Die Landeshauptstadt versieht ihre Beteiligungsunternehmen mit dicken Finanzpolstern. Nach den Stadtwerken soll der Wohnungsbauer Geld erhalten.

Die Landeshauptstadt verpasst einem weiteren Beteiligungsunternehmen eine erhebliche Geldspritze. Nach den Stadtwerken Stuttgart, die 2022 im Sommer 100 Millionen Euro frisches Eigenkapital für ihre Strategie der nachhaltigen Strom- und Wärmeerzeugung erhalten hatten, soll auch die städtische Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) gestärkt werden. Sie managt bis jetzt 19 200 eigene Mietobjekte, davon sind rund 7800 preisgebunden (Stand Ende 2021). Die SWSG stellt damit in Stuttgart jede zweite vergleichsweise günstige Wohnung bereit.

 

Eigenkapitalquote bei 38 Prozent

OB Frank Nopper und Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) wollen am Freitag zusammen mit SWSG-Geschäftsführer Samir Sidgi über das „ambitionierte Investitionsprogramm“ des Unternehmens berichten, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Für dieses solle das Eigenkapital um 200 Millionen Euro erhöht werden. Es erreichte zuletzt 452 Millionen Euro, die Quote lag laut Bilanz 2021 bei 38 Prozent. Mit den 200 Millionen könnte die SWSG nach diesem Schlüssel rund 530 Millionen Euro generieren. Geld, das dringend benötigt wird, denn die SWSG plant bis Ende 2025 rund 2400 neuen Wohnungen. Sidgi hatte im Juni 2022 von dramatischen Preissteigerungen und kaum mehr kalkulierbaren Kosten gesprochen. Der Gemeinderat wollte die Aktivitäten nicht bremsen. Nun soll offenbar gegen die Inflation subventioniert werden. Baukonzerne wie Vonovia haben ihr Programm dagegen auf null gefahren.

Neue Ausrichtung seit 2017

Bereits 2017 hatte der Gemeinderat mit knapper Mehrheit von Grünen, SPD, SÖS/Linke-plus und dem Einzelstadtrat der Stadtisten beschlossen, dass die SWSG ihren Bestand mittelfristig auf 30 000 Einheiten aufstocken solle. Der Tiefststand war 2010 mit 17 902 erreicht worden, vorausgegangen waren eine Kapitalreduzierung um 25 Millionen Euro und der Verkauf von insgesamt rund 2000 Wohnungen. 1992 verfügte die Stadt Stuttgart noch über 27 416 Sozialwohnungen.

Vorgaben für den Klimaschutz

Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum gilt auch heute als ein wichtiges Element bei der Werbung von Arbeitskräften. Die Notwendigkeit einer Finanzspritze resultiert aber nicht nur aus dem Ziel nach mehr Wohnungen, sondern auch aus dem, bis 2035 klimaneutral zu sein. Diese strategische Vorgabe hat der Gemeinderat der SWSG im Mai 2021 gesetzt, ein Jahr, bevor das neue Klimaneutralitätsziel 2035 für die Gesamtstadt festgeschrieben wurde. Dazu müsste die Sanierungsquote bei der SWSG auf vier Prozent pro Jahr steigen. „Wir haben im Bestand der SWSG noch Gas- und womöglich auch Öl-Einzelofenheizungen“, sagt SPD-Fraktionschef Stefan Conzelmann. Alle Wohnungen müssten auf eine nachhaltige Wärmeversorgung umgestellt werden, so der Rechtsanwalt und Mieterberater. Die 200 Millionen Euro könnten dem Vernehmen nach in drei Tranchen fließen. 50 Millionen in diesem Jahr, 50 in 2024 und 100 Millionen im Jahr 2025. Als Rücklage für eine Wohnraumoffensive führte die Stadt Stand Ende 2021 noch rund 85 von ursprünglich 150 Millionen Euro im Haushalt.

Es muss nachverdichtet werden

Perspektivisch soll die SWSG vor allem im neuen Rosenstein-Quartier auf den alten Bahnflächen citynah bauen. Weil der Startschuss dazu weit in den 2030er Jahren liegen könnte, müsse man auf Nachverdichtungen setzen, also auf dichteres Bauen im Bestand, so Conzelmann. Diese Variante trifft vor Ort allerdings immer wieder auf Widerstand.

Neben der Neuausrichtung der SWSG steht für OB Frank Nopper auch der Neustart des Bündnisses für Wohnen an. In dem losen Zusammenschluss sind rund 35 Wohnungsbauer versammelt, darunter auch Genossenschaften, die um den Zuschlag für Grundstücke kämpfen. Auch diese Marktteilnehmer kämpfen gegen die Inflation an.