In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden gilt jetzt ein Genderverbot - was die Debatte übers Gendern einmal mehr aufkochen lässt. Was Gendern ist - und wie gerechte Schreibweise aussieht. 

A-Gender, Bi-Gender, Cis-Gender, Demi-Gender, Tri-Gender, Gender-Variant, Gender-Fluid, Trans-Gender: Für viele ist es ein echtes Kreuz mit der Geschlechtergerechten Sprache – auch Gendersprache oder kurz Gendersprech genannt. Letztere spaltet schon länger die Gesellschaft und wird immer wieder heiß dieskutiert. Ob und in welcher Form Sprache geschlechtersensibel sein soll, darüber scheiden sich nämlich die Geister. 

 

In Bayern stellt sich die Frage zumindest im Amtsdeutsch jetzt nicht mehr. Von Staats wegen wurde das Gendern in Behörden, Schulen und Unis verboten. Kritik daran gibt es viel. Was aber bedeutet gendern überhaupt? Welche Genderzeichen gibt es? Und warum wird darüber immer wieder diskutiert?

Was ist los in Bayern?

In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden ist die Verwendung geschlechtersensibler Gendersprache nun verboten. Das Kabinett beschloss am vergangenen Dienstag, 19. März, die dafür notwendige Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO).  Die AGO verpflichtete die staatlichen Behörden und damit auch die Schulen zwar bereits jetzt, die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung im dienstlichen Schriftverkehr anzuwenden, diese Regelung sei nun aber nochmals „klarstellend ergänzt“ worden, hieß es weiter. „Mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap oder Mediopunkt sind nun ausdrücklich unzulässig“, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU.

„Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein“, sagte außerdem Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Es gehe mit dem Verbot aber auch darum, die „Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten“. Eine ideologisch geprägte Sprache etwa beim Gendern habe dagegen eine exkludierende Wirkung. In bestimmten gesellschaftlichen Milieus gebe es zudem viele missionarische Nutzer bei der Verwendung der Sprache, was nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei. 

Die amtliche Regelung der Rechtschreibung ist auch Grundlage des Unterrichts an den bayerischen Schulen. Daher werde das Kultusministerium die Schulen über die präzisierten Vorgaben zur Gendersprache informieren. Zudem sollen die Vorgaben für die Lernmittel angepasst werden.

Wie sind die Reaktionen auf das Genderverbot in Bayern?

Die Meinungen zum Genderverbot in Bayern sind gespalten: Die Gesellschaft für deutsche Sprache etwa hat die Entscheidung der bayerischen Landesregierung begrüßt. Sonderzeichen wie Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt widersprächen einer verständlichen und korrekten Sprache, teilte die Gesellschaft in Wiesbaden am Mittwoch mit. Sie seien nicht von den Regeln der Rechtschreibung abgedeckt und könnten grammatische Fehler hervorrufen.

Der Deutsche Lehrerverband hat das Genderverbot ebenfalls begrüßt. Im gesamten amtlichen Sprachgebrauch gehe es immer auch darum, deutlich zu machen, dass alle Menschen gemeint seien und nicht nur einzelne Gruppen, sagte Verbandspräsident Stefan Düll am 19. März gegenüber der Deutschen Presseagentur.

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) sprach allerdings von einem "bedauerlichen Rückschritt". Die bayerische Landesvorsitzende Birgit Kainz vermisste "konstruktive Alternativen zur Förderung der Gleichberechtigung". Sprache befinde sich im Fluss, sie entwickele sich mit der Gesellschaft mit, präge aber auch Bewusstsein und Denken. Somit sei diese ein wichtiges Instrument zur Förderung der Gleichberechtigung. 

Und auch die Bundesschülerkonferenz hat das Verbot verurteilt und als "Bevormundung" der Schüler bezeichnet. Bei etwas so persönlichem wie der Sprache würden Schülern nun Vorschriften gemacht, es werde in ihre Freiheit eingegriffen, erklärte der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Florian Fabricius. "Wir sind gegen diese Bevormundung, das gilt sowohl fürs Gendern als auch fürs Nicht-Gendern", betonte er.

Was bedeutet Gender?

„Gender“ ist das englische Wort für Geschlecht – genauer gesagt für das soziale, gelebte , erfahrene und gefühlte Geschlecht.

Dies im Unterschied zu „Sex“, dem biologischen Geschlecht, das bei der Geburt aufgrund nachweislicher körperlicher Merkmale zugewiesen wird.

Das biologische Geschlecht ist indes nicht immer identisch mit der vom Individuum selbst wahrgenommenen Identität. In der Medizin spricht man auch von „Gender incongruence“ – der geschlechtlichen Nicht-Übereinstimmung.

Was bedeutet gendern?

Gedern bedeutet geschlechtergerechte Sprache. Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (lpb) etwa schreibt dazu: "Mit dem geschlechterbewussten Sprachgebrauch soll die Gleichbehandlung alle Geschlechter/Identitäten zum Ausdruck gebracht werden." Im Deutschen ist die Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums üblich, also die allgemeingültige Verwendung der maskulinen Form für männliche wie weibliche Personen. 

Wie die lpb schreibt, wird seit der rechtlichen Einführung der dritten Geschlechtsoption „divers“, 2018, auch über eine mehrgeschlechtliche Schreibweise diskutiert, die nicht nur das männliche und weibliche Geschlecht einschließt, sondern auch andere Geschlechtsidentitäten. Diskussionen über eine geschlechtergerechte Sprache gibt es hierzulande aber seit den 1970er Jahren. Befürworter sehen Gendern als Ausdruck der Gleichstellung, Kritiker empfinden es als Sprachverhunzung und Bevormundung.

Welche Gendersymbole gibt es?

Die Debatte um gendergerechte Sprache schließt Gendersymbole ein mmer seine Symbole ein - wie diese zum Beispiel:

  • Doppelpunkt :
  • Unterstrich _
  • Sternchen *
  • Sprechpause . . .

Sonderzeichen zur Kennzeichnung aller Geschlechter sind mittlerweile in zahlreichen Schulen, Universitäten, Behörden und Unternehmen üblich. Sie werden aber nicht einheitlich verwendet, was mitunter zu Irritationen führt.

Gibt es neue Empfehlungen zum Gendern?

Nein. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hatte bei seiner letzten Sitzung am 14. Juli im belgischen Eupen keine grundsätzlich neuen Empfehlungen zur Gendersprache beschlossen. Damit bleibt es bei der bisherigen Empfehlung aus dem Jahr 2021, wonach allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll.

Vor zwei Jahren hatte sich der Rat dagegen ausgesprochen, Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder andere Formen zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen im Wortinneren in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen.

Sind Gender-Symbole jetzt für die Rechtschreibung maßgeblich?

Auch das nicht. Das Gremium stuft Genderzeichen nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie ein.

Was ist dann neu im Regelwerk?

Der Rat hat die Genderzeichen auch weiterhin nicht regulär in das Regelwerk der Rechtschreibung aufgenommen. Aber er hat – und diese Unterscheidung ist wichtig – die Gendersymbole als Phänomen im Bereich Sonderzeichen beschrieben.

Das bedeutet: In einer neuen Ergänzung zum Thema Sonderzeichen wird das Gendern und seine Symbole Doppelpunkt, Unterstrich und Sternchen im Wortinnern aufgenommen.

Die sogenannten Wortbinnenzeichen -wie das Gender*sternchen – gehörten „nicht zum Kernbereich der deutschen Orthografie“ (der Lehre von der Rechtschreibung), betonen die Experten. Die Begründung: Ihre Verwendung könne zu grammatischen Problemen führen.

Nach Aussage des Ratsvorsitzenden Josef Lange soll mit dieser salomonischen Lösung das gesellschaftliche Phänomen des Genderns an sich beschreiben werden. Die Zeichen vermittelten „übersprachlich aufgeladen“, dass damit alle Geschlechtsidentitäten gemeint seien.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Rat will den staatlichen Stellen vorschlagen, das Amtliche Regelwerk durch den Abschnitt „Sonderzeichen“ zu ergänzen.

Die bisherigen Empfehlungen des Rates seien nicht aufgehoben, wie Jose Lange betont. „Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen.“ Sie müsse weiter beobachtet werden. Der Sitzung sei eine sehr kontroverse Diskussion vorangegangen.

Info: Was ist der Rat für deutsche Rechtschreibung?

Selbstverständnis
Der Rat für deutsche Rechtschreibung tituliert sich selbst als „die maßgebende Instanz für die deutsche Rechtschreibung“. Seine Aufgabe im Auftrag von staatlichen Stellen ist es, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auch mit Blick auf den Wandel der Sprache weiterzuentwickeln.

Mitglieder
Der Der Rat setzt sich zusammen aus Mitgliedern aus sieben deutschsprachigen Ländern und Regionen. Seit 2004 ist er das für die deutsche Rechtschreibung entscheidende Gremium.

Regelwerk
Zuletzt hatte der Rat 2021 empfohlen, Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder andere Formen zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen im Wortinneren zu diesem Zeitpunkt nicht in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen.

Empfehlung
Als Begründung führte der Rat unter anderem aus, dass geschlechtergerechte Schreibweise nicht das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache erschweren dürfe.