen mit einer geistigen Behinderung und ihre Angehörige gewählt. Antretter hat kürzlich mit Blick auf seine zwölf Jahre als Bundesvorsitzender der Lebenshilfe erklärt: Das Wichtigste, was er und seine Mitstreiter erreicht hätten, sei „definitiv, dass wir das Gleichstellungsgesetz hinbekommen haben.“ Die Lebenshilfe habe in mühsamen Verhandlungen erreicht, dass das Gesetz auch für behinderte Menschen gilt. Die damalige Justizministerin Brigitte Zypries habe ihm gesagt: „Ohne Sie, Herr Antretter, gäbe es dieses Gesetz nicht.“ Eine seltene Anerkennung für einen einzelnen Politiker.

Morgen ist Antretter im Kreis seiner Familie, größer gefeiert wird der runde Geburtstag erst Mitte des Monats. Die Stadt Backnang richtet am Samstag, 15. Februar, einen Empfang im Rathaus aus.