Dirk Notheis' Investmentbank Morgan Stanley wollte sich beim EnBW-Deal lukrative Folgeaufträge sichern. Das zeigt der Vertrag mit Neckarpri

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der EnBW-Deal des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) sollte der Investmentbank seines Freundes und Parteifreundes Dirk Notheis, Morgan Stanley, offenbar lukrative Folgeaufträge bescheren. Das ergibt sich nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" aus einer Vereinbarung zwischen Morgan Stanley Deutschland und der Landesgesellschaft Neckarpri GmbH.

 

Neben der Begleitung bei dem Aktienkauf an sich sollte die Investmentbank danach auch die dafür notwendigen Milliardenanleihen platzieren und später Teile des Aktienpakets an die Börse bringen. Das Honorar dafür sollte erst noch bestimmt werden, hätte aber wohl erneut mehrere Millionen Euro ausgemacht.

Laut "Spiegel" erhielt Morgan Stanley (Deutschlandchef: Notheis) für die Begleitung des Landes beim Kauf von 45 Prozent der EnBW-Anteile etwa 13 Millionen Euro. Dies entspräche einem Großteil der Erwerbsnebenkosten von 15 Millionen Euro (einschließlich Steuern 19 Millionen Euro) und 0,275 des Transaktionsvolumens. Üblich sind bis zu 0,8 Prozent des Volumens.

Vertrag mit Investmentbank wurde 4 Tage vor Kauf geschlossen

Fachleute hatten jedoch darauf hingewiesen, dass die Leistungen der Investmentbank deutlich geringer gewesen seien als in anderen Fällen. So hätten sich der Verkäufer - der französische Staatskonzern Électricité de France (EdF) - und das Land als Käufer bereits gut gekannt, sodass eine Vermittlung allenfalls eingeschränkt nötig war. Außerdem gab es keine umfassende Wertermittlung der Anteile ("Due Diligence"), ebenfalls weil der Käufer das Unternehmen gut kenne.

Morgan Stanley hatte den Auftrag des Landes ohne Ausschreibung erhalten. Dabei berief sich Mappus auf eine Ausnahmeklausel für Finanztransaktionen. Der Vertrag zwischen der eigens für den EnBW-Kauf gegründeten Landesgesellschaft Neckarpri und der Investmentbank wurde nach "Spiegel"-Angaben erst am 2. Dezember, also vier Tage vor dem Kauf der EnBW-Aktien, geschlossen. Unterzeichner auf Landesseite war offenbar Mappus' Staatsminister Helmut Friedrich Rau (CDU), der auch als Neckarpri-Geschäftsführer fungierte.

Entgegen der Vereinbarung wurde Morgan Stanley bei der Platzierung der Milliardenanleihen für das Geschäft aber nicht beteiligt. Mappus hatte ursprünglich eine "Baden-Württemberg-Anleihe" angekündigt, die jeder Bürger des Landes zeichnen könne. Tatsächlich wurden die beiden Tranchen von zwei und 2,5 Milliarden Euro komplett von der landeseigenen L-Bank übernommen. Die Regierung Mappus hatte gegenüber der StZ dafür Zeit- und Kostengründe genannt. Möglicherweise kamen ihr auch Bedenken, weil die Beauftragung des Mappus-Trauzeugen und CDU-Landesvorständlers Notheis öffentlich scharfe Kritik ausgelöst hatte.

Land sollte länger Aktionär bleiben als angekündigt

Zur Platzierung von EnBW-Aktien an der Börse, an der Morgan Stanley ebenfalls mitverdienen wollte, ist es bisher nicht gekommen. Mappus hatte zunächst angekündigt, der Karlsruher Energiekonzern solle der vierte baden-württembergische Wert im Deutschen Aktienindex (Dax) werden. Von dieser als unrealistisch angesehenen Prognose, in der ihn Notheis bestärkt hatte, rückte er später wieder ab. Die Ankündigung, das Land wolle die Aktien nur "temporär" behalten, diente offenbar vor allem der Beruhigung des Koalitionspartners FDP. Tatsächlich werde man wohl auf Jahre hinaus Aktionär bleiben, sagten führende CDU-Politiker damals intern.

Ein Sprecher der Landesregierung wollte sich zur Vorabmeldung des "Spiegels" am Wochenende nicht äußern. Wenn die Angaben relevant seien, würden sie im Zuge der Gesamtüberprüfung des EnBW-Deals berücksichtigt. Von Morgan Stanley war, wie üblich, keine Stellungnahme zu erhalten - auch nicht zu einem Bericht des "Handelsblatts", nach dem der EnBW-Deal für die Investmentbank nicht in erster Linie wegen des Honorars wichtig gewesen sei.

Berichte über neue Strafanzeige

2010 war danach ein schlechtes Jahr für das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen. Erst durch die millliardenschwere EnBW-Transaktion - sie machte 40 Prozent des Jahresvolumens aus - habe sich die Bank einen einigermaßen akzeptablen achten Platz unter den Investmentbanken gesichert.

Das "Handelsblatt" berichtet zudem von einer neue Strafanzeige wegen des EnBW-Deals, die von einer bayerischen Staatsanwältin stamme. Darin würden Ermittlungen gegen Mappus und seinen Finanzminister Willi Stächele sowie die Helfer der Investmentbank und der Anwaltskanzlei gefordert. Bisher hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart trotz mehrerer Anzeigen jeden für Ermittlungen notwendigen Anfangsverdacht verneint. Wenn die Behörde weiterhin untätig bleibe, zitierte die Zeitung die rechtskundige Anzeigeerstatterin, würde dies "auf Unverständnis stoßen und an Strafvereitelung im Amt grenzen".

EnBW-Chef auf Abruf

Aufsichtsrat Am morgigen Dienstag versammelt sich der EnBW-Aufsichtsrat. In der Runde will der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) wissen, wozu das Unternehmen eine Kapitalspritze braucht - die Rede ist von 800 Millionen Euro. Vorstand Zwischen der Landesregierung und dem EnBW-Chef Hans-Peter Villis bahnt sich wegen des Themas ein Machtkampf an. Wie es in Regierungskreisen heißt, soll bereits nach einem Nachfolger für Villis gesucht werden.