Das Erstaunlichste an der Forderung, die Hälfte des Kabinetts mit Frauen zu besetzen, ist die enorme Aufregung, die das Ansinnen hervorruft. Der Wunsch kommt beileibe nicht überraschend. Guido Wolf hat als CDU-Spitzenkandidat im Landtagswahlkampf genau das versprochen. Thomas Strobl, der CDU-Landesvorsitzende, hat sich loben lassen für sein Projekt „Frauen im Focus“. Jetzt kommt’s drauf an. Die Herren sind im Wort. Auch die Grünen müssen sich im Übrigen in Sachen Parität noch mächtig anstrengen.

 

An weiblicher Kompetenz mangelt es nicht

Zweitens, warum sollte eigentlich nicht jeder zweite Platz auf der Ministerbank an Frauen gehen? Das schließt Besetzungen nach Qualifikation keineswegs aus. Geeignete Frauen gibt es genug. Für jedes Ministeramt gäbe es mindestens eine Frau, die sich dank ihrer Kenntnisse und Erfahrungen dafür empfiehlt. Man muss nur intensiver hinschauen, wenn man kompetente Frauen sucht. Oft findet man sie in der zweiten Reihe. Bemerkenswert ist allerdings, wie schnell die Frage nach der Kompetenz gestellt wird, wenn es um Frauenquoten geht. Es wäre ein enormer Beitrag zur Gleichstellung, wenn der Kompetenznachweis in der rigorosen Form, wie er für Frauen gefordert wird, auch für Männer gälte. Im Zweifel schlagen bei der Besetzung politischer Posten das Netzwerk und der Regionalproporz die Eignung und Befähigung. Und da sind die Männer im Vorteil. Das entscheidende, was Frauen häufig fehlt, ist die Hausmacht in den Parteien. Das wiederum kommt nicht von ungefähr. Es gibt schlicht zu wenige Frauen, die in den Parteien etwas zu sagen haben. In den Fraktionen, die gerne den ein oder anderen der ihren in die Regierung entsenden, muss man im baden-württembergischen Landtag die Frauen mit der Lupe suchen. Nicht einmal ein Viertel der Abgeordneten ist weiblich.

Bisher sind Frauen strukturell benachteiligt. Um diesen Nachteil auszugleichen, müssen sie nun die Hälfte der Plätze in der ersten Reihe bekommen. Es zeigt sich, dass die Parität freiwillig nicht geht, also muss es eben mit der Quote gehen. Auch beim baden-württembergischen Einstimmenwahlrecht sind Frauen im Hintertreffen. Ein Listenwahlrecht mit paritätisch besetzten Plätzen ist überfällig. Sind dann erst einmal mehr weibliche Abgeordnete im Landtag, wird sich die Frage, ob es genügend geeignete Frauen für Ministerposten gibt, nicht mehr stellen. Hoffentlich.