Obwohl es widersprüchlich ist, lautet die Regel: Wo Metzgereien sind, sind auch Veganer. Das zeigen Facebook-Postings einer Metzgerei, die mit provokanten Postings scharfe Kritik auf sich zieht. Warum tut sich eine kleine Metzgerei so etwas an?

Digital Desk: Beate Grünewald (bpu)

Stuttgart - Eine kleine Metzgerei sorgt derzeit mit provokanten Postings auf Facebook für Wirbel. Veganer und Fleischesser liefern sich in Hunderten Kommentaren einen heftigen Schlagabtausch.

 

„Liebe Seitanisten“, beginnt eines dieser Postings mit einer Wortkreation aus dem Fleischersatzprodukt „Seitan“. Und weiter: „Wir werden, sobald wir unser letztes Stück Fleisch verkauft haben, keine weiteren Tierprodukte veräußern.“ Die „verständlichen und friedliebenden Argumente“ hätten die Mitarbeiter der Metzgerei davon überzeugt, „nur noch vegane Lebensmittel zu kaufen“. Das alles ist: pure Ironie.

Die Reaktionen auf Postings der „Metzgerei Hack“ aus dem bayrischen Freising sind extrem. Die einen bejubeln das einfallsreiche Marketing, die anderen sind empört. „Was für ein empathieloser Post. Selten so was dummes und populistisches gelesen um Werbung für sein Unternehmen zu machen“, schreibt Nicole B. Ein User mit dem Namen Markus Z. schreibt: „Niemand beherrscht Social Media besser als Metzgerei Hack. Göttlich!“ Und Gloria S. schließt sich an: „Ich musste als Veganerin so lachen! Also Kreativität und Humor muss man euch lassen.“ Anderen ist ganz und gar nicht zum Lachen zumute: „ Ich weiß nicht, was daran genial sein soll – peinlich und unempathisch trifft es wohl eher“, schreibt Bianca S.

Provokantes Marketing mit klarem Ziel

Metzgermeister Steffen Schütze ist von dem enormen Echo auf Facebook wenig überrascht. Im Grunde genommen ist es nichts Neues für ihn. Knapp zwei Jahre ist es her, dass er auf der verzweifelten Suche nach Nachwuchs für sein Handwerk mit provokanten Werbebotschaften startete. Dazu arbeitet er mit einer Werbeagentur aus Freising zusammen – die einem Freund von Schütze gehört.

Mit Freude erzählt Michi Kasper von der Agentur „Kasper Communications“ die Anekdote der ersten Werbegags. Kasper saß mit seiner Schwester und seiner Nichte vor Weihnachten zusammen, als es darum ging, dass sich die Achtjährige ein Tier zu Weihnachten wünscht. „Da habe ich gesagt: Geh doch zum Hack“, erzählt Kasper. „Und meine Nichte hat gelacht.“ Die erste Image-Kampagne für die Metzgerei war geboren.

Es folgten weitere plakative Sprüche (mehr dazu in der Bilderstrecke). Auf einem anderen Foto ist eine Frau abgebildet, die einen Mettigel streichelt. Darüber steht der Satz: „Berufswunsch: Irgendwas mit Tieren …“. Das Posting wurde mehr als eine halbe Million mal angeschaut und mehr als 1700 Mal geteilt.

„Ich möchte mich mit dieser Art von Werbung abheben und auf mein Handwerk aufmerksam machen“, sagt der Metzgermeister Schütze dazu. „Vielleicht bin ich ein bisschen provokativ. Aber wir haben in dieser Branche einen massiven Nachwuchsmangel, da muss man sich was einfallen lassen, um die Jugendlichen zu erreichen“, so der 36-Jährige.

Friedensangebot geht nach hinten los

Auch die Kritik nimmt er gelassen hin. „Das ist nun mal so im Internet“, sagt er. „Da nutzen viele die Anonymität, um Dinge zu sagen, die sie dir nie ins Gesicht sagen würden.“ Schütze betont, dass es sich bei seiner Metzgerei nur um einen kleinen Laden mit 20 Mitarbeitern handelt. „Es ist das einzige Geschäft und kein Großunternehmen.“ Das Fleisch komme aus Baden-Württemberg von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Zwei Tage und Hunderte böse Kommentare später meldet sich die Metzgerei Hack wieder auf Facebook zu Wort: „Ja, wir haben einen recht ironischen Post rausgehauen mit den ‚Seitanisten’ und dem ‚T-Baum-Steak’. Das muss man nicht unbedingt lustig oder gut finden.“ Darauf folgt die Aufforderung, sich an einer sachlichen Diskussion zu beteiligen.

Doch das Friedensangebot trifft auf taube Ohren. „Küken schreddern, Kälber aus dem Mutterleib schneiden, Bolzenschussgerät, Vergasung darf man nicht mit Humor in Verbindung bringen. Denkt mal drüber nach“, schreibt Sven M. Und Alexandra R. antwortet der Metzgerei: „Grotesk, dass gerade die, die mit Mord ihr Geld verdienen, von Frieden sprechen.“

Doch nicht nur gegen die Metzgerei Hack wird gehetzt, sondern auch gegeneinander. Am Ende stehen Fleischesser und Vegetarier im Ring und liefern sich ein Duell der Provokationen: „Ihr esst verwesende Leichenteile“, schreibt Knut G. Der Konter lässt nicht lange auf sich warten: „Macht vegan leben eigentlich aggressiv? Scheint mir bald so!“, fragt Ralf M. in die Runde. „Dann esse ich lieber weiter regelmäßig Fleisch.“

Plan der Metzgermeisters ist aufgegangen

„Ich liebe mein Handwerk und nehme auch diese Diskussionen in Kauf“, sagt Schütze. Als Metzgerei müsse man damit rechnen, dass man von militanten Veganern auch mal angegriffen werde. Die Konsumkritik kann Schütze zum Teil gut verstehen. „Ich bin ein totaler Gegner von Massentierhaltung.“ Und: „Es wird viel zu viel Fleisch gegessen.“ Über die Menge könne seiner Ansicht nach durchaus sachlich diskutiert werden.

Kritik hin oder her: Sein Plan ist aufgegangen: „Ich hatte auf einmal Bewerbungen und habe vergangenes Jahr einen sehr guten Azubi gefunden und dieses Jahr auch“, erklärt er stolz. Und das hat er möglicherweise den Veganern zu verdanken.