Studenten der Hochschule für Technik aus Stuttgart arbeiten derzeit an Vorschlägen, wie der Ortskern von Musberg fit gemacht werden kann für die Zukunft. Im Juli werden die Arbeiten präsentiert.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Seit einigen Jahren ist die Sanierung des Ortskerns von Musberg eine beschlossene Sache: Viele Gebäude hier sind ziemlich sanierungsbedürftig, darunter auch städtische Gebäude wie das Rathaus, in Sachen Mobilität wurde an viele Verkehrsteilnehmer gar nicht gedacht, überhaupt ist das kein Ort zum Verweilen. Doch bis die kommunale Planung in die Gänge kommt, vergehen viele Jahre. Ein Beschluss der Sanierung 2020 bedeutet noch lange nicht, dass jetzt 2023 die Bagger anrücken.

 

Da sorgen nun Studenten der Hochschule für Technik aus Stuttgart für frischen Wind in diesem Vorhaben: Sie sind derzeit in ihrem Sommersemester im kleinsten Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen unterwegs, um Vorschläge zu machen, wie die Ortsmitte von Musberg attraktiver und lebenswerter gestaltet werden kann.

Baufällig und sanierungsbedürftig

Objekte und örtliche Begebenheiten, die neu bewertet und saniert werden müssen, gibt es genug: Da gibt es die historischen Gebäude an der Filderstraße (Altes Rathaus, Ritterscheuer, die Dreifaltigkeitskirche mit Gemeindehaus und Pfarramt, den Kirchplatz), das Neue Rathaus ist baufällig und wird kaum genutzt, der Bürgersaal ist sanierungsbedürftig und nicht barrierefrei. Die Filderstraße soll, insbesondere an der Kreuzung mit der Böblinger Straße, barrierearm und fußgängerfreundlicher gestaltet werden. Und in Sachen Mobilität soll es mehr als nur ein paar Buslinien geben: Carsharing, Fahrradabsteller und Ladesäulen für E-Autos soll es geben. Der Lebensmittel-Nahversorger vor Ort hat keine Erweiterungsmöglichkeiten.

Ein Ortskern, der Identität stiftet

Genug zu tun also für die 20 Studentinnen und Studenten unter der Leitung ihres Professors Phillip Dechow. „Wir haben uns aufgeteilt in fünf Gruppen. Jede entwickelt ein Gesamtkonzept, und jede konzentriert sich auf einen Teilaspekt“, so Dechow. Denn eines hat er festgestellt: „Ende der 1970er Jahre wurde da saniert, seitdem hat man sich nicht mehr um ein Gesamtkonzept gekümmert.“ Und natürlich muss es Einzellösungen geben – etwa an dem verkehrsreichen Kirchplatz – „aber alles hängt auch miteinander zusammen, wenn man einen Ortskern will, der Identität stiftet und der ein sozialer Mittelpunkt ist“.

Freilich: Diese Arbeiten der Studenten machen die Stadtplaner nicht arbeitslos, beides findet unabhängig voneinander statt. Dechow wirbt aber für die Arbeiten seiner Studenten: „Die haben andere Ideen, andere Perspektiven. Die sind schneller dabei, mal eine Straße abzusperren, um was anderes zu machen als Autoverkehr. Stadtplaner wissen, dass dies politisch meist sehr umstritten ist und haben das im Hinterkopf.“ Was den Studenten da einfällt, will Dechow jetzt noch nicht verraten, voraussichtlich im Juli werden die Ergebnisse vorliegen. Eines ist für ihn sicher: „Die Arbeiten der Studenten sollen Diskussionen auslösen, sie sollen zeigen, was möglich sein kann in einem Ort wie Musberg.“ Und er fügt hinzu: „Das sind Dinge, die müssen ja auch nicht alle gleich umgesetzt werden, man probiert erst mal einen Teil davon aus, und das zeitlich befristet. Vielleicht ist es ja auch gut als Leitbild, wo man in 20 Jahren sein möchte.“

Auf dem Weg zum Master-Abschluss

Die Studenten sind also nicht nur preiswerte Erfüllungsgehilfen der Stadtverwaltung, sie haben eigene Ideen und bringen die ein in den Entwicklungsprozess. Dechow: „Am Konzept zur Verkehrsberuhigung im Stuttgarter Stadtteil Botnang haben sie zuletzt entscheidend mitgewirkt.“ Und auch in Musberg weiß man ihre Arbeit zu schätzen: Bei der Besichtigung vor Ort war auch Benjamin Dihm anwesend, der Erste Bürgermeister von Leinfelden-Echterdingen. „So jemand hat jeden Tag sehr viele Termine. Von daher weiß ich das sehr zu schätzen, dass er sich extra Zeit dafür genommen hat“, so Dechow. Am studentischen Engagement wird es jedenfalls nicht scheitern: Diese Arbeit „Stadtentwicklung im öffentlichen Raum“ ist Teil eines Pflichtfachs auf dem Weg kurz vor dem Master-Abschluss.

Auf dem Weg zur Sanierung der Ortsmitte von Musberg

Historie
Im März 2019 wurde das Gebiet vom Wirtschaftsministerium in das Landessanierungsprogramm aufgenommen. Die erste Tranche des Förderrahmens in Höhe von 700 000 Euro wurde damit zugesagt. Die Grobanalyse der städtebaulichen Gegebenheiten in der Ortsmitte Musberg wurde im September 2019 abgeschlossen. Die Bürgerschaft wurde nach ihren Vorstellungen und Wünschen befragt. Bei einer Veranstaltung im Herbst 2019 ging es ebenfalls um das Thema Sanierung.

Gebiet
Es umfasst einen Bereich der Filderstraße, vom Bürgersaal an der Filderstraße 54 bis hin zu dem neuen Rathaus an der Filderstraße 14, und umgrenzt einige der funktional und infrastrukturellen bedeutenden Orte Musbergs wie die Dreifaltigkeitskirche mit Gemeindehaus und Pfarramt, den Kirchplatz das neue und alte Rathaus, einen Nahversorger, weitere Geschäfte und den Bürgersaal. Es hat die Größe von etwa 3,2 Hektar.

Sanierungsgebiet
Stand September 2018 wurden Gesamtkosten von etwa 5,1 Millionen Euro ermittelt. Davon sind von der Städtebauförderung etwa 3,1 Millionen Euro zuwendungsfähig. Davon tragen Bund und Land 1,9 Millionen Euro sowie die Stadt 1,2 Millionen Euro. Die von der Stadt insgesamt zu tragenden Kosten belaufen sich damit auf 3,2 Millionen Euro.