Nach neuen Berichten über geheime deutsche Datensammler in Diensten der US-Behörde NSA wächst der Druck auf BND, Verfassungsschutz – und das Kanzleramt.

Berlin - Wochenlang war Kanzleramtsminister Ronald Pofalla in der NSA-Spähaffäre abgetaucht. Doch nun drängt der für die Geheimdienste zuständige Merkel-Vertraute zur Eile. Vizeregierungssprecher Georg Streiter sagte am Montag , Pofalla habe den Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann (SPD), gebeten, „ab Mittwoch“ einen Termin zu benennen. Pofalla wolle den Mitgliedern des geheim tagenden Gremiums zur parlamentarischen Kontrolle der deutschen Geheimdienste Rede und Antwort stehen.

 

Auslöser für den plötzlichen Sinneswandel Pofallas sind Berichte vom Wochenende, wonach das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und der Bundesnachrichtendienst (BND) die Spähsoftware XKeyscore des US-Dienstes National Security Agency (NSA) verwenden. BND-Präsident Gerhard Schindler hat zudem bestätigt, damit gewonnene Daten über deutsche Staatsbürger auch an die NSA übermittelt zu haben, wenn auch nur in seltenen Fällen. So seien im Jahr 2012 zwei Datenpakete weitergegeben worden.

Den Rücktritt näher gelegt

Die Opposition hat deshalb vor allem dem BND-Chef im Visier. Die Lage ist für ihn auch deshalb äußerst unkomfortabel, weil die US-Partner in geheimen Dokumenten angeblich sowohl seinen Eifer als auch seine Bereitschaft loben, die Bundesregierung zu einem „laxeren“ Umgang mit Datenschutzregelungen zu bewegen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Schindler den Rücktritt nahe gelegt, sollte dieser die Vorwürfe nicht entkräften können. Auch Vizesprecher Streiter ließ durchblicken, dass Merkels Bereitschaft, Schindler und Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen dauerhaft zu stützen, gering ist. Ihr Satz, wonach auf deutschem Boden deutsches Recht zu gelten habe, gelte auch für die deutschen Dienste, mahnte Streiter an. Man nehme die jüngsten Berichte „sehr ernst“. Forderungen nach personellen Konsequenzen sollte man aber erst erheben, „wenn man etwas weiß“, so Streiter.

Auch Pofalla ist in Erklärungsnot. Er muss sich auf eine schwierige Befragung vorbereiten. Denn entweder wusste er von all dem nichts – dann spricht das nicht für seine Eignung als Geheimdienstkoordinator. Oder aber er wusste davon – dann bricht die Argumentation der Bundesregierung zusammen, von den NSA-Machenschaften keine Ahnung gehabt zu haben.