Ein parteiübergreifendes Bündnis zur Flüchtlingskrise? Die FDP ist dafür prinzipiell offen. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke verlangt von Grünen und SPD freilich, sich zu bewegen – etwa bei Sachleistungen oder beim Mindestlohn.

Stuttgart - Aufgeschlossen hat der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke auf das Angebot seines SPD-Kollegen Claus Schmiedel reagiert, in der Flüchtlingskrise parteiübergreifend zusammenzuarbeiten. Auch die Liberalen hätten ein Interesse daran, dass die Probleme im Sinne des Landes gelöst würden und „nicht die Falschen“ politisch profitierten. Er werde in Kürze dazu mit Schmiedel telefonieren, kündigte Rülke nach der Klausursitzung seiner Fraktion an.

 

Eine Zusammenarbeit setze jedoch voraus, dass sich die Koalition in mehreren Punkten bewege. Dies sei besonders bei den Grünen notwendig: zum einen in der Frage der Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer, zum anderen bei der Umstellung von Taschengeld auf Sachleistungen. Es gehe darum, die Anreize für Wirtschaftsflüchtlinge zu reduzieren. Ob auch die Gesundheitskarte ein solcher Anreiz sei, bewertet Rülke differenziert: Bei Flüchtlingen, die bereits auf die Kommunen verteilt seien, sei sie sinnvoll, gleich nach der Ankunft dagegen nicht.

„Sitten und Gepflogenheiten achten“

Mehr Flexibilität erwartet der FDP-Vormann beim Wohnungsbau. Das Ziel, den Flächenverbrauch zu senken, müsse angesichts des Zustroms von Flüchtlingen neu diskutiert werden. Auch die von den Grünen betriebene Reform der Landesbauordnung müsse zur Disposition gestellt werden. Für private Investoren müssten Anreize geschaffen und Hemmnisse abgebaut werden. Zudem widersprach Rülke der Position der SPD, der Mindestlohn dürfe nicht in Frage gestellt werden: „Da sind wir dezidiert anderer Auffassung.“

Für die Wirtschaft in Baden-Württemberg sieht die FDP Chancen durch die Flüchtlinge; sie könnten Lücken in Mangelberufen füllen. Die Teilnahme am Arbeitsleben sei für sie ein Schlüssel zur Integration. Ein zweites Wirtschaftswunder wie der Daimler-Chef Zetsche erwarte er jedoch nicht, sagte Rülke. Von den Flüchtlingen müsse nicht nur verlangt werden, sich zum deutschen Rechtssystem zu bekennen, sondern auch zu Sitten und Gepflogenheiten. Nicht akzeptabel sei etwa trotz der Meinungsfreiheit, für die Ziele des „islamischen Staates“ einzutreten.