Kommerzielle Betreiber, aber auch Privathaushalte wollen in Stuttgart eine Elektro-Tankstelle installieren. Bisher gibt es eine Art Monopol in der Stadt.

Stuttgart - Die Anzahl der Ladesäulen für vollelektrische Fahrzeuge oder Plug-in-Hybridwagen könnte in der Landeshauptstadt in den nächsten Jahren erheblich steigen. Die Bundesregierung hat mit ihrer Änderung der Ladesäulenverordnung Ende Juni einen neuen Rechtsrahmen gesetzt. An jeder neuen Säule muss künftig auch ohne Vertragsbindung Strom gezapft werden können.

 

Im Stuttgarter Rathaus haben bereits mehrere Interessenten angeklopft, „auch von weit außerhalb Stuttgarts“, sagt Ralf Maier-Geißer von der Mobilitätsabteilung im OB-Büro. Darunter fänden sich natürlich Energiedienstleister, die „einen Fuß in der Tür haben wollen“, wenn das Thema E-Mobilität tatsächlich in Fahrt komme, denn die Zahl der Stellplätze, die zu Ladeplätzen umgewandelt werden könnten, ist begrenzt. „Wir erarbeiten eine Richtlinie für die Aufstellung der E-Säulen“, sagt der Fachmann. Die Betriebe werden künftig für die Nutzung städtischer Grundstücke einen Obolus bezahlen. Die Säulen dürfen nicht als Werbeflächen missbraucht werden. Die städtische Richtlinie soll noch 2017 in Kraft treten. „Wir sind proaktiv unterwegs, denn wir wollen das Thema unterstützen“, sagt Maier-Geißer.

Noch besitzt die EnBW ein Monopol

In der Landeshauptstadt gibt es seit 2012 205 öffentliche Ladestationen der EnBW, pro Stück wurden sie mit 1000 Euro von der Stadt bezuschusst. Deren Installation stand vor allem im Zusammenhang mit dem Aufbau der Car2go-Flotte, also den batteriebetriebenen Smart aus dem Haus Daimler. Die EnBW darf alle Standorte (mit 371 Anschlussmöglichkeiten und Ökostrom) kostenlos nutzten. Der Vertrag läuft bis 2020, es gibt eine Option auf eine einjährige, für die EnBW kostenlose Verlängerung.

Der Energiekonzern betreibt ansonsten in der Region weitere 52 Ladestationen, in Böblingen sind es zwölf, in Sindelfingen elf, in Gerlingen sieben und in Esslingen 22. Alle haben, abhängig vom Netzzustand, eine Maximalleistung von 22 Kilowatt. Dazu kommen fünf Stationen mit bis zu 43 Kilowatt. Die EnBW ist weiterhin stark an diesem Geschäft interessiert. Man führe „Verdichtungsaktionen“ durch, wolle an stark frequentierten Stellen aufstocken, an Standorten mit extrem geringer Nutzung könne eine Säule aber auch entfallen, sagt die Pressestelle des Energiekonzerns.

Stadtverwaltung: Sind anderen Städten weit voraus

Die Stadtwerke Stuttgart, die sich bei ihrer Gründung vor fünf Jahren als namhafter Konkurrent der EnBW präsentierten und inzwischen 20 000 Kunden zählen, zeigen sich vom Thema öffentliche Ladestationen weniger elektrisiert. Auf die Frage, ob sie bald selbst Stromzapfsäulen aufstellen, lautet die Antwort, man wolle „insbesondere für Privat- und Gewerbekunden passende Ladeinfrastrukturlösungen anbieten“. Das hört sich nicht nach Konkurrenz an.

Wer eine Ladesäule in der Stadt platziert, der kann Wettbewerber womöglich längere Zeit auf Abstand halten. Parkplätze, die mit einer Station zu Ladeplätzen mutieren (geparkt werden darf ausschließlich von E-Autos und Hybriden zum Laden), sind zumindest in der City Mangelware, und dort sollen es nach einem Beschluss des Gemeinderates noch weniger werden. In der Verwaltung werden daher verschiedene Modelle diskutiert. In Zürich zum Beispiel gebe es für die Säulen eine Abstandsregelung, in anderen Städten ein Parzellenmodell.

In Parkhäusern finden sich bisher nur wenige Stromspender. In der neuen Tiefgarage im Dorotheenquartier warten Betreiber und Nutzer seit Monaten auf die Installation von neun öffentlichen Steckdosen, in der neuen Rathaus-Tiefgarage sind nur vier öffentlich zugängliche Stromspender vorgesehen. Für Elektrofahrzeuge der Stadtverwaltung soll es acht geben. Mit der bisherigen Infrastruktur sei man „anderen Städten weit voraus“, betont Stadtsprecher Sven Matis. Dennoch wolle man dem wachsenden Bedarf gerecht werden.

Anträge von privater Seite für 870 Säulen

Auch für Privatpersonen und Wohnungsbauunternehmen sind Lademöglichkeiten ein großes Thema. Von Oktober 2016 bis Ende Juni 2017 wurden bei Stuttgart Netze 32 Voranfragen über insgesamt 870 Ladesäulen gestellt, die jeweils elf oder 22 Kilowatt leisten sollen. Tatsächlich erfolgten bisher aber nur an 17 Standorten 33 Installationen. Auf einem Infoblatt hat der Netzbetreiber inzwischen für die Antragsteller die wichtigsten Daten zusammengefasst. Die Anlagen selbst sind nicht billig. Eine gängige Ladestation kostet je nach Leistung 800 bis 1200 Euro – ohne den Netzanschluss.

Seit März 2017 muss der Aufbau einer Ladestation bereits ab 4,6 Kilovoltampere angemeldet werden. Man sei dazu verpflichtet, den Netzzugang sicherzustellen, „deshalb lehnen wir grundsätzlich keine Anfrage ab“, sagt Romy Kam, die Sprecherin von Netze Stuttgart. Aber man wolle Kapazitätsengpässe voraussehen und Netzausbauten oder -umbauten rechtzeitig planen können. Wenn man dabei Straßen aufgraben müsse, brauche man bis zu zwölf Monate Vorlauf. „Knackpunkt sind nicht einzelne Anfragen oder Autos, sondern die Frage der Gleichzeitigkeit in der Netznutzung“, so Kam. Man wolle nicht wegen fehlender Dokumentation Netzengpässe haben. Bei der Wahl der Kapazität sei der Kunde frei. Die EnBW wirbt mit 100 Euro Prämie, wenn Kunden in ihre Station ein Steuergerät einbauen lassen. Der Konzern kann sie dann ausschalten, wenn das Netz instabil zu werden droht.