In Berlin blockieren Klima-Aktivisten wieder Straßen. In München gilt das ab sofort als Straftat. In Stuttgart wählt man bisher einen moderateren Weg – und das aus gutem Grund.

Die Aufregung um Klima-Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ geht weiter. Am Montagmorgen haben einige von ihnen in Berlin erneut wichtige Autobahnauffahrten blockiert. Die Diskussionen darüber, ob und wie lange man Beteiligte in Gewahrsam nehmen kann, laufen. Und die Stadt München hat am Freitag die Gangart verschärft: Für vier Wochen tritt eine Allgemeinverfügung in Kraft, die solche Aktionen auf Autobahnen sowie auf Straßen grundsätzlich verbietet, die für Rettungseinsätze und Gefahrenabwehrmaßnahmen besonders kritisch sind. In Stuttgart sind die radikalen Klimaschützer auch wiederholt durch Blockaden und das Festkleben an der Fahrbahn aufgefallen. Drohen also auch hier massivere Schritte?

 

Zumindest vorerst wohl nicht. „Wir beobachten die Diskussion um die Allgemeinverfügung in München sehr genau – wie auch die Lage hier in Stuttgart im Austausch mit der Polizei“, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens. Eine entsprechende Allgemeinverfügung wäre im Moment aber „nicht angemessen für Stuttgart“.

Für diese Haltung der Stadt gibt es einen Grund. „Stuttgart stellt derzeit keinen Schwerpunkt der Aktionen dar“, heißt es bei der Polizei. Dort verzeichnet man zwischen Ende Januar und 5. Oktober insgesamt elf Vorgänge, wobei nicht alle auch wirklich ausgeführt worden sind. Seit zwei Monaten ist es hier also zu keiner Klebe-Aktion oder größeren Blockade mehr gekommen. Das kann sich zwar jederzeit ändern, doch bis dahin will die Verwaltung nicht den großen Maßnahmen-Hammer auspacken.

Derzeit treten die Leute der „Letzten Generation“ vorwiegend am Amtsgericht auf. Dort gibt es immer wieder Verfahren, weil Aktivisten Strafbefehle nicht akzeptieren und es in der Folge zur Verhandlung kommt. Dabei geht es meist um Aktionen, die am Jahresanfang oder im Frühsommer stattgefunden haben.

Am Dienstag etwa steht der nächste Termin an. Ein 29 Jahre alter Ludwigsburger wehrt sich gegen eine Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro wegen Nötigung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Er soll auf der B 27 in Degerloch und am Hauptbahnhof den Verkehr blockiert und sich dabei festgeklebt haben. „Es geht darum, zu zeigen, dass die Aktionen zur Abwendung der Klimakrise gerechtfertigt sind und die Menschen nicht strafbar gehandelt haben“, erklärt er den gewählten Weg über eine öffentliche Verhandlung. Ohne friedlichen zivilen Widerstand werde man es nicht schaffen, „den nötigen Wandel rechtzeitig einzuleiten“.

Zuspitzung des Konflikts in München

In München stellt sich die Lage etwas anders dar. Dort ist das Verhältnis zwischen Stadt und Klimaschützern zuletzt auf einem Tiefpunkt angekommen. In der Vergangenheit hätten die Aktivisten Versammlungen nicht angezeigt, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wären, sagt ein Sprecher der bayerischen Landeshauptstadt auf Anfrage. Zuletzt sei eine Aktion medial angekündigt worden. Darauf habe man das Gespräch mit Vertretern der „Letzten Generation“ gesucht. „Das haben sie verweigert“, so der Sprecher. In der Folge habe man einen Versammlungsbescheid mit Auflagen erlassen, gegen die verstoßen worden sei.

Jetzt versucht es München also mit einer Allgemeinverfügung. „Damit erlassen wir klare und transparente Regeln, auf welchen Hauptrouten sich niemand unangezeigt versammeln darf“, so der Sprecher. Damit solle sichergestellt werden, dass die Straßen für lebenswichtige Fahrten von Rettungsfahrzeugen der Feuerwehr und der Notärzte offen bleiben. Und es ändern sich die möglichen Folgen bei Verstößen: „Sollten Aktivistinnen und Aktivisten trotzdem dazu aufrufen, sich unangekündigt auf diesen Routen zu versammeln, begehen sie nunmehr eine Straftat“, heißt es in München. Die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung könne mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro geahndet werden.

Am Flughafen ist man vorbereitet

Doch egal was in der Stuttgarter Innenstadt passiert – es gibt einen weiteren möglichen Problem-Ort vor den Toren der Stadt. Denn die Klima-Aktivisten haben in der vergangenen Zeit auch Flughäfen ins Visier genommen. Auf den Fildern gab es bisher allerdings noch keine entsprechenden Versuche. „Das können wir ausschließen“, sagt Bianca Castan, Sprecherin der Bundespolizeiinspektion Flughafen.

Damit das auch so bleibt, sei man vorbereitet. „Aufgrund der allgemein bekannten Lage und den bereits erfolgten Störaktionen durch Klimaaktivisten sind wir sensibilisiert für mögliche Protestaktionen. Konkrete Gefährdungen für den Bereich Flughafen Stuttgart sind bisher aber nicht bekannt“, so die Sprecherin. Man sei „technisch und personell“ auf mögliche Störaktionen vorbereitet. Dazu stehe man auch im engen Kontakt zum Polizeipräsidium Reutlingen und dem Flughafenbetreiber, um gegebenenfalls schnellstmöglich auf solche Aktionen reagieren zu können.