Forscher datieren die Auswanderung des modernen Menschen aus Afrika auf eine immer frühere Zeit. Nun hat ein Team in Israel rund 180 000 Jahre alte Überreste des Homo sapiens entdeckt. Ein Altersrekord.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Tel Aviv/Stuttgart - Der moderne Mensch hat Afrika mindestens 50 000 Jahre früher verlassen als bisher gedacht. Das schließen Forscher aus den bislang ältesten bekannten Überresten eines Homo sapiens außerhalb Afrikas: Sie fanden in der Misliya-Höhle im Karmel-Gebirge in Nordisrael einen Teil eines Oberkiefers und acht Zähne, die sie auf ein Alter von etwa 180 000 Jahren datierten.

 

Der Knochen und die Zähne stammen aus der Misliya-Höhle im Karmelgebirge, etwa zwölf Kilometer südlich der Hafenstadt Haifa. Die Wissenschaftler um Israel Hershkovitz von der Universität in Tel Aviv berichten darüber im Fachmagazin „Science“. Paläoarchäologen forschen seit Jahren im Rahmen des „Misliya Cave Projects“ in der Höhle.

Sensationeller Fund

Der Fundort liegt nur knapp zehn Kilometer entfernt von der Skhul-Höhle. Dort waren in den 1930er-Jahren die bisher ältesten bekannten Überreste eines modernen Menschen außerhalb Afrikas entdeckt worden. Sie sind vor 20 Jahren auf ein Alter von 90 000 bis 120 000 Jahren datiert worden.

Nach bisheriger Lehrmeinung entstand der Homo sapiens vor etwa 300 000 Jahren in Afrika und wanderte vor rund 100 000 Jahren aus Afrika aus. Jüngere Genanalysen deuteten jedoch schon auf eine erheblich frühere Auswanderung hin.

Fund ist 177 000 bis 194 000 Jahre alt

Das Alter des aktuellen Funds aus der Misliya-Höhle bestimmten die Forscher mit drei verschiedenen Datierungsmethoden: Zwar erbrachte die sogenannte U-Series-Datierung eines Zahnstückes nur ein Alter von etwa 70 000 Jahren. Dies betrachten die Wissenschaftler als unterste Altersgrenze. Doch drei weitere Untersuchungen mit unterschiedlichen Methoden und in verschiedenen Laboren ergaben weitgehend übereinstimmende Ergebnisse: ein Alter zwischen 177 000 und 194 000 Jahren.

Zähne und Kieferknochen des Misliya-1 genannten Fossils wiesen sowohl Merkmale von modernen Menschen als auch von anderen Menschenarten, etwa dem Neandertaler, auf. „Eine der Herausforderungen in dieser Studie bestand darin, Merkmale in Misliya-1 zu identifizieren, die nur in modernen Menschen zu finden sind“, sagte Co-Autor Rolf Quam von der Binghamton University (USA). Die Forscher fanden die eindeutig modernen Kennzeichen bei den Schneidezähnen und dem Eckzahn. Die Backenzähne hingegen sehen teilweise vormodern aus.

Eindeutig Homo sapiens

In einem Kommentar, ebenfalls in „Science“, bekräftigen Chris Stringer und Julia Galway-Witham vom Natural History Museum in London (Großbritannien): „Die Kombination der Merkmale ist charakteristisch für Homo sapiens.“

Weitere Forschungsergebnisse erwartet

Auch Jean-Jacques Hublin vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hält die Befunde zum Alter von Misliya-1 für überzeugend. „Ich bin sehr froh über diese Studie“, betont Hublin. Die Untersuchung stütze seine Auffassung, dass Gruppen von Homo sapiens zu unterschiedlichen Zeiten aus Afrika ausgewandert sind.

Als fraglich sieht er jedoch die von den Studienautoren geäußerte Vermutung an, die Levalloistechnik (die typische Abschlagtechnik des Neandertalers bei der Bearbeitung von Feuerstein) zur Steinbearbeitung sei mit dem Auftauchen des modernen Menschen in der Zeit der Misliya-Menschen verbunden.

„Hellauf begeistert“ von der Studie ist Madelaine Böhme von der Universität Tübingen. Sie zeige erneut die Bedeutung des Mittelmeerraums für die Evolution des Homo sapiens. Die abweichende U-Series-Datierung fällt für sie nicht ins Gewicht, da sie auf Veränderungen des Zahnstücks nach seiner Versteinerung zurückgeführt werden könne. Zugleich kündigt sie an: „Das ist noch lange nicht das Ende.“ Sie erwartet für die nächste Zeit weitere spannende Datierungsergebnisse.

Auch die israelischen Forscher gehen von weiteren ähnlichen Funden aus, zumal die Auswanderung aus Afrika nach älteren genetischen Analysen vermutlich schon vor weit mehr als 200 000 Jahren erfolgt sei, schreiben sie in der Studie.

Von Afrika auf die Schwäbische Alb

Vorfahren aus der Steinzeit

Wann und in wie vielen Ausbreitungswellen besiedelte der moderne Mensch von Afrika und dem Nahen Osten ausgehend Europa? Die ältesten Überreste des modernen Menschen, die je in Europa gefunden wurden, stammen aus der Oase-Höhle („Peștera cu Oas“ – Knochenhöhle), einem Karsthöhlen-System in Rumänien. Es handelt sich um den Schädel eines Menschen, der vor 40 000 Jahren gelebt hat.

Wissenschaftler der Universität Tübingen und des Max-Planck-Instituts (MPI) für Menschheitsgeschichte in Jena fanden heraus, dass es mehrere große Einwanderungswellen gegeben, die sehr unterschiedliche Spuren im Erbgut des heutigen Europäers hinterlassen haben.

Besiedlung in mehreren Wellen

Die erste Einwanderungswelle moderner Menschen gen Europa erfolgte vor circa 42 000 Jahren. Zu ihnen gehörte auch ein Mann, der vor rund 40 000 Jahren lebte und dessen Knochen im Jahr 2002 in der Oase Höhle („Peștera cu Oas“) in Südwest-Rumänien gefunden wurden. Es sind die ältesten Überreste des modernen Menschen, die jemals in Europa entdeckt wurden.

Die Vorfahren dieses Individuums hatten sich erst kurz zuvor mit dem Neandertaler vermischt. Seine Gruppe trug aber keinen genetischen Beitrag zu den heutigen Europäern bei.

Die Menschen in der darauffolgenden Aurignacien-Kultur (4 000 bis 31 000) fertigten die ersten Musikinstrumente und Kunstwerke wie die berühmte Venus aus dem Hohle Fels. Sie wanderten wahrscheinlich aus dem Nahen Osten entlang der Donau nach Zentraleuropa ein.

Alb-Karsthöhlen boten Schutz

Die Schwäbische Alb war in dieser Frühphase eines der wichtigsten Siedlungsgebiete in Europa. Aufgrund der vielen Karsthöhlen bot sie Schutz und Unterschlupf vor der Witterung und den eiskalten Wintern. Durch ihre Steppen zogen Mammuts, Wollnashörner und Riesenhirsche, die Nahrung und Kleidung lieferten. Weil die Bevölkerung relativ groß und stabil war, konnten Kunstgegenstände wie die Venus vom Hohle Felsund die ersten Musikinstrumente aus dem Geißenklösterle entstehen.

„Das Klima hat immer wieder Einfluss auf das Überleben und die Wanderungsbewegungen der modernen Menschen genommen“, erläutert der Evolutionsgenetiker Johannes Krause, Direktor am MPI in Jena. Als das Eis zurückkehrte und große Teile des Kontinents bedeckte, starben die meisten Menschen auf der Alb oder wanderten nach Südfrankreich oder auf die Iberische Halbinsel aus. Die Neandertaler waren zu dieser Zeit schon ausgestorben.

Mammutjäger und Ackerbauern

Die nächste große Wanderungsbewegung erfolgte vor 14 000 Jahren aus dem Nahen Osten. Es ist nicht genau bekannt, welcher Kultur diese Menschen zugeordnet werden müssen.

Um 7000 kamen Menschen aus dem Nahen Osten, die bereits Ackerkultur betrieben. Aus Jäger und Sammlern werden Bauern und Viehzüchter (sogenannte Neolithische Revolution).

Vor etwa 5000 Jahren kam es zu einer massiven Einwanderung aus den zentralasiatischen Steppen. Die lokale Bevölkerung Mitteleuropas wurde kurzfristig fast komplett verdrängt.

Epochen der Steinzeit

Steinzeit

Die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte ist durch den Gebrauch von Steinwerkzeugen gekennzeichnet, die bereits von frühen Vertretern der Gattung „Homo“, dem „Homo habilis“ und „Homo erectus“ hergestellt wurden. Die Steinzeit begann vor 2,6 Millionen Jahren in Afrika und in Europa vor 1,1 Millionen Jahren und endete vor 2200 v. Chr.. Die Steinzeit wird in drei große Perioden unterteilt:

Altsteinzeit

Die Altsteinzeit (Paläolithikum) beginnt mit dem Altpaläolithikum (vor 2,6 Millionen bis 300 000 Jahren), gefolgt vom Mittelpaläolithikum (vor 300 000 bis 40 000 Jahren) und endet mit dem Jungpaläolithikum (vor 40 000 bis 10 000 Jahren). Die Menschen waren Jäger und Sammler, zusammengesetzte Jagdwaffen aus Holz und Stein und das Feuer waren ihnen bekannt.

Mittel- und Jungsteinzeit

Mit dem Ende der Eiszeit beginnt in Europa die Mittelsteinzeit (Mesolithikum, 9600-4500 v. Chr.). Der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht markiert den Beginn der Jungsteinzeit (Neolithikum, deshalb auch Neolithische Revolution genannt). In Mitteleuropa beginnt sie um 5600 bis 4900 v. Chr. und endet um rund 2150 v. Chr..

Kupfer- und Bronzezeit

Das Ende der Steinzeit wird eingeläutet durch den in Ägypten, Südosteuropa und Vorderasien aufkommenden Kupferbergbau und die ersten Techniken der Metallurgie (sogenannte Kupferzeit). Der bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi (um 3300 v. Chr.).

Mit der Bronzezeit, in der Metallgegenstände vornehmlich aus Bronze (einer Legierung von Kupfer und Zinn) hergestellt werden, endet endgültig die Steinzeit.