Der Kita-Streik stellt berufstätige Eltern vor große Herausforderungen. Dürfen sie notfalls zu Hause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen? Wir haben bei einem Arbeitsrechtler nachgefragt.

Stuttgart - Der unbefristete Kita-Streik stellt berufstätige Eltern vor Probleme: wo und wie organsiert man eine alternative Betreuungsmöglichkeit? Und welche Rechte haben berufstätige Eltern überhaupt? Der Stuttgarter Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer klärt auf.

 

Bei einem längerfristigen Streik dürfen berufstätige Eltern nicht einfach zuhause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen. Anders ist das bei einem kurzfristigen Warnstreik wie im April. Finden Eltern in der Kürze der Zeit keine Ersatzbetreuung für ihre Kinder, sei das ein wichtiger Grund, der eine vorübergehende Verhinderung am Arbeitsplatz rechtfertige. „Die Aufsichtspflicht geht vor“, sagt Jobst-Hubertus Bauer. Alleinerziehende haben oft gar keine andere Möglichkeit, als bei einem kurzfristigen Streik selbst zu Hause zu bleiben. Sind beide Elternteile berufstätig, darf nur einer der Arbeit fernbleiben.

Bei längeren Streiks müssen Eltern Ersatz suchen

Bleiben Eltern bei einem kurzfristigen Warnstreik wegen der Kinderbetreuung zu Hause, behalten sie grundsätzlich den Vergütungsanspruch, bekommen also weiterhin Lohn gezahlt – es sei denn, die Arbeitsvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Nach gängiger Meinung gilt das für Streiks bis etwa drei, maximal vier Tage. Bei einem längeren Streik wie es jetzt der Fall ist müssen sich Eltern um Ersatz kümmern – oder Urlaub nehmen. Sonst droht eine Abmahnung oder sogar die Kündigung.

„Je länger ein Streik im Voraus angekündigt ist, desto niedriger ist die Chance für berufstätige Eltern, den Vergütungsanspruch zu behalten“, erklärt Bauer. Denn dann haben sie mehr Zeit, eine alternative Kinderbetreuung zu organisieren.

Manche Arbeitgeber, so zum Beispiel die Stadt Stuttgart, erlauben es ihren Angestellten, die Kinder bei auch bei einem unbefristeten Kita-Streik mit zur Arbeit zu nehmen. Einen Anspruch darauf gibt es allerdings nicht. „Es kommt auch auf die Tätigkeit an“, so Bauer. Bei Bürojobs sei es in der Regel weniger problematisch als bei Arbeiten in der Produktion.

Notbetreuung in Stuttgart für Härtefälle

Von den 184 städtischen Kitas in Stuttgart bieten 15 eine Notbetreuung an. Die 306 Plätze für Kinder im Alter von eineinhalb bis sechs Jahre werden allerdings nur an Ausnahmefälle vergeben - beispielsweise wenn die Eltern oder betreuende Angehörige schwer erkrankt oder in einem befristeten Arbeitsverhältnis seien. Weitere Infos gibt es hier.

Falls sich Eltern bei einem Streik zusammenschließen und die Betreuung selbst organisieren, überlässt die Stadt ihnen die entsprechenden Räumlichkeiten der Kita.

Ob die Eltern für die Streikzeit anteilig Kita-Gebühren zurückbekommen, muss der Gemeinderat entscheiden. In früheren Fällen gab es einen Gebührenausgleich.

Eltern können sich über die städtische Hotline unter 0711 216 55 555 informieren, ob die Kita ihres Kindes bestreikt wird.

Auch wenn ein Kita-Streik besonders für berufstätige Eltern einen hohen Organisationsaufwand bedeutet, ist das Verständnis gegenüber den Erzieherinnen relativ groß - zumindest war es das noch beim Warnstreik am 20. April, wie unsere Umfrage zeigt.

 

"Haben Sie Verständnis für den Kita-Streik?"ver.di Baden-Württemberg GEW - Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Posted by stuttgarter-zeitung.de on Montag, 20. April 2015