Weil ein 28-Jähriger Mann immer wieder ohne Führerschein unterwegs ist, steht er jetzt vor Gericht. Dort offenbart sich Kurioses.

Leonberg - Fast wie ein Schmierenstück aus einer Gerichtsshow im Privatfernsehen ist ein Prozess vor dem Amtsgericht Leonberg abgelaufen, bei dem ein 28-jähriger Gastronom aus Leonberg wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. Die Strafe fiel so hoch aus, weil der Angeklagte innerhalb weniger Monate zum dritten Mal wegen dieses Delikts vor Gericht stand. „Ich hoffe, diese Bewährungsstrafe wirkt wie ein Damoklesschwert, das sie davor bewahrt, sich je wieder ohne Führerschein ans Steuer eines Autos zu setzen“, sagte Richterin Jasmin Steinhart in ihrer Urteilsbegründung.

 

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, am 5. Februar vergangenen Jahres in der Rutesheimer Straße mit seinem Audi unterwegs gewesen zu sein, obwohl ihm sein Führerschein bis 1. April entzogen worden war. Das hatte der 28-Jährige bestritten. Er sei an diesem Tag die ganze Zeit in seinem Café gewesen, da in diesem die Decke renoviert worden sei. Weil seine heute 17-jährige Freundin an diesem Tag einen Termin beim Jugendamt gehabt habe, habe sie sein bester Freund dorthin gefahren. „Er sieht mir sehr ähnlich, wir sind bei einer Blitzer-Sache schon einmal verwechselt worden“, erklärte der Angeklagte. Er vermute, dass die Eltern seiner Freundin ihn belasten würden, weil sie etwas gegen die Beziehung hätten. „Sie haben zu mir gesagt, dass sie mich in den Knast bringen würden und die Beziehung schon auseinander kriegen“, erklärte der Angeklagte.

„Das ist ja fast Pädophilie“

Gleich drei Zeugen bestätigten, dass der Angeklagte an diesem Tag nicht seine Freundin zum Jugendamt gefahren hatte: Der beste Freund erklärte, er könne sich zwar nicht mehr an den 5. Februar 2018 erinnern, er habe die Freundin jedoch mehrfach zum Jugendamt, zum Friseur oder zum Einkaufen gefahren. Die 17-jährige Freundin des Angeklagten bestätigte, dass sie vom besten Freund chauffiert worden sei. Sie könne sich an den 5. Februar noch gut erinnern, da es auf dem Jugendamt zu einer Eskalation mit ihren Eltern gekommen sei und sie wütend und weinend das Amt verlassen habe und mit dem Bus zurück ins Café gefahren sei. Auch die Schwester des Angeklagten erinnerte sich „an den Stress auf dem Jugendamt“, und dass der beste Freund die 17-Jährige gefahren habe.

Die Mutter und der Vater des Mädchens belasteten hingegen den Angeklagten schwer: Sie hätten ihn im Auto sitzen und losfahren sehen, als sie vor dem Jugendamt einen Parkplatz gesucht hätten. Dabei habe er den Kopf gesenkt. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass er es war“, meinte die Mutter. Sie räumte ganz offen ein, dass sie gegen die Beziehung ihrer Tochter mit dem Angeklagten sei. „Ich bin mit seiner Lebensart nicht einverstanden. Er ist 28, sie 17, das ist ja fast Pädophilie“, meinte sie. „Wir wollen nicht, dass unsere Tochter mit einem Mann zusammen ist, der fast doppelt so alt ist wie sie“, hieb der Vater des Mädchens in die gleiche Kerbe. Auch er sei sich zu 100 Prozent sicher, dass es der Angeklagte gewesen sei, der im Audi gesessen habe. „Wir kennen ihn, seit er klein ist“, sagte der 60-Jährige.

Zur entscheidenden Figur im Prozess wurde ein Polizeibeamter. Er erklärte, dass die Eltern am 23. Februar auf dem Revier in Leonberg erschienen seien, um ihre Tochter als vermisst zu melden. Dabei sei auch der Jugendamtstermin am 5. Februar erwähnt worden, und dass sie den Angeklagten damals im Auto gesehen hätten. „Von Amts wegen haben wir dann wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermittelt, weil uns der Angeklagte deswegen schon aus früheren Verfahren bekannt war“, berichtete der Polizeibeamte. Der 28-Jährige habe in zwei Vernehmungen unterschiedliche Aussagen gemacht: Zunächst habe er gesagt, er sei bei dem Jugendamtstermin zur Unterstützung dabei gewesen, später habe er gesagt, er sei im Café geblieben.

Für den Staatsanwalt war die Aussage des Polizisten nach einer „Verhandlung, die einer Achterbahnfahrt glich“ der Beweis, dass der Anklagevorwurf zutrifft. Die Schwester und die Freunde hätten den Angeklagten mit ihren Aussagen schützen wollen. Er forderte eine Geldstrafe von 5500 Euro und ein achtmonatiges Fahrverbot. Der Verteidiger des Angeklagten plädierte auf Freispruch und wies darauf hin, dass die Eltern „eine gewisse Feindseligkeit“ gezeigt hätten.

Verfahren wegen Falschaussage?

Richterin Steinhart verhängte neben der fünfmonatigen Bewährungsstrafe noch ein achtmonatiges Fahrverbot gegen den Angeklagten und legte ihm zudem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit auf.

Die Aussagen der Eltern seien glaubhaft, da sie den Angeklagten nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis angezeigt hätten, sondern dies erst durch gesonderte Ermittlungen neben der Vermisstenanzeige herausgekommen sei. Zudem hätten sich die Aussagen der Eltern in weiten Teilen gedeckt, während es bei den Aussagen des besten Freundes und der Schwester Widersprüche gegeben habe.

Der Staatsanwalt erklärte, er behalte es sich vor, Verfahren wegen Falschaussage vor Gericht einzuleiten.