Das stillgelegte Caro-Landkaffee-Werk in Ludwigsburg soll großteils von der Stadt aufgekauft werden. Damit könnte ein alter Traum in Erfüllung gehen: Ein zweites Westportal für den überfüllten Bahnhof.

Ludwigsburg - Kaum sind die Werkstore des Caro-Werks beim Ludwigsburger Bahnhof für immer geschlossen, gibt es konkrete Pläne für die Zukunft des Areals. „Wir führen Gespräche mit der Firma Nestlé mit dem Ziel, einen Teil des Geländes zu erwerben“, erklärt der Oberbürgermeister Werner Spec auf Anfrage. Ein Drittel bis zur Hälfte der Fläche könnte in städtische Hand kommen.

 

Was hat das Rathaus damit vor? Zunächst geht es darum, einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: Eine zweite Unterführung der Bahngleise und somit einen zweiten Westausgang des Bahnhofs. „Es ist der meistgenutzte Bahnhalt in Baden-Württemberg“, sagt der OB, „wenn mehrere Züge halten, herrscht drangvolle Enge.“ Diese Idee ist nicht neu, doch was Spec nun vorstellt, geht weit über das Bekannte hinaus.

Ex-Mitarbeiter sind nicht erfreut

Noch im vorigen Sommer wurden weitergehende Pläne dementiert, weil dies politisch heikel war: Die am Ludwigsburger Standort gut 100 verbliebenen Mitarbeiter warfen der Stadt und dem Lebensmittelkonzern vor, mit einem Grundstücksdeal von der Schließung des Caro-Landkaffee-Werkes profitieren zu wollen.

Die Stadtverwaltung sieht nun durch einen teilweisen Erwerb des Geländes mehrere Chancen für die Innenstadt: An einem zweiten Westportal könnte ein neues Fahrradparkhaus entstehen oder Kurzparkplätze für Autos. Und eine Station für Elektroroller. „Wir wollen die Tradition dieses Standortes mit Innovation verbinden“, sagt Spec dazu.

Kreative und IT-Ingenieure sollen sich ansiedeln

Der Großteil der historischen Firmengebäude muss wegen Denkmalschutzes erhalten bleiben. Das hat die Stadt auch vor. So könnten sich IT-Unternehmer, Kreative oder kleinere Firmen auf dem Areal ansiedeln. „Wir sehen ein erhebliches Potenzial, dort neue Arbeitsplätze in innovativen Branchen zu schaffen“, sagt der OB.

Die Gespräche mit dem Nestlé-Konzern laufen. „Wir wollen verhindern, dass sich ein Dritter die Flächen sichert“, betont das Stadtoberhaupt. Sollte Nestlé mit einem anderen Investor einen Vertrag abschließen, hätte die Kommune als letztes Mittel auch ein Vorkaufsrecht – dieses Instrument wolle man aber möglichst nicht einsetzen, heißt es im Rathaus. Gut möglich ist auch, dass die Stadt die Flächen zunächst erwirbt, einen Plan für das Quartier erstellt und später wieder veräußert.

Damit folgt die Stadt einem bewährten Muster. Schon bei den schwierigen Verhandlungen zur Wiederbelebung des Marstallcenters war es die Stadt, die Abstimmungsprobleme löste – indem sie die marode Mall selbst kaufte und dann an die Immobilienentwickler der ECE weiter veräußerte. Ähnlich ging Ludwigsburg auch vor, als die EnBW ihre Zentrale in der Hoferstraße verließ: Weil das Land darin eine riesige Flüchtlingsunterkunft integrieren wollte, vereitelte das Rathaus die Pläne und griff selbst zu. Ludwigsburg kaufte das dreistöckige Gebäude, das danach von Bosch übernommen wurde.

Stadt sichert sich Einfluss

Auf diese Strategie will Spec nun offenbar auch am Bahnhof zurückgreifen: Wenn Ludwigsburg plant, an den Gleisen die Nestlé-Grundstücke zu erwerben, dann vor allem, um dort Einfluss auf die weitere Entwicklung zu haben.

So könnte auch eine große Lösung für das in die Jahre gekommene und wenig attraktive Bahnhofsgelände konkretere Formen annehmen. „Wir verhandeln mit dem Immobilienfonds, der die Flächen dort vermietet“, bestätigt Werner Spec. So rückt ein möglicher Abriss des Gebäudes und ein groß angelegter Neubau in Reichweite.