Der Panzermotorenbauer Rolls Royce Power Systems vom Bodensee legt eine glänzende Bilanz für 2023 vor – und plant dennoch, Stellen zu reduzieren.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Die in Friedrichshafen beheimatete Rolls-Royce Power Systems AG (RRPS) hat das Geschäftsjahr 2023 mit historischen Rekorden bei Umsatz und Gewinn abgeschlossen. Der Umsatz des Herstellers großer Dieselmotoren für Panzer und Schiffe stieg auf 4,56 Milliarden Euro, ein Plus von 16 Prozent gegenüber 2022. Noch größer war der Sprung beim bereinigten Betriebsgewinn, den das Unternehmen mit 474 Millionen Euro angibt – ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 44 Prozent. Bei der Vorstellung der Zahlen kündigte der Vorstandsvorsitzende Jörg Stratmann an: „Wir haben ein sehr gutes Jahr vor uns.“ Das zeige die Auftragslage zum Jahresstart.

 

Die deutsche RRPS-Gruppe, früher unter dem Namen MTU bekannt, ist Teil des britischen Triebwerkherstellers Rolls Royce, der während der Coronajahre stark ins Schlingern geraten war. Doch hat auch die Konzernmutter, die am Donnerstag in England ihre Bilanz präsentierte, starke Zahlen geliefert, der Aktienkurs nimmt seit Monaten einen fulminanten Aufschwung. Die Rekordzahlen seien trotz der Wachstumsverlangsamung der Weltwirtschaft und unsicherer geopolitischer Lage gelungen, so Stratmann.

Kriege beleben das Geschäft

Allerdings hat der vor zwei Jahren ausgebrochene Krieg in der Ukraine das Geschäft des Bodenseeunternehmens auch stark angetrieben, und der seit Oktober währende blutige Konflikt in Gaza befeuert zusätzlich Aufrüstungspläne weltweit. Der Verkauf von Panzermotoren etwa für die Typen Leopard, Puma oder Boxer, intern „Behördengeschäft“ genannt, beträgt mittlerweile ein Viertel des Gesamtumsatzes. Zum verschwiegenen Militärgeschäft gehört zum Teil auch noch der Unternehmensbereich Marine – er umfasst neben Motorenlieferungen für zivile Jachten, Schlepper und Fähren auch solche für Kriegsschiffe. Stratmann sprach von „steigender Nachfrage seitens der Nato“. Zum Panzermotorenbau sagte er: „Wir sehen mittelfristig ein jährliches Marktwachstum von zehn Prozent.“ Zu den Bestellern gehöre mittlerweile auch verstärkt die Bundeswehr. Zu genauen Stückzahlen, sonstigen Abnehmern und Lieferdaten macht das Unternehmen traditionell keine Angaben.

RRPS wächst auch in weiteren zivilen Geschäftsfeldern, vor allem bei großen Batteriespeichern oder Gasmotoren zur Energiegewinnung. Besonders gut, heißt es, hätten sich 2023 Notstromsysteme für Rechenzentren verkauft. Fürs Batteriegeschäft prognostiziert der Vorstand sogar ein jährliches Wachstum von rund 20 Prozent. Aktuell gebe es, so Stratmann, eine Großbestellung Lettlands, das bei der Landesenergieversorgung „unabhängiger von Russland“ werden wolle.

Umfang des Stellenabbaus wird noch ermittelt

Trotz der glänzenden jüngsten Zahlen hält die Rolls-Royce-Tochter an ihrer Ankündigung vom vergangenen Jahr fest, noch 2024 mit einem Stellenabbau zu beginnen und so die Margen weiter zu erhöhen. Die Abbaupläne haben die Belegschaft schon im vergangenen Jahr in Alarmstimmung versetzt. Die Ankündigung des Rolls-Royce-Chefs Tufan Erginbilgic, konzernweit möglichst schnell 2500 Stellen abzubauen, hatte Ende November eine Betriebsversammlung in Friedrichshafen zur Folge. Das Misstrauen vieler Beschäftigter gegenüber der Konzernmutter ist gewachsen, seit Erginbilgic Rolls Royce Anfang vergangenen Jahres als „brennende Plattform“ bezeichnete. Der Betriebsratsvorsitzende Thomas Bittelmeyer sagte im November, wenn nun alle Konzernstandorte im gleichen Maßstab Personal freisetzen müssten, würden bei RRPS bis zu 600 Stellen wegfallen, am Stammsitz Friedrichshafen bis zu 350 Stellen.

Die Arbeitsdirektorin Thelse Godewerth wollte diese Zahlen am Freitag nicht bestätigen, sagte jedoch, die deutsche Tochter werde „ihren Beitrag leisten“ müssen. „Wir sind noch in den Modellierungen“. Ein Datum gebe es in dem Zusammenhang nicht. Kündigungen immerhin müssen die 10 500 Beschäftigten des Panzermotorenbauers nicht fürchten. Im November unterzeichneten Betriebsrat und Unternehmensführung einen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag, der bis Ende 2026 reicht. Stratmann verwahrte sich gegen Annahmen, der deutsche Ableger werde in der Frage von der Londoner Konzernzentrale diktiert. „Wir entscheiden selber.“

Ein Versprechen an die Ukraine

Unklar blieb am Freitag, wie RRPS das erwartete Wachstum in zentralen Geschäftsbereichen mit weniger Personal stemmen will. Personalchefin Godewerth sagte, ohne konkreter zu werden, punktuell würden auch Fachkräfte eingestellt. In den Jahren 2022 und 2023, hieß es auf beharrliche Nachfrage, seien beispielsweise 75 zusätzliche Arbeitsplätze im Panzermotorenbau geschaffen worden – eine Vorleistung auf politische Entscheidungen, die bereits erwartet worden seien. Das war dann auch Anlass für Jörg Stratmann, am Freitag zuletzt noch ein politisches Statement abzugeben: „Wir sehen uns in der Verpflichtung, der Ukraine gemeinsam mit der deutschen Regierung zu helfen.“

Rolls Royce hat die Krise offenbar hinter sich gelassen

Aufwind
Nach schwachen Jahren ist der Triebwerkhersteller Rolls-Royce wieder im Aufwind. Nach Zahlen, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, hat der Konzern seinen Gewinn im Jahr 2023 mehr als verdoppelt – auf gut 1,8 Milliarden Euro. Fürs laufende Jahr rechnen die Engländer mit einem weiter steigenden Betriebsergebnis bis zu 2,3 Milliarden Euro. Gründe für das Plus seien eine Belebung des internationalen Flugverkehrs und ein Rückgang an Reklamationen ausgelieferter Triebwerke gewesen.

Energiewende
Das Friedrichshafener Tochterunternehmen RRPS arbeitet laut seinem Vorstand auch an Lösungen zur Energiewende. Zwar, so Chef Stratmann, würden große Panzer- und Schiffsmotoren auch künftig nicht elektrisch betrieben werden können. Doch würden die Motoren der nächsten Generation bereits so entwickelt, dass sie eines Tages auch mit alternativen Kraftstoffen, etwa aus gebrauchten Pflanzenölen oder Speiseresten, betrieben werden könnten.