Ihrer Präsenz in den hiesigen Konzertkalendern nach zu urteilen, sind Me and My Drummer in Stuttgart die Band der Stunde. Das Konzert am Dienstagabend im Schocken war ausverkauft. Live konnte das Duo aber nicht ganz halten, was es auf Platte verspricht.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Das Genre des Dream Pop, dem auch Me and My Drummer zugeordnet werden können, boomt. Die Leute stehen auf leicht gebrochene Beats, Synthesizer und Halleffekte. Man kann das in voller Bandbesetzung vorspielen so wie jüngst Wild Nothing, man kann sich seine Band auf Vinyl mitnehmen wie And the Golden Choir, die Vorband von Me and My Drummer. Oder man kann es machen wie der Hauptact am Dienstagabend. Das Duo kam zu zweit, ließ den Laptop nur ab und an laufen und verzichtete auch sonst auf Hilfsmittel.

 

Leider. Denn so löblich die Konzentration auf das Wesentliche, der Mut zur Lücke ist: der (ansonsten klare und gute) Sound im Schocken lässt immer wieder einen Bass vermissen, eine Gitarre oder einen Synthesizer, die über die Klangwände von Charlotte Brandi hinausgehen.

Immer die richtigen Beats

Die Sängerin selbst hat vor Jahren zum „Tübinger Tagblatt“ gesagt, es erfordere viel Fantasie, „damit man nicht merkt, dass der Bass fehlt.“ Matze Pröllochs ist da kein Vorwurf zu machen; der Schlagzeuger spielt mit Gefühl und viel Dynamik immer die richtigen Beats zur Klavier- oder Klangflächenbegleitung der Sängerin. Charlotte Brandi tut am Mikro, was sie kann, und das ist einiges. Man hört ein bisschen Björk raus, ein wenig von den alten Hercules and Love Affair, manchmal klingen die Dresden Dolle durch – Brandi hat eine weiche Stimme und kann an den etwas lauteren Stellen stets noch nachlegen. Fast immer singt sie auf Englisch.

Auf ihrer Single „You’re a Runner“ klingen Me and My Drummer so international, wie die Produzenten Lena Meyer-Landrut in „Stardust“ gerne klingen lassen wollten – wenngleich dieses Duo musikalisch natürlich nicht im entferntesten mit Lena in Verbindung gebracht werden sollte. Vom Sound her passt der Vergleich aber. Me and My Drummer können fast überall spielen und tun das auch. Dabei sind sie anders als Lena gerade für ein Indie-Publikum akzeptabel, wie man im (nicht nur von Pärchen bevölkerten) proppevollen Schocken besichtigen konnte.

Wie Intensivkuscheln mit Socken an

Leider fehlt an diesem Abend der letzte Kick, den die klanglich gar nicht so weit von Me and My Drummer entfernten Kollegen von The XX immerhin andeuten, ehe ihre Songs kurz vor dem Höhepunkt einfach abbrechen. Wenn The XX für den Coitus interruptus stehen, dann sind Me and My Drummer das Synonym für Intensivkuscheln mit Socken an. Man fühlt sich wohl, aber so richtig aufregend ist es nicht.

So lauscht man also diesem Konzert und den (schon bei And the Golden Choir meist missglückten) Ansagen und entdeckt doch lustige Momente. Wie die Westfälin Charlotte Brandi Schwäbisch spricht, obwohl doch nur der Tübinger Matze Pröllochs hier ein Fast-Heimspiel hat. Aber Brandi konnte üben, kennengelernt hat man sich der Legende nach schließlich bei einer Produktion des Landestheaters Tübingen.

Die Band ist nicht zum ersten Mal in Stuttgart

Der Schwabe Pröllochs erinnert sich denn auch daran, wie er vor fünf Jahren vor der Schocken-Bühne gestanden hat beim Konzert von Biffy Clyro. Entsprechend freue er sich, jetzt selbst hier spielen zu dürfen, so Pröllochs. Die Sängerin Charlotte Brandi merkt dann noch an, dass sie sich den wegen der riesigen Pailletten so schön glitzernden Second-Hand-Pulli aus Island (zähle die Hipster-Stichworte!) nur bei Konzerten zu tragen traue.

Me and My Drummer haben vergangenes Jahr im Zwölfzehn gespielt, waren beim Marienplatzfest im Juli, ihr Konzert im Schocken war krankheitsbedingt auf Dezember verschoben worden. Bald würden sie wiederkommen, kündigte die Band vorab für jene an, die keine Karte mehr bekommen hatten. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Me and My Drummer machen auch live tolle Musik, sie sind absolute Profis auf der Bühne und haben ihren eigenen Sound entwickelt. Das ist mehr als respektabel. Wenn einem nach dem Konzert keine Melodie im Kopf kleben bleibt, dann war das Konzert vielleicht trotzdem gut – nur nicht überragend.