EU und Nato kommen in den nächsten Wochen zu wichtigen Gipfeltreffen zusammen. Kanzler Scholz verteidigt in einer Regierungserklärung dazu den EU-Asylkompromiss und sagt der Ukraine weitere Unterstützung zu - allerdings mit gewissen Grenzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die europäischen Pläne für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen im Bundestag gegen Kritik auch aus der eigenen Ampel-Koalition verteidigt. „Das ist eine historische Einigung, weil sie zeigt, dass die EU ihre Differenzen auch bei den kontroversesten Themen überwinden kann“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel in der kommenden Woche. „Deutschland wird durch ein solches neues und faires System auch entlastet, denn bisher waren wir das Hauptziel für weitgehend ungesteuerte Binnenmigration innerhalb des Schengen-Raums.“

 

Die EU-Staaten hatten Anfang Juni für umfassende Reformpläne gestimmt. Asylanträge von Migranten, die aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent stammen, sollen bereits an den EU-Außengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden. Vor allem bei den Grünen, aber auch in der SPD gibt es Kritik an dem Kompromiss.

Merz: Ampel-Streit schadet der EU

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hielt der Ampel-Regierung vor, mit anhaltendem Streit die Weiterentwicklung einer gemeinsamen EU-Außenpolitik auszubremsen. „Wir könnten in Europa wesentlich weiter sein, wenn es eine geschlossenere Haltung der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Bundesregierung, in Europa gäbe“, kritisierte Merz, der auch CDU-Chef ist. Wenn sich die Bundesregierung permanent über innen-, außen- und europapolitische Fragen streite, „überträgt sich dieser Streit auch auf die Europäische Union“. Deutschland sei schließlich „das geostrategisch wichtigste Land in der Mitte Europas“.

Appell an Erdogan: Weg für Nato-Aufnahme Schwedens frei machen

Der Kanzler ging in seiner Rede auch auf den Nato-Gipfel in Vilnius am 11. und 12. Juli ein und pochte auf einen raschen Beitritt Schwedens zu dem Bündnis, der weiterhin von der Türkei blockiert wird. Er sei „der festen Überzeugung, dass neben Finnland auch Schweden als neuer Verbündeter mit am Gipfeltisch sitzen sollte“, sagte der SPD-Politiker. Er appelliere an den wiedergewählten türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, den Weg dafür nun freizumachen - wie es beim Nato-Gipfel in Madrid im vergangenen Jahr gemeinsam beschlossen worden sei.

Vor dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 ebenso wie Finnland die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Finnland ist seit Anfang April Mitglied, Schweden fehlt dagegen weiter die Zustimmung der Türkei und Ungarns. Erdogan hatte kürzlich die Zustimmung zum Beitritt Schwedens bis zum Nato-Gipfel in Zweifel gezogen und Schweden erneut vorgeworfen, nicht entschieden genug gegen „Terrororganisationen“ vorzugehen. Schweden hatte vor kurzem seine Terrorgesetze verschärft, das Oberste Gericht des Landes hatte danach die erste Auslieferung eines PKK-Anhängers an die Türkei genehmigt.

Ukraine-Hilfe auf Stärkung der Kampfkraft konzentrieren

Scholz bekräftigte auch, dass ein Beitritt der Ukraine zu dem Bündnis vor einem Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht infrage kommt. Das habe auch die ukrainische Regierung selbst festgestellt. „Deshalb werbe ich dafür, dass wir uns in Vilnius auf das konzentrieren, was jetzt absolute Priorität hat: Nämlich die tatsächliche Kampfkraft der Ukraine zu stärken.“

Beim Gipfel wird es darum gehen, wie die Ukraine an die Nato herangeführt werden kann und welche Sicherheitsgarantien ihr nach einem Ende des Kriegs gegeben werden können. Zu der von der Ukraine gewünschten formellen Einladung in die Nato wird es aber voraussichtlich nicht kommen.

Der Kanzler sagte der Ukraine erneut Unterstützung zu, solange dies nötig ist. Er verwies darauf, dass sich die zivile und militärische Hilfe Deutschlands inzwischen auf 16,8 Milliarden Euro summiere. Deutschland werde sich bei den Waffenlieferungen weiterhin auf gepanzerte Gefechtsfahrzeuge, Flugabwehrsysteme, Artillerie und die nötige Munition konzentrieren. Damit liefere Deutschland genau das, was die Ukraine bei der laufenden Offensive zur Befreiung ihrer Gebiete am dringendsten benötige.