Die Zahl der Imker in Baden-Württemberg wächst. Das belegt die aktuelle Statistik des Deutschen Imkerbundes. Ein Grund: Imkern ist problemlos in der Stadt möglich, weil die Insekten hier ein reichhaltiges Futterangebot finden.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Die Zahl der Imker in Baden-Württemberg wächst. Nach Bayern gibt es im Südwesten Württemberg die meisten Imker. Nach den aktuellen Mitgliederzahlen des badischen und württembergischen Landesverbandes – zwei von 19 Landesverbänden des Deutschen Imkerbundes D.I.B mit insgesamt 114 5000 Mitgliedern) ist ihre Zahl von rund 17 400 im Jahr 2011 auf rund 24 000 im Jahr 2016 kontinuierlich gestiegen (Württemberg: rund 14 000, Baden: knapp 10 000) . Zusammen betreuen sie fast 160 000 Völker.

 

Auch in anderen Bundesländern ist dieser Trend zu beobachten. Vorbei die Zeiten, in denen die Imkerei auszusterben drohte. Die meisten betreiben sie als Hobby, die durchschnittliche Völkerzahl liegt bei sieben bis acht Bienenvölkern. Vor zehn Jahren waren es noch knapp zehn, weshalb die Gesamtzahl auch konstant sinkt.

Bienenfleißige Tierchen

Bienen kennen keine Ferien. Ob Sommer oder Winter, sie sind immer emsig. Auch wenn „Apis mellifera“, die Westliche Honigbiene, jetzt nicht im Freien umhersummt und nach Pollen und Nektar sucht, ist sie doch aktiv – sprichwörtlich fleißig wie eine Biene. Mit gleichmäßigem Summen überwintert die Bienen in ihrem Zuhause – die Beute, wie Imker die aufeinandergestapelten Holzkästen mit den Wachswaben nennen. In ihnen sammeln die Insekten den Honig, ziehen ihre Brut auf und überstehen selbst tiefe Minustemperaturen.

Die Zahl der Imker steigt

Das kollektive Treiben Zehntausender Bienen übt eine ungeheure Faszination aus. Die Meldungen über rätselhafte Massensterben vor einigen Jahren waren wie ein Weckruf. Seitdem sind die Anfängerkurse für angehende Hobbyimker vor allem in Baden-Württemberg vielerorts ausgebucht, die Mitgliederzahlen in den Imkervereinen steigen.

„Es gibt einen eindeutigen Trend zum Imkern“, stellt der Agrarbiologe Helmut Horn vom Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim fest. Das Interesse sei regional sehr unterschiedlich und hänge von den Aktivitäten der einzelnen Vereine und Landesverbände des Deutschen Imkerbundes (D.I.B.) ab.

Horn zufolge hat die Berichterstattung über das Sterben der Bienen viele Menschen sensibilisiert und das Umweltbewusstsein gestärkt. Generell gehe der Trend hin zu regionalen, naturbelassenen Produkten. „Da bietet sich die eigene Honigproduktion an.“ Hinzu käme, dass die Imker mit ihrer Arbeit die Natur und eine der wichtigsten Insektenspezies schützen wollten. Der Verkauf von Honig sei meist zweitrangig.

Urban Imkering

Imkern wird immer mehr zu einem trendigen Hobby junger Leute in der Stadt. „Urban Imkering“ und „Urban Beekeeping“ nennt sich dieser Trend, der sich für die geplagte Honigbiene als Glücksfall erweist. Der Zukunftsforscher Matthias Horx diagnostizierte bereits 2008: „Junge Großstädter entdecken ein altes Hobby wieder: das Imkern.“ Auf den Dachterrassen von Hotels und Bürogebäuden, in Klein- und Schrebergärten werden Beuten aufgestellt. Stadtimker ernten deutlich mehr Honig als Landimker – das beweist die D.I.B.-Statistik.

Die urbanen Bedingungen sind für die wärmeliebenden Tiere optimal. Nicht nur, dass es in der Stadt um zwei bis drei Grad wärmer ist als im Umland, auch das Tracht- und Pollenangebot ist vielfältiger. „Die Bienen haben in der Stadt Gärten, Friedhöfe und Parkanlagen, die sie befliegen. Auf dem Land herrschen Monokulturen und totes Grünland vor “, erklärt Horn.

Biene-Leben in der Stadt

In der Stadt werden zudem weniger Pflanzenschutzmittel versprüht und keine genveränderten Pflanzen angebaut. Rund 30 000 Tonnen Pestizide landen in Deutschland jedes Jahr auf Äckern und Obstwiesen. Neben der Mangelernährung und dem Befall durch die Varroa-Milbe trägt diese Giftfracht zur Schwächung der Bienen bei, was zum Massensterben führen kann.

Wenn das Immunsystem der Bienen derart angegriffen ist, haben Viren und Pilze leichtes Spiel. „Die Belastbarkeit der Biene ist ausgereizt“, sagt der Würzburger Bienenforscher Jürgen Tautz. „Es überleben nur diejenigen, die mit den komplexen Belastungen zurechtkommen.“

Das Sterben der Bienen

Forscher der Freien Universität Berlin unter Leitung des Neurobiologen Randolf Menzel haben nachgewiesen, dass sich schon kleine Mengen von Pestiziden negativ auf das Nervensystem von Hummeln, Honig- und Wildbienen auswirken. Die Gifte beeinträchtigen ihr Orientierungsvermögen, so dass „bedeutend weniger Bienen erfolgreich zum Stock zurückfanden und die Flugwege insgesamt weniger direkt waren“, wie es in der Untersuchung heißt.

Von einem Massensterben wie vor einigen Jahren auch in Teilen Deutschlands könne jedoch keine Rede sein, betont der Hohenheimer Bienenforscher Horn. US-Forscher hatten dem mysteriösen Völkersterben den Namen „Colony Collapse Disorder“ gegeben. In den USA hatte dieses Phänomen zu Völkerverlusten von bis zu 80 Prozent geführt.

Varroa-Milbe – Todfeind der Bienen

Der Hauptfeind der Honigbiene ist die Varroa-Milbe. Dieser 1,6 Millimeter große Parasit hat sich zum Hauptfeind der Biene entwickelt. Die Milbe beißt sich an ihr fest und saugt sie aus. Vor allem die Larven sind betroffen. Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes, hofft, die Bienenvölker diesen Winter gut überstehen. „Im Bundesdurchschnitt verlieren wir etwa zehn Prozent der Bienen.“ 2012 seien es 20 Prozent gewesen, im Jahr davor sogar bis zu 30 Prozent.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Völker über die Wintermonate schrumpfen. Im Frühjahr und Sommer wird der Bestand durch die Königin aufgefrischt, die bis zu 2000 Eier pro Tag legt. Der Imker kann Völkerverluste zudem relativ schnell wieder kompensieren, indem er Ableger bildet, was zu den regelmäßig wiederkehrenden Aufgaben gehört. Auch wenn es für eine Entwarnung noch zu früh ist, ist sich Helmut Horn wie andere Experten sicher: „Die Honigbiene ist in ihrem Bestand nicht gefährdet.“