Die 15-Millionen-Euro-Provision für den Aktiencoup mit dem Land Baden-Württemberg war für Morgan Stanley im Geschäftsjahr 2011 ein wichtiger Posten. Ohne den EnBW-Deal wären die Einnahmen der Investmentbank sonst stärker gesunken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Einnahmen aus dem EnBW-Deal waren für die Deutschland-Tochter der Investmentbank Morgan Stanley wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung. Ohne die etwa 15 Millionen Euro Provision aus Baden-Württemberg hätte sie 2011 womöglich kaum noch Gewinn gemacht. Das ergibt sich aus dem Jahresabschluss der Morgan Stanley Bank AG in Frankfurt, der jüngst im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Danach hat die Bank im vergangenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis vor Steuern von 13,5 Millionen Euro erwirtschaftet, drastisch weniger als im Jahr zuvor; damals waren es noch 24,1 Millionen Euro. Der Bilanzgewinn wird auf 8,7 Millionen Euro (Vorjahr: 15,4 Millionen Euro) beziffert.

 

Der Einbruch resultiert maßgeblich aus dem Rückgang der Provisionserträge aus dem Vermittlungs- und Beratungsgeschäft. Sie „tragen den größten Teil zum Gesamtergebnis bei“ und sanken gegenüber 2010 von 111,1 Millionen Euro auf 88,2 Millionen Euro. Diese Summe setzt sich laut Jahresabschluss aus zwei Komponenten zusammen: 55 Millionen Euro (Vorjahr: 72 Millionen Euro) für Beratungsleistungen im Investmentbanking – dazu gehört der EnBW-Deal – und 33 Millionen Euro (Vorjahr: 39 Millionen Euro) für die Vermittlung von Finanzprodukten.

„Für Dich mach ich doch alles“

Der inzwischen ausgeschiedene Deutschland-Chef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, wollte die Rechnung – 12,8 Millionen Euro zuzüglich Steuern – ursprünglich gleich nach Abschluss der Transaktion im Februar 2011 stellen. Wegen der bevorstehenden Landtagswahl bat der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) aber um Aufschub von etwa drei Wochen und versprach „die Bezahlung unmittelbar nach der Wahl“. Notheis reagierte darauf in einer Mail mit den Worten: „Für Dich mach ich doch alles.“ Seinen Vorschlag, die Rechnung am 25. März – also zwei Tage vor der Wahl – zu schicken, nannte Mappus „super“. In einem ironischen „PS“ fügte er hinzu: „Falls die Kohle nicht mehr reicht, ich spendier im Stami (Staatsministerium, die Red.) warmes Essen und warme Getränke . . .“

Möglicherweise wegen des schlechteren Ergebnisses im Jahr 2011 ist auch die Vergütung des deutschen Morgan-Stanley-Vorstands gesunken. Die Gesamtbezüge der vier beziehungsweise fünf Mitglieder gingen nach dem Jahresabschluss von 7,9 Millionen Euro auf 5,9 Millionen Euro zurück; einzelne Bezüge werden nicht ausgewiesen. Die Frage der StZ, ob und inwieweit Notheis vom EnBW-Deal auch persönlich profitiert habe – etwa über einen Bonus – wurde von der Bank nicht beantwortet. Den Jahresabschluss hat der enge Freund von Mappus im März noch als Vorstandsvorsitzender unterzeichnet, wenige Monate später schied er nach einer kurzen „Auszeit“ endgültig aus. Über einen Nachfolger wurde bisher nichts bekannt.

Sorge vor „Reputationsrisiken“

Vom EnBW-Deal ist in der Bilanz zwar nicht explizit die Rede, aber im Risikobericht gibt es eine Passage, die darauf anspielen könnte. „Die Bank ist sich bewusst, dass Reputationsrisiken einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit eines Kreditinstituts haben können“, heißt es dort. Durch den EnBW-Deal hat der Ruf von Morgan Stanley Deutschland nach Einschätzungen aus der Branche erheblich gelitten. Vertreter anderer Investmentbanken berichten, dies sei im Markt bereits deutlich spürbar. Sie erhielten heute wesentlich mehr Aufträge, die früher wohl an Morgan Stanley gegangen wären.

Neben dem Rufschaden drohen Morgan Stanley zudem Schadenersatzforderungen des Landes; sie werden im Auftrag der Regierung von einer Anwaltskanzlei vorbereitet. Ihre Höhe dürfte auch vom Ausgang des Schiedsverfahrens gegen die Electricité de France (EdF) abhängen, von der das Land 840 Millionen Euro zurückfordert. Im Jahresabschluss ist allerdings keine entsprechende Risikovorsorge erkennbar.

Schweigen auf Anfrage zu Geldflüssen

Keine Hinweise gibt es bis jetzt auf etwaige Geldflüsse neben der offiziellen Vergütung. Entsprechende Vermutungen werden in der Öffentlichkeit, gegenüber den Medien und der Justiz immer wieder geäußert; die Staatsanwaltschaft wurde in Anzeigen aufgefordert zu prüfen, ob Mappus auch persönlich von dem Deal profitiert habe. Eine Anfrage der Stuttgarter Zeitung dazu lassen Morgan Stanley, Notheis und Mappus allerdings seit Wochen unbeantwortet. Die StZ hatte nach etwaigen Parteispenden an die CDU oder Zahlungen beziehungsweise geldwerten Leistungen an Mappus oder sein Umfeld gefragt.

Parteispenden der Bank sind aus den Spendenberichten des Bundestages nicht ersichtlich. Der Bericht für 2011 ist zwar noch nicht veröffentlicht, aber Spenden über 50 000 Euro, die sofort offengelegt werden müssen, sind nicht gemeldet. Die Bank, Notheis und Mappus reagierten weder auf die Fragen noch auf eine Nachfrage.